Frage an Ska Keller von Gabriele H. bezüglich Wirtschaft
Frage 1:
Werden Sie sich im Falle Ihrer Wahl im Europäischen Parlament und gegenüber der deutschen Bundesregierung für ein grundsätzliches Rüstungsexportverbot einsetzen?
Frage 2:
Werden Sie sich im Falle Ihrer Wahl für eine Verschärfung der europäischen Kriterien für den Rüstungsexport und - angesichts der besonders hohen Opferzahlen durch Kleinwaffen - für ein Exportverbot von Kleinwaffen und zugehöriger Munition einsetzen?
Frage 3:
Werden Sie sich im Falle Ihrer Wahl für ein EU-Waffenembargo gegenüber den im Jemen-Krieg involvierten Staaten einsetzen?
Frage 4:
Werden Sie sich im Falle Ihrer Wahl auf EU-Ebene für mehr Transparenz und eine vertiefte Berichtspflicht für die Mitgliedsstaaten einsetzen, die Begründungen für besonders strittige Rüstungsexporte einschließt?
Frage 5:
Werden Sie sich im Falle Ihrer Wahl für ein europäisches Aufsichtsgremium einsetzen, welches die konsequente und einheitlich restriktive Umsetzung der Kriterien des Gemeinsamen Standpunktes durch die Mitgliedstaaten überwacht?
Frage 6:
Werden Sie sich im Falle Ihrer Wahl für die völkerrechtliche Ächtung von autonomen Waffensystemen einsetzen und eine Finanzierung der Entwicklung und Erforschung solcher Systeme durch Gelder des Europäischen Verteidigungsfonds ablehnen?
Vielen Dank für Ihre Beantwortung
Gabriele Holz
Sehr geehrte Frau Holz,
vielen Dank für Ihre Fragen. Gerne antworte ich auf diese:
1) Werden Sie sich im Falle Ihrer Wahl im Europäischen Parlament und gegenüber der deutschen Bundesregierung für ein grundsätzliches Rüstungsexportverbot einsetzen?
Wir wollen in Deutschland endlich ein Rüstungsexportgesetz, dass die acht EU-Kriterien, die seit 2008 für Waffenexporte gelten, in einklagbares Recht verwandelt. Darüber hinaus sind wir der Meinung, dass Rüstungsexporte grundsätzlich nur an EU- und NATO-Staaten gehen sollten, die Menschenrechts- und Demokratiestandards erfüllen.
2) Werden Sie sich im Falle Ihrer Wahl für eine Verschärfung der europäischen Kriterien für den Rüstungsexport und – angesichts der besonders hohen Opferzahlen durch Kleinwaffen – für ein Exportverbot von Kleinwaffen und zugehöriger Munition einsetzen?
Im Fall von Kleinwaffen ist ein Exportstopp sinnvoll, denn sie sind für die größte Zahl an Opfern verantwortlich und ihre Verbreitung ist quasi unkontrollierbar. Die acht EU-Kriterien von 2008 sind dagegen sehr gut und stehen im Einklang mit dem globalen Vertrag zum Waffenhandel. Sinnvoll wären weitere Ergänzungen: das Risiko von Korruption, das Risiko sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt, der Zustand der Demokratie im Empfängerland und das Risiko für die nachhaltige Entwicklung anderer Länder als dem Empfängerland.
3) Werden Sie sich im Falle Ihrer Wahl für ein EU-Waffenembargo gegenüber den im Jemen-Krieg involvierten Staaten einsetzen?
Wir Grüne im Europaparlament haben die Debatte in den EU-Institutionen in der laufenden Legislaturperiode initiiert und 2016 erstmals eine Mehrheit der Abgeordneten hinter die Forderung eines sofortigen Embargos versammeln können. Ich werde alles in meiner Macht stehende tun, um diese Mehrheit im nächsten Parlament wieder herzustellen, um Druck auf die Mitgliedstaaten aufrecht zu erhalten. Ich wünschte mir, die nationalen Parlamente in den Mitgliedstaaten täten ähnliches. Ein Waffenembargo wäre sicherlich ein wichtiger Schritt, um diesen grausamen Krieg und die damit verbundene gewaltige humanitäre Katastrophe zu beenden.
4) Werden Sie sich im Falle Ihrer Wahl auf EU-Ebene für mehr Transparenz und eine vertiefte Berichtspflicht für die Mitgliedstaaten einsetzen, die Begründungen für besonders strittige Rüstungsexporte einschließt?
Ich bin der Meinung, dass in dieser Frage volle Transparenz herrschen muss. Auf europäischer Ebene fordern wir Grüne schon lange mehr Licht in die zuständige Ratsarbeitsgruppe zu Waffenexporten zu bringen. Damit einher geht unsere langjährige Forderung nach einer Digitalisierung der Daten der Mitgliedstaaten und einer schnellen Veröffentlichung des Jahresberichtes der EU nur wenige Tage nach dem Kalenderjahr, zu dem die Daten zusammen getragen wurden. Denn viele Vorgänge sind politisch bereits verjährt, wenn sie erst 18 Monate oder später veröffentlicht werden. Wir wollen eine moderne öffentliche EU-Datenbank zu den Ausfuhren der Mitgliedstaaten, in der auch erkennbar ist, welches Material, in welchem Umfang und Wert tatsächlich Europa verlassen hat. Bislang gibt der EU-Jahresbericht in erster Linie Auskunft über die Absichtserklärungen in den Lizenzen.
5) Werden Sie sich im Falle Ihrer Wahl für ein europäisches Aufsichtsgremium einsetzen, welches die konsequente und einheitlich restriktive Umsetzung der Kriterien des Gemeinsamen Standpunktes durch die Mitgliedstaaten überwacht?
Wir setzen uns bereits seit einiger Zeit für eine bessere Struktur auf europäischer Ebene ein und fordern darüber hinaus, dass eine solche Struktur Sanktionen gegen Mitgliedstaaten beschließen kann, die die acht EU-Kriterien verletzen. Im Rahmen der Verhandlungen um die EU-Verordnung zum Europäischen Verteidigungsfond haben wir Grüne unterstützt, dass die EU-Kommission die Möglichkeit erhalten soll, alle mit EU-Haushaltsmitteln geförderte Militärtechnologie überwachen und stoppen zu können, sollte sie an Drittstaaten exportiert werden. Die Verhandlungsführung des Parlamentes hat diese Position jedoch zugunsten des Rates aufgegeben. Dies hätte der Beginn einer echten Kontrolle auf EU-Ebene sein können. Wir fordern deswegen dringend die Schaffung eines europäischen Aufsichtsgremiums, das zur Not auch Sanktionen gegen Mitgliedstaaten verhängen kann.
6) Werden Sie sich im Falle Ihrer Wahl für die völkerrechtliche Ächtung von autonomen Waffensystemen einsetzen und eine Finanzierung der Entwicklung und Erforschung solcher Systeme durch Gelder des Europäischen Verteidigungsfonds ablehnen?
Wir Grüne haben die im September 2018 angenommene Entschließung zur völkerrechtlichen Ächtung autonomer Waffensysteme initiiert. Mit Verweis auf die Parlamentsentschließung hat sich auch der Expert*innenrat der EU-Kommission zu künstlicher Intelligenz für eine weltweite Ächtung ausgesprochen. Wir Grüne sind die treibende Kraft, diese Ächtung voranzutreiben. Andere halten zwiespältige Reden, wir handeln. Auch im Rahmen des zukünftigen Europäischen Verteidigungsfonds ist es dank grüner Anträge und Insistierens dazu gekommen, dass nun diese Waffen zum ersten Mal in einem Gesetz definiert und gleichzeitig verboten werden. Dieser Kampf ist jedoch lange noch nicht gewonnen. Präsident Macron und andere träumen davon, diese Waffengattung in Europa zu entwickeln und fördern diese mit vielen Millionen. Wir werden dagegen halten.
Mit freundlichen Grüßen,
Ihre Ska Keller