Halten Sie Offenlegung von Gesundheitsdaten in Bus und Bahn vor anderen Fahrgästen gegenüber Personen, die nicht der Schweigepflicht unterliegen, mit der "informationellen Selbstbestimmung" vereinbar
Sehr geehrter Herr K.,
vielen Dank für Ihre Frage, die ich gern beantworte.
Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung wird aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht gemäß Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes hergeleitet. Dadurch kann der oder die Einzelne selbst entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden.
Dieses Recht wird jedoch nicht schrankenlos gewährleistet. Dadurch unterscheidet es sich nicht von anderen Grundrechten mit Ausnahme der unantastbaren Menschenrechtswürde. Um den effektiven Schutz seiner Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten, muss der Staat zur Gefahrenabwehr auf unterschiedliche Informationen zugreifen. In das Recht auf informationelle Selbstbestimmung kann jedoch nur eingegriffen werden, wenn es dafür eine gesetzliche Grundlage gibt und die Eingriffe dem Verhältnismäßigkeitsprinzip genügen. Das heißt, hinter den Eingriffen muss ein legitimes Ziel stehen und die Eingriffe müssen für das Erreichen des Ziels erforderlich, geeignet und angemessen sein. Das bedeutet auch: je sensibler die Daten, desto höher die Anforderungen an den Zweck des Zugriffs. Der Staat kann somit das Persönlichkeitsrecht unter Umständen mit Eingriffen berühren, wenn diese durch Zwecke gerechtfertigt sind, die im überwiegenden Allgemeininteresse liegen.
Die Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie dienen gemäß § 28a Abs. 3 des Infektionsschutzgesetzes dem Schutz von Leben und Gesundheit und der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems. Der Staat ist nach Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG verpflichtet, Leben und Gesundheit der Bevölkerung zu schützen. Der Schutz dieser Rechtsgüter, die zu den höchsten überhaupt zählen, liegt somit im überwiegenden Allgemeininteresse. Eingriffe in die informationelle Selbstbestimmung können daher im Grundsatz mit dem Gesundheitsschutz gerechtfertigt werden.
In Deutschland nutzen täglich bis zu 15 Millionen Menschen die Angebote des öffentlichen Personennahverkehrs. Um die Ausbreitung von COVID-19 zu bremsen und die Fahrgäste so gut wie möglich zu schützen, hat sich die SPD-geführte Bundesregierung entschieden, die so genannte 3-G Regel beim Zugang zum Angebot des öffentlichen Personennahverkehrs, des öffentlichen Personenfernverkehrs und des Flugverkehrs auf der Grundlage des Infektionsschutzsgesetz § 28b verpflichtend zu machen. Ein Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung ist hier angemessen, da die überragend wichtigen öffentlichen Ziele des Gesundheitsschutzes verfolgt werden.
Dies bedeutet jedoch nicht, dass Sie beliebige Gesundheitsdaten freigegeben werden müssen. Das Infektionsschutzgesetz schreibt allein das Mitführen eines Impf-, Genesenen- oder Testnachweises vor. Es müssen außerdem keine Gesundheitsdaten anderen Fahrgästen gegenüber offengelegt werden, denn die Beförderer sind verpflichtet, die Einhaltung der Verpflichtungen durch stichprobenhafte Nachweiskontrollen zu überwachen
Mit freundlichen Grüßen
Sonja Eichwede