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Sören Pellmann
DIE LINKE
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Frage von Stefan B. •

Wie positionieren Sie sich zur Position der Linken (öffentlich und unwidersprochen von Wagenknecht und Dagdelen vorgetragen), dass der Genozid in der Ukraine verhandelbar ist?

Sehr geehrter Herr Pellmann,
ich habe Sie in Leipzig in der letzten Bundestagswahl mit der Erststimme gewählt, da ich mir für Deutschland soziale Gerechtigkeit und vor allem stärkere Teilhabe aller in Deutschland lebenden, an dem Wohlstand, der hier erarbeitet wird, wünsche. In meiner Vorstellung von der Linken Partei, sollte der Fokus genau darauf liegen, für dieses Ziel öffentlich aufzutreten und einzustehen.

Aktuell ist die Linke in der öffentlichen Debatte mit diesem Thema nicht präsent.
Die meiste Aufmerksamkeit holt sich die Fraktion durch Äußerungen von Sarah Wagenknecht und Sevim Dağdelen zum völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands mit dem Ziel der Vernichtung der Ukraine. Diese Äußerungen sind vollständig einseitig auf der Seite der Russischen Ziele. Die Vernichtung eines Volkes auf Europäischem Boden ist dort wieder eine denkbare und verhandelbare Option für eine angeblich Antifaschistische Solidarische Partei.

So eine Partei kann ich nicht mehr wählen.

Mfg. Stefan B.

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Sehr geehrter Herr B.,

in der Tat handelt es sich beim Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine um ein Verbrechen auch und gerade im Sinne des Völkerrechts.

Dieser Krieg ist Teil der mittlerweile Jahrzehnte andauernden Auseinandersetzung zwischen Russland und dem Westen um die Vorherrschaft über die Ukraine: Die ukrainische Bevölkerung (egal ob pro-westlich oder prorussisch eingestellt) ist das Opfer dieser grausamen Entwicklung.

Dieser Krieg trägt in sich viele Verbrechen, z.B. das von russischen Soldaten angerichtete Massaker von Butcha, und v.a. auch die jüngsten Bombardierungen der zivilen Infrastruktur vieler ukrainischer Städte durch die russische Armee. Dass die ukrainische Armee mit ihrer Artillerie bereits seit sieben Jahren die von pro-russischen Separatisten beherrschte Großstadt Donezk angreift, kann dafür keine Entschuldigung sein. Die LINKE verurteilt alle Kriegsverbrechen aufs Schärfste. Die Urheber und Befehlsgeber solcher Verbrechen müssen zur Verantwortung gezogen werden. Die LINKE unterstützt daher die schon seit Jahren erhobene Forderung der Weltöffentlichkeit, dass das Völkerstrafrecht endlich auch gegen verantwortliche politische Entscheidungsträger angewendet werden muss, so z.B. gegen den russischen Präsidenten Putin, aber auch gegen die Verantwortlichen für den  völkerrechtswidrigen Angriffskriegs gegen den Irak, Präsident Bush (USA) und Premierminister Blair (GB).

Aus der tragischen Geschichte des Holocaust heraus ergibt sich jedoch eine große Verantwortung gerade für uns Deutsche, mit dem Begriff Genozid sehr vorsichtig umzugehen. Die UN-Völkermord-Konvention meint damit primär solche Verbrechen, die mit der Absicht verübt werden, eine ganze Bevölkerung oder ethnische Gruppe auszulöschen – das macht den spezifisch rassistischen Charakter eines Genozids aus. So grausam die genannten russischen Verbrechen auch sind, der industrialisierte deutschen Massenmord an Jüdinnen und Juden mit mindestens 6 Millionen Opfern oder der Ausrottungsfeldzug des Osmanischen Reichs gegen die Armenier, dem nach Schätzungen rund 1 Million Menschen zum Opfer fielen, sind und bleiben Verbrechen einer gänzlich anderen Größenordnung. Hier sollte es, gerade von deutscher Seite, keine Relativierung geben.

DIE LINKE hat sich immer wieder für die unverhandelbare staatliche Integrität und Souveränität der Ukraine ausgesprochen und den vollständigen Rückzug russischer Truppen aus der Ukraine gefordert. (Beschluss des Bundesparteitages: https://www.die-linke.de/partei/parteidemokratie/parteitag/erfurter-parteitag-2022/live/detail/leitantrag-l03-kriege-und-aufruestung-stoppen-schritte-zur-abruestung-jetzt-fuer-eine-neue-friedensordnung-und-internationale-soli-daritaet/)

Der Parteivorstand hat im Dezember nochmal detailliert beschrieben, welche Voraussetzungen für Verhandlungen erfüllt sein müssen. Es geht ganz deutlich nicht darum, einen Diktatfrieden Putins das Wort zu reden. (Beschluss des Parteivorstandes: https://www.die-linke.de/partei/parteidemokratie/parteivorstand/parteivorstand-2022-2024/detail-beschluesse-pv/fuer-eine-verhandlungsperspektive-schritte-zur-deeskalation-im-ukraine-krieg/)

Der Krieg und eine Reihe von weiteren krisenhalten Entwicklungen, v.a. die Klimakrise, machen es notwendig, dass sich eine linke Partei offensiv für die Rechte insbesondere der Arbeitnehmer, der Rentner und sozial Schwachen einsetzt. Wir tun das mit unserer Kampagne ‚Heißer Herbst‘, die dagegen protestiert, dass die Bundesregierung die Lasten dieser Krisen auf die breite Bevölkerung abwälzen will. Ich selbst habe diese Kampagne mit ins Leben gerufen, die mit einer u.a. von mir mit organisierten Demonstration von 5.000 Menschen hier in Leipzig gestartet wurde. Die LINKE wird sich auch weiterhin für die Rechte der Menschen in Deutschland einsetzen, die von diesen Krisen am härtesten Betroffen sind - auf der Straße und in den Parlamenten.

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