Frage an Ska Keller von Philipp-Alexander B. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung
Die konventionelle Landwirtschaft hat auch einen Einfluss auf den Klimawandel. Allerdings werden viele Kleinbauern durch das aktuelle System von Großunternehmen ausgebeutet. Dadurch können es sich viele Kleinbauern nicht leisten auf Bio-Landwirtschaft umzustellen. Immerhin können sie 2 bis 3 Jahre ihre Erträge nicht als Bio kennzeichnen. Wie ist ihre Position dazu und wie wollen sie dieses Problem in den Griff bekommen?
Sehr geehrter Herr Blum,
vielen Dank für diese Frage zu diesem wichtigen Thema.
Landwirtschaftliche Betriebe werden in der EU im Rahmen der "Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP)" finanziell gefördert. Einen Großteil der Förderung, die sogenannten Direktzahlungen, erhalten die landwirtschaftlichen Betriebe pro Fläche. Daraus ergibt sich eine Schieflage: Wer viel Fläche bewirtschaftet, erhält das meiste Geld. So gingen im Förderzeitraum 2014 bis 2020 etwa 80% der finanziellen Mittel an nur 20% der Betriebe. Insgesamt machten die Direktzahlungen rund 72% des gesamten GAP Budget aus (vgl. https://www.bund.net/fileadmin/user_upload_bund/publikationen/landwirtschaft/landwirtschaft_agraratlas2019.pdf).
Wir setzen uns dafür ein, dass künftig weniger finanzielle Mittel nach dem "Gießkannenprinzip" pro Fläche ausbezahlt werden und das Geld stattdessen in erweiterte Umwelt- und Tierwohlleistungen fließt. Wir wollen bäuerliche Strukturen in der EU stärken und Familienbetriebe unterstützen.
Für konventionelle Betriebe, die auf Ökolandbau umstellen möchten, gibt es bereits verschiedene Fördermaßnahmen. Wir setzen uns dafür ein, dass diese auch in der nächsten Förderperiode beibehalten werden. Für die oft herausfordernde Zeit der Umstellung erhalten die Betriebe eine Umstellungsprämie, die in Deutschland in Abhängigkeit des Bundeslandes, der Anbaukultur und der Umstellungsphase unterschiedlich hoch ausfällt (vgl.: https://www.oekolandbau.de/landwirtschaft/betrieb/oekonomie/foerderung/flaechenfoerderung/). Zusätzlich erhalten die Betriebe ab dem sechsten Jahr eine Beibehaltungsprämie. Darüber hinaus stehen je nach Bundesland weitere Fördermöglichkeiten zur Verfügung, beispielsweise in Form von Beratungsangeboten oder Maßnahmen zum Ausbau der Verarbeitung und Vermarktung. Diese besondere Unterstützung bei der Umstellung sollten aus unserer Sicht auch andere EU-Mitgliedsstaaten ermöglichen.
Des Weiteren sieht die EU-Öko-Verordnung die Möglichkeit der Kennzeichnung von Lebensmitteln, die im Rahmen der Umstellung auf den Ökolandbau erzeugt wurden, vor. Die Kennzeichnung der "Umstellungsware" soll den Betrieben bereits vor dem Erhalt des ökologischen Siegels eine höherpreisige Vermarktung ihrer Produkte ermöglichen.
Darüber hinaus muss dringend geprüft werden, ob Kleinbauern für die Bio-Zertifizierung staatlich gefördert werden können. Leider werden Kleinbauern in vielen EU-Mitgliedsstaaten oft nicht genügend ernst genommen, da zu oft auf die reinen Exportpreise für landwirtschaftliche Produkte gesetzt wird.
Wir von Grüne/EFA im Europäischen Parlament werden auch weiter dafür kämpfen, dass europaweit eine echte Wende hin zu einer nachhaltigen, naturverträglichen und sozial ausgewogenen Landwirtschaft gelingt.
Ihre Ska Keller