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Sören Pellmann
DIE LINKE
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Frage von Lisa L. •

Hallo Herr Pellmann, meine Schwiegermutter (*1961) hat in der DDR eine medizinische Fachschulausbildung zur Physiotherapeutin absolviert. Warum wir diese Zeit nicht bei der Rente anerkannt?

Sie muss aktuell angeblich noch 3,5 Jahre arbeiten. Danke für Ihre Informationen.

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DIE LINKE

Sehr geehrte Frau L.,

haben Sie vielen Dank für Ihre Frage bezüglich der Anrechnung von Zeiten der Fachschulausbildung in der DDR. Ich bedaure sehr, dass Ihre Schwiegermutter sich mit dieser Sache rumschlagen muss und ihren Renteneintritt nicht wie geplant antreten kann. Wie so viele Bürgerinnen und Bürger der ehemaligen DDR, die durch die Rentenüberleitung nach der Wende eine Aberkennung großer Teile ihrer Lebensleistungen feststellen müssen.

Die Linke setzt sich seit Jahren für die vollständige Gleichstellung der DDR-Rentnerinnen und Rentner ein. In vielen Bereichen ist den ehemaligen DDR-Bürgern bei der Rentenüberleitung großes Unrecht angetan worden. Und auch wenn sich einiges unter Druck linker Oppositionsarbeit schon zum Besseren gewandt hat, wissen wir: Das reicht noch nicht! Unsere umfassenden Anträge zur Bewilligung der DDR-Renten und der Anerkennung ostdeutscher Lebensleistungen aus den vergangenen Legislaturperioden haben die anderen Fraktionen im Bundestag abgelehnt. Und auch politisch haben die anderen Parteien das Thema leider abgehakt. Mit dem sogenannten Härtefallfonds glauben die Regierungsparteien von Bund und Ländern von CDU, SPD, FDP und den Grünen die Probleme der Rentenüberleitung gelöst zu haben. Doch der Härtefallfonds hat sich als Ungerechtigkeitsfonds entpuppt. Was wir Linken schon vorher wussten, zeigt sich jetzt auch in konkreten Zahlen. Nur 167.000 Personen haben einen Antrag gestellt, davon wurden nach aktuellem Stand erst ca. 15.000 Anträge bewilligt. Die Antragsvoraussetzungen waren von Anfang an viel zu hoch und die Antragsfrist viel zu kurz. Ganz zu schweigen davon, dass die Einmalzahlungen von 2.500 bis 5.000 Euro für den Ausgleich des Renten-Unrechts nicht einmal ausreichen. Ein darauf beschränkter Härtefallfonds ist und bleibt eine Verhöhnung der Ostdeutschen, da nur die Ärmsten der Armen eine Zuwendung erhalten, aber die rechtmäßigen Ansprüche der Menschen auch weiterhin nicht anerkannt werden. Die Linke kämpft daher im Bundestag für einen Gerechtigkeitsfonds.

 

Fachschulzeiten werden grundsätzlich aktuell nach §58 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI als Anrechnungszeiten gewertet und können somit unter bestimmten Umständen bei der Wartezeit der Rente für langjährig Versicherte nach 35 Jahren gewertet werden. Allerdings gibt es Besonderheiten bei der Anerkennung von Fachschulzeiten in der DDR. Wir haben schon 2010 in unserem Antrag „Rentenrechtliche Anerkennung von zweiten und vereinbart verlängerten Bildungswesen sowie Forschungsstudien und Aspiranturen in der DDR“ mit der Drucksachennummer 17/3877eine Anerkennung dieser Zeiten und eine Gleichstellung mit den westdeutschen rentenrechtlichen Regelungen gefordert.

In unserem Antrag damals hieß es: „Bei Ausbildungsumstellungen, beispielsweise der Ausbildung von Kinderkranken- und Krankenschwestern nach der Umwandlung der Medizinischen Schulen in Medizinische Fachschulen im Jahre 1974 wird nach Bundesrecht zwar die vormalige Ausbildung an der Medizinischen Schule als Lehr- und Ausbildungsverhältnis und damit als beitragsbelegte Zeiten rentenrechtlich anerkannt. Die Fortführung der Ausbildung an der Medizinischen Fachschule wurde dies aber nicht, obwohl die Bildungseinrichtung zu DDR-Zeiten pauschal Beiträge an die Sozialversicherung entrichtete. Die geforderte Anerkennung dieser Zeiten hätte für viele unter Umständen zur Folge, dass sie früher und ohne oder mit weniger Abschlägen in Altersrente gehen könnten, was ihnen wegen der Umwandlung ihrer Bildungseinrichtungen versagt bleibt. Das ist eine Ungleichstellung mit Berufskolleginnen früherer Ausbildungsjahrgänge. Der praktizierte ersatzlose Wegfall all dieser DDR-Regelungen wird als Entwertung von Erwerbsbiografien empfunden, führt zu einer ungerechtfertigten Schlechterstellung und ist gesetzgeberisch zu korrigieren.“

 

Ob eine Anrechnung bei Ihrer Mutter also möglich wäre, kann ich leider nicht beurteilen. Ich empfehle Ihnen daher, sich noch einmal persönlich bei der Deutschen Rentenversicherung kostenlos beraten zu lassen, falls sie das nicht schon getan haben. Lassen Sie sich den genauen Grund für die Nichtanerkennung der Fachschulzeiten nennen. Dann kann gegebenenfalls in Ihrem Fall auch eine Beratung bei einem Sozialverband spezifisch zur DDR-Rentenüberleitung hilfreich sein.

 

Ich wünsche Ihnen und Ihrer Schwiegermutter alles Gute und hoffe sehr, dass sie vielleicht doch noch ihre Fachschulzeiten anerkennt bekommt und ihr geplanter Renteneintritt gelingen kann.

 

Mit besten Grüßen

Ihr Sören Pellmann

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