Ska Keller, Bild: Dominik Butzmann
Ska Keller
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Ruth P. •

Frage an Ska Keller von Ruth P. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Dr. Vester,
Sehr geehrte Frau Keller,
werden Sie - gesetzt den Fall, Sie werden in das Europaparlament gewählt - unser bestehendes Geldsystem thematisieren? Werden Sie die derzeit über das Zinseszinssystem bestehende Möglichkeit von exponentiellem Wachstum von privatem Vermögen bei gleichzeitiger Verschuldung eines Teils der Bevölkerung in Frage stellen - mit dem Ziel, dieses System abzuschaffen? (Mir haben zum Verstehen der Zusammenhänge die Vorträge auf youtube und die Bücher des Ökonomen Bernd Senf geholfen.)

Mit Dank für Ihr Engagement, freundlichem Gruß und meinen besten Wünschen
R. P.

Ska Keller, Bild: Dominik Butzmann
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau P.,

vielen Dank für Ihre Zuschrift und Ihre Fragen.

Entfesselte und aufgeblähte Finanzmärkte haben keinen Nutzen für die Gesellschaft und verschärfen die Ungleichheit. Der Anteil der Finanzgeschäfte an der Volkswirtschaft ist in den vergangenen drei Jahrzehnten stark gestiegen. Viele davon haben keine sinnvolle Funktion für die reale Wirtschaft, weil Beschäftigte, Unternehmen oder Verbraucher*innen nichts davon haben. Doch wenn Spekulationsblasen platzen, zahlen sie die Zeche.
Der Finanzsektor bläht sich nach der Finanzkrise 2008 wieder auf, Immobilienpreise und Mieten steigen, dem Staat entgehen weiterhin wichtige Mittel durch Steuertricks und Betrug. Europäische Banken sind weiter instabil, auch Bausparkassen, Lebensversicherer oder Pensionskassen haben Probleme. Wir müssen die Finanzmärkte nach der Finanzkrise noch besser regulieren, damit sie wieder der Gesellschaft und der Realwirtschaft dienen, sinnvoll die Investitionen in einer Volkswirtschaft lenken und den Menschen vernünftige Geldanlagen ermöglichen. Auch für die ökologische Modernisierung sind starke Finanzmärkte von großer Bedeutung. Statt der derzeit sehr komplexen wollen wir einfachere, aber härtere Regeln. Große Banken werden so gehindert, diese durch findige Tricks zu umgehen. Für kleine, regional agierende Kreditinstitute wollen wir den bürokratischen Aufwand reduzieren.

Neben einem schärferen Finanzierungsregeln fordern wir eine Schuldenbremse für Banken, damit sie selbst für ihre Verluste einstehen können. Insbesondere für Schattenbanken sind viel strengere Regeln nötig. Den Hochfrequenzhandel wollen wir mit einer Finanztransaktionssteuer und geeigneten Marktregeln ausbremsen, damit langfristig orientierte Akteur*innen am Finanzmarkt nicht geschädigt werden. Der Staat muss auch den Vertrieb von schädlichen oder intransparenten Anlageprodukten verbieten. Aber nicht nur Banken, auch Versicherungen brauchen mehr Eigenkapital und für ihre Stabilisierung sollen nicht nur Kund*innen, sondern auch ihre Eigentümer*innen herangezogen werden.
Vor allem gilt es aber auch, ein gerechtes Steuersystem zu schaffen, sodass alle nach ihrer Leistungskraft zu einer intakten und funktionierenden Gesellschaft beitragen. Hier liegt in Deutschland jedoch einiges im Argen. Arbeit wird bei uns häufig höher besteuert als Zinsen und Renditen. Das muss sich ändern. Die ungleiche Besteuerung von Kapitalerträgen zu allen übrigen Einkünften wollen wir beseitigen, indem diese Erträge wieder dem normalen, persönlichen Einkommenssteuersatz unterliegen.

Mit freundlichen Grüßen
Ihre Ska Keller