Frage an Sören Bartol von Gabriela Q. bezüglich Familie
Von jedem Elternteil wird normalerweise erwartet, dass er/sie nicht nur für sich selber sorgt, sondern für seine/ihre Kinder ebenfalls. Wenn nun eine Hartz 4 Empfängerin ein Kleinkind allein aufzieht, darf sie trotzdem lediglich die für eine Person festgesetzte Summe hinzuverdienen. Wieso nicht dieselbe Summe für das Kind, das ja mindestens bis zum 14. Lebensjahr keinerlei Möglichkeiten zu eigenem Zuverdienst hat? Diese Logik verstehe ich nicht!
Sehr geehrte Frau Quanz,
vielen Dank für Ihre Frage. Die Grundsicherung für Arbeitssuchende unterscheidet beim Zuverdienst tatsächlich danach, ob Arbeitslosengeld 2-Bezieher/innen ein Kind haben oder nicht. Jede/r Arbeitslosengeld 2-Bezieher/in, der oder die erwerbstätig ist hat Anspruch auf einen Grundfreibetrag von mindestens 100 Euro monatlich, der Werbungskosten, notwendige Versicherung und Altersvorsorgeaufwendungen abdeckt. Darüber hinaus gehendes Bruttoeinkommen bis zu 800 Euro monatlich wird zu 20 % nicht angerechnet (also maximal 140 Euro). Liegt das Einkommen über 800 Euro sind 10 Prozent des übersteigenden Betrages zusätzlich anrechnungsfrei (max. 240 Euro).
Die Obergrenze für die Freibeträge liegt für Hilfebedürftige ohne Kinder bei einem Bruttoeinkommen von 1.200 Euro, für Hilfebedürftigen mit Kindern bei einem Bruttoeinkommen von 1.500 Euro.
Bei den Zuverdienstmöglichkeiten gilt es immer zu beachten, dass Anreize zur Erwerbstätigkeit und zu höheren Verdiensten bestehen bleiben. Statt einer Ausweitung von Zuverdienstgrenzen halte ich es grundsätzlich für sinnvoller, vorgelagerte soziale Sicherungssysteme wie den Kinderzuschlag und das Wohngeld weiter zu stärken und den Niedrigeinkommensbereich durch Mindestlöhne einzudämmen, damit Erwerbstätige von Vorneherein nicht in den Arbeitslosengeld 2-Bezug abrutschen.
Wir haben 2008 das Wohngeld erhöht und den Kinderzuschlag weiterentwickelt. Der Kreis der Berechtigten ist damit größer geworden. Die Einkommensobergrenze für den Kinderzuschlag liegt jetzt für Alleinerziehende bei 600 Euro und bei Paaren bei 900 Euro monatlich. Durch den Kinderzuschlag wird verhindert, dass Eltern allein wegen des Unterhalts der Kinder Arbeitslosengeld II- und Sozialgeld-Leistungen beantragen müssen.
Ziel der SPD ist es, Zuschüsse zum Einkommen so gestalten, dass niemand, weil er oder sie Kinder hat, in die Grundsicherung für Arbeitsuchende abrutscht. Zu diesem Zweck wollen wir den Kinderzuschlag in Verbindung mit dem Wohngeld weiterentwickeln, um erwerbstätige Eltern zu fördern. Wir wollen ein Wahlrecht zwischen Kinderzuschlag und Wohngeld auf der einen und Grundsicherung auf der anderen Seite schaffen.
Ich bin überzeugt, dass gerade Alleinerziehende mehr gezielte Unterstützung brauchen. Ich finde es alarmierend, dass vor allem Kinder, die nur mit einem Elternteil leben, von Armut betroffen sind. Die Armutsrate (weniger als 50% des Durchschnittseinkommens) unter Alleinerziehenden liegt in Deutschland bei 40 %, im OECD-Schnitt bei 30 %. Das zeigen aktuelle Zahlen der OECD in ihrer Studie zu Lebensbedingungen von Kindern bis zum Alter von 15 Jahren in den 30 OECD-Mitgliedsländern die Ende August in Berlin vorgestellt wurde. Die Armutsquote bei Kindern in Deutschland ist hoch, obwohl Deutschland Familien so direkt wie kaum ein anderes OECD-Land fördert: etwa 40 % der öffentlichen Mittel für Kinder werden unmittelbar an die Eltern gezahlt. Unter den 30 OECD-Ländern leisten nur Luxemburg und die Slowakei ähnlich hohe direkte Finanztransfers. In Dänemark oder Schweden liegt der Anteil bei 20 %. In diesen Ländern werden die Finanzmittel für Kinder überwiegend in Bildung und Betreuungsangebote investiert. Ich halte es deswegen für wichtig, Familien mit geringem Einkommen gezielter zu fördern, aber auch Betreuungsangebote auszubauen, die ja gerade für Alleinerziehende entscheidend sind, und unsere Arbeitswelt familienfreundlicher zu gestalten. Alleinerziehenden wollen wir - neben dem bedarfsgerechten Ausbau der Kinderbetreuung - mit gezielten Maßnahmen helfen. Hierzu gehört eine spezialisierte Betreuung in den Arbeitsagenturen, die besser als bisher auch mit der Kinder- und Jugendhilfe und anderen Hilfesystemen vernetzt ist und ein Anspruch auf personen- und haushaltsnahe Dienstleistungen.
Mit freundlichen Grüßen
Sören Bartol, MdB