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Stefan Ebner
CSU
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Frage von Ozan C. •

Wieso blockiert die CSU den integrierten Bachelor of Laws, sodass Bayern den Wettbewerb um den juristischen Nachwuchs verliert?

SG Herr Ebner,

ich bin der Initiator der Petition für den integrierten Bachelor of Laws. Hier der Link dazu: openpetition.de/!llb

Wir haben 278 Unterschriften. Das Hamburger Protokoll fordert die Einführung des integrierten Bachelor of Laws. 14 Bundesländer werden diesen Bachelor Anfang 2025 eingeführt haben. Die letzten Bundesländer führen diesen Bachelor mit Druck im Eiltempo ein, um den Wettbewerb nicht zu verlieren. Wieso ist die CSU so asozial? Wieso lässt ihr unser Bundesland und unsere Universitäten im Stich? Sehr viele Studenten wechseln schon das Bundesland, weil es diesen Bachelor hier nicht gibt. Wie lange muss die CSU Bayern Schaden zufügen? Wofür steht das "S" in CSU? Diesen LL.B. zu blockieren, ist alles andere als sozial! Wieso ist die CSU so regierungsunfähig?

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr C.

vielen Dank für Ihre Anfrage, zu der ich Ihnen gerne Folgendes mitteilen kann:

Zunächst sei darauf hingewiesen, dass die Vergabe eines „Bachelor of Laws“ in Bayern durchaus möglich ist. Voraussetzung hierfür ist lediglich, dass die Universitäten entsprechende Bachelorstudiengänge konzipieren und einrichten; dabei kann das Studiengangkonzept auch die Anerkennung von im rechtswissenschaftlichen Staatsexamensstudiengang erbrachten Leistungen ermöglichen. Beispiele sind etwa die Bachelorstudiengänge „Digital Law“ an der Universität Regensburg und „Legal Tech“ an der Universität Passau (jeweils Rechtswissenschaft und Informatik) sowie „Recht und Wirtschaft“ an der Universität Bayreuth.

In der Diskussion um die Einführung eines integrierten Bachelor of Laws müssen demnach folgende Varianten unterschieden werden:

  1. Einrichtung eines „regulären“ Bachelorstudiengangs mit dem Abschluss „Bachelor of Laws“
  • Neben dem rechtswissenschaftlichen Staatsexamensstudiengang mit dem Abschluss Erste Juristische Prüfung bieten einige Universitäten rechtswissenschaftliche Bachelorstudiengänge an, die sich als Alternative oder als Ergänzung des klassischen Jurastudiums verstehen und nicht auf eine Tätigkeit in den reglementierten juristischen Berufen mit der Befähigung zum Richteramt abzielen, sondern auf Berufe etwa in Banken, Versicherungen oder Wirtschaftsunternehmen. Bei diesen sind zumeist rechtliche Inhalte mit einem anderen Studiengebiet kombiniert (zumeist Wirtschaftswissenschaften, Informatik, internationale Beziehungen oder Politikwissenschaft). Auf die eingangs genannten Beispiele wird hingewiesen. 
  • Die Entscheidung über die Einrichtung solcher Studiengänge kann jede Universität selbst treffen. Dabei ist es schon jetzt möglich, den Bachelorstudiengang so zu konzipieren, dass im Staatsexamensstudiengang erworbene Leistungen gem. Art. 86 Abs. 1 Bayerisches Hochschulinnovationsgesetz (BayHIG) anerkannt werden können und umgekehrt.
  • Solche gemäß den hochschulrechtlichen Vorgaben eingerichtete Bachelorstudiengänge unterliegen zur Qualitätssicherung der Akkreditierungspflicht und müssen hierfür u. a. eine Beschreibung eines eigenständigen Qualifikationsziels ausweisen. Damit wird sichergestellt, dass der Bachelorabschluss für die Studierenden tatsächlich einen Mehrwert bietet und die länderübergreifende Anerkennung des Abschlusses gewährleistet ist (vgl. Art. 96 Abs. 1 Satz 1, Art. 84 Abs. 1 Sätze 1 und 2, Art. 77 Abs. 4 Satz 3 und Art. 7 Abs. 4 BayHIG i.V.m. § 6 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 4 der Bayerischen Studienakkreditierungsverordnung – BayStudAkkV). 
  • Sinnvoll konzipierte und gemäß den hochschulrechtlichen Anforderungen eingerichtete Bachelorstudiengänge, die unter Nutzung bestehender Anerkennungsmöglichkeiten auch parallel zum Staatsexamensstudiengang studiert werden können, können für Volljuristinnen und Volljuristen eine bereichernde Erweiterung ihres Portfolios sein. Für Studierende, die beim Absolvieren der Ersten Juristischen Prüfung nicht erfolgreich waren, stellen sie eine gute Möglichkeit dar, einen akademischen Bachelorgrad zu erhalten, der auf dem Arbeitsmarkt anerkannt ist und mit dem auch ein Masterstudium aufgenommen werden kann.

2. „Automatische“ Verleihung eines Bachelorgrades beim Nachweis bestimmter Leistungen des Staatsexamensstudiengangs Rechtswissenschaft (sog. „integrierter Bachelor“)

  • Von Studierendenseite wird seit einigen Jahren gefordert, im Rahmen des klassischen Jurastudiums einen integrierten Bachelor-Abschluss – ohne Zusatzqualifikationen – „automatisch“ bereits bei Bestehen der „großen Scheine“ und der universitären Schwerpunktbereichsprüfung zu verleihen. Dies solle den Erfolgsdruck im rechtswissenschaftlichen Studium abmildern, da auch im Examen Gescheiterte dann einen Abschluss hätten. NRW hat kürzlich eine Änderung des dortigen Juristenausbildungsgesetzes auf den Weg gebracht, mit der ein integrierter Bachelor kraft Gesetzes eingeführt werden soll. Auch in Sachsen, Rheinland-Pfalz und Thüringen bestehen nach hiesiger Kenntnis entsprechende Planungen. In Schleswig-Holstein findet derzeit eine entsprechende Prüfung statt. Die Haltung der deutschen juristischen Fakultäten ist uneinheitlich. Die Vorsitzende des Deutschen Juristen Fakultätentages Prof. Dr. Chiusi lehnt den integrierten Bachelor ab („Jodeldiplom“). 
  • Da nach bayerischem Hochschulrecht Voraussetzung für die Verleihung eines Bachelorgrades der erfolgreiche Abschluss eines gemäß den hochschulrechtlichen Vorgaben eingerichteten – und damit auch akkreditierten – Bachelorstudiengangs ist (s.o.), ist eine „automatische“ Verleihung beim Nachweis bestimmter Leistungen im Rahmen des Staatsexamensstudiengangs, ohne dass ein eigenständiger Bachelorstudiengang existiert, nicht zulässig. 
  • Ein integrierter Bachelor wird vom Bayerischen Staatsministerium der Justiz sowie vom Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst auch nicht für sinnvoll erachtet:
    • Ein „automatisch“ verliehener Bachelorgrad würde mit Bachelorgraden gleichgesetzt, die aufgrund eines Hochschulabschlusses in einem regulär konzipierten, gemäß den hochschulrechtlichen Vorgaben eingerichteten und durch Akkreditierung qualitätsgesicherten Bachelorstudiengang verliehen wurden. Es bestünde insofern nicht nur eine Verwechselungsgefahr und eine Gefahr der Entwertung der regulären Bachelorabschlüsse, sondern es würde auch das durch gemeinsame einheitliche Standards geschaffene Vertrauen in die Abschlussbezeichnungen gefährdet. 
    • Es ist fraglich und bislang völlig offen, ob der wohl vorrangig für erfolglose Absolventinnen und Absolventen der Ersten Juristischen Prüfung gedachte Bachelor seinen Trägerinnen und Trägern tatsächlich nennenswerte Berufsperspektiven verschaffen kann. Er würde vom Arbeitsmarkt möglicherweise lediglich als „Zertifikat für Studienabbrecher/Gescheiterte“ gewertet werden.
    • Sollte der „integrierte Bachelorabschluss“ den Absolventinnen und Absolventen kein Berufsfeld für eine qualifizierte Tätigkeit öffnen, könnte dies mittelfristig zu politischem Druck führen, ihnen Berufsperspektiven durch eine Öffnung des Rechtsberatungsmarktes zu verschaffen. Dies wäre jedoch angesichts des durch das Scheitern in der Staatsprüfung dokumentierten Fehlens ausreichender Rechtskenntnisse gegenüber Rechtsrat suchenden Bürgerinnen und Bürgern nicht zu verantworten.
    • Auch in anderen anspruchsvollen Studiengängen gibt es keine Abschlüsse für Studierende, die das Studienziel nicht erreicht oder das Studium vorzeitig abgebrochen haben. 
    • Es stünde zudem zu befürchten, dass die mehr oder weniger flächendeckende Verleihung von „Durchgangs-Bachelors“ zu einem Wiederaufflammen der 2011 beendeten Debatte um eine Ersetzung des Staatsexamens durch Bachelor- und Masterabschlüsse führt, gegen die sich dezidiert auch der Bayerische Landtag mit Beschluss vom 14. Dezember 2010 (LT-Drs. 16/6748) ausgesprochen hat. 
    • Die bisweilen geäußerte Befürchtung, dass juristische Fakultäten ohne integrierten Bachelor künftig im Wettbewerb um Studienanfänger ins Hintertreffen geraten könnten, erscheint unbegründet. In aller Regel gehen Studienanfänger nicht davon aus, die Abschlussprüfung nicht zu bestehen; für die Studienortwahl spielen primär andere Gründe eine Rolle (Wohnortnähe; Attraktivität des Studienorts und Studienangebots; Renommee der Universität). 

Ich hoffe, Ihnen mit diesen Ausführungen weitergeholfen zu haben. 

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Stefan Ebner, MdL

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