Frage an Ska Keller von Matthias J. bezüglich Verkehr
Sehr geehrte Frau Keller,
es geht mir um Klappenauspuff und Co.
Lärmschutz ist ein wichtiges Thema, doch leider werden anscheinend die Kommunen damit allein gelassen - mit unzureichenden Möglichkeiten.
Bei uns greift Tempo 30 um sich - Schilder sind schnell und billig aufgestellt - im Gegensatz zur Beseitigung von Schlaglöchern und klappernden Schachtdeckeln. Wenn es wenigstens einen nicht nur messbaren, sondern einen spürbaren Effekt hätte. Aber manchmal scheint es auch um ganz Anderes als den Lärm zu gehen. Auf meiner Pendelstrecke wurde sogar schon in einem Gewerbegebiet aus angeblichen Lärmschutzgründen Tempo 30 eingeführt - Boris Palmer lässt grüßen.
Abgesehen vom dem Mehr an Abgasen ist nachgewiesen, dass die krankmachende Wirkung von lärmbedingtem Stress nicht wesentlich von einer Fahrzeugkolonne normaler PKW ausgeht, sondern von Lärm-Peaks einzelner Fahrzeuge. Stichworte: harte Longlife-Reifen auf LKW und Bussen sowie im Besonderen die Poser-Szene. Über illegale Manipulationen brauchen wir eigentlich nicht zu reden - man könnte hier allenfalls über eine konsequentere Verfolgung nachdenken. Mir geht es eher um "zu laut ab Werk" und die legalen Tuning-Möglichkeiten. Nicht nur bei Motorrädern sondern auch bei Autos leben zahllose Versandhändler und Werkstätten vom Austausch von Nockenwellen oder Auspuff-Teilen, die einen "satten/kernigen Sound" versprechen. Porsche liefert den Klappen-Auspuff schon ab Werk und Audi wirbt mit einem Motor-Sound-System. Solche Autos sind schon im Stand oft lauter als eine ganze Kolonne normaler PKW bei Tempo 50.
Und wegen denen verlieren viele Pendler wertvolle Lebenszeit! Und wird ein erhöhter Kraftstoffverbrauch in Kauf genommen! Mit entsprechend erhöhtem Schadstoff-Ausstoß! Selbst kaum hörbare E-Autos müssen langsam dahin kriechen!
Die Zulassungsregeln für Fahrzeuge und Zubehör liegen im Zuständigkeitsbereich der EU. Welche Initiative dürfen wir von Ihnen erwarten, gegen übermäßig laute Einzelfahrzeuge vorzugehen?
Sehr geehrter Herr J.,
vielen Dank für Ihre Zuschrift und Ihre Frage.
Für uns Grüne sind die negativen gesundheitlichen Folgen von Lärm ein wichtiges Thema. Und einer der Hauptverursacher von Lärm ist der Verkehr, entsprechend gesundheitlich belastet sind Anwohner*innen von lauten Straßen. Laut Europäischer Umweltagentur sind über 75 Millionen Bürgerinnen und Bürger in Städten der EU tagsüber einem durchschnittlichen Geräuschpegel durch Straßenlärm von mehr 55 dB ausgesetzt. Auch nachts finden fast 55 Millionen Menschen, also mehr als 10% der EU-Bevölkerung, bei Geräuschpegeln über 50 dB schwer Schlaf. Dabei sind die Spitzenwerte noch nicht mal enthalten - aber gerade sie stellen eine ernsthafte Gefahr für Nachtruhe und die Gesundheit da.
Wir Grünen setzen uns für leise Mobilität und strengere Grenzwerte ein. Wie Sie richtig beschreiben, schwillt gerade der Lärm aus absichtlich laut gestalteten Motorrädern und Autos immer weiter an. Daher wollen wir Grüne im Europäischen Parlament die Normtests für Fahrzeuglärm der Realität anpassen. Die EU-Lärmgrenzwerte müssen in allen Betriebszuständen und allen Frequenzen eingehalten werden, nicht nur unter Laborbedingungen. Das bedeutet auch, dass veränderte oder nachträglich eingebaute Systeme nur zulässig sein sollen, wenn das Fahrzeug dadurch nicht lauter wird, als die Grenzwerte zulassen.
Mit freundlichen Grüßen,
Ihre Ska Keller