Frage an Ska Keller von Andreas D. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Keller,
wie stehen Sie zum kontroversen Thema Artikel 11 und 13? Ich vertrete die Meinung, dass durch die "bestmöglichen Anstrengungen" der Betreiber Inhalte fälschlicherweise herausgefiltert werden. Schränkt dies nicht die Meinungsfreiheit ein? Ich sehe keine sinnvolle Durchführung dieser Artikel, bei der dies nicht geschehen könnte.
Mit freundlichen Grüßen,
A. D.
Sehr geehrter Herr D.,
prinzipiell ist eine Reform des Urheberrechts zu begrüßen, da die derzeitige Gesetzeslage aus Zeiten stammt, in denen Urheberrechte nur im analogen Kontext diskutiert wurden. Die Rechte von Urheber*innen, Nutzer*innen, Verwertern und Plattformen müssen jedoch auch im Digitalen geschützt und in Ausgleich gebracht werden. Dafür braucht es neue Verwertungslösungen und eine konsequente und verhältnismäßige Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen. Die Debatte um eine Reform des Urheberrechts ist daher grundsätzlich angebracht, doch das nach langen Verhandlungen zwischen dem Europäischen Parlament, der Europäischen Kommission und dem Europäischen Rat vorliegende Ergebnis ist hochproblematisch.
Doch Artikel 13 (Stichwort Uploadfilter) ist der falsche Ansatz, um Vergütungs- und Verteilungsfragen zu lösen. Bei solchen Filtern entscheiden Algorithmen, ob eine Urheberrechtsverletzung vorliegt. Auch ich befürchte, dass diese Algorithmen nicht den Unterschied zwischen Urheberrechtsverletzungen und Rechtsparodien erkennen können. Selbst die anspruchsvollsten Uploadfilter blockieren routinemäßig perfekt legale Inhalte. Die Verpflichtung von Plattformen zur Verwendung von Uploadfiltern würde nicht nur zu einer häufigeren Blockade legaler Uploads führen, sondern auch gerade kleinere Plattformen, die sich keine Filtersoftware leisten können, beeinträchtigen.
Ebenfalls lehne ich die Einführung eines europaweiten Leistungsschutzrechts (Artikel 11) ab. Dieses ermöglicht, die Wiedergabe von mehr als „einzelnen Worten oder sehr kurzen Textausschnitten“ eines Presseartikels oder einer Nachricht von der vorherigen Lizenzierung abhängig zu machen. Dies erzeugt große rechtliche Unsicherheiten, wie solche sehr kurzen Vorschautexte von Links aussehen können und droht, die marktbeherrschende Stellung großer Unternehmen wie Google sogar zu stärken.
An Stelle von Uploadfiltern und Leistungsschutzrecht wollen wir Grüne neue Vergütungsmodelle einführen, die eine einfache und legale Onlinenutzung von geschützten Werken ermöglichen. Dazu wollen wir eine umfassende Reform des Urhebervertragsrechts und der Verwertungsgesellschaften (Gema, VG Wort) auf den Weg bringen. Urheber*innen, deren Werke nicht lizenziert sind, sollen ihre Rechte weiterhin auf etablierten Meldewegen oder mit rechtlichen Mitteln durchsetzen können. Wir fordern: Das Urheberrecht kann nicht gegen die Meinungsfreiheit ausgespielt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre Ska Keller