Frage an Ska Keller von Eva M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Seit Mitte Oktober 17 sind zwei Führer von Bürgerrechtsbewegungen in Katalonien laut Amnesty International volkommen ungerechtfertigt, auf Grund ihrer politischen Ausrichtung, in Untersuchungshaft.
Darf so etwas Ihrer Meinung nach in einem EU Land vorkommen?
Wenn nein, was tun Sie/ Ihre Partei dagegen?
Am 16. Okt wurden Sánchez und Cuixart, Vorsitzende der katalanischen Bürgerbewegungen ANC und OMNIUM in spanische U-Haft genommen, da am 20. September Demos in Barcelona organisiert hatten. Sie wurden der Aufwiegelung = Sedition angeklagt, worauf bis zu 10 Jahre Haft stehen.
Schon 2 Tage danach protestierte Amnesty International und forderte die sofortige Freilassung/ das Fallenlassen dieser laut AI exzessiven Anklage https://www.amnesty.org/en/documents/eur41/7308/2017/en .
Stattdessen übernahm im November der Oberste Gerichtshof das Verfahren gegen Sánchez und Cuixart und dehnte es auf die Straftat Hochverrat= Rebellion aus.
Erneut gab AI eine Pressemitteilung, dass dies unverhältnismässig und ungerechtfertigt sei https://www.amnesty.org.uk/press-releases/spain-pre-trial-detention-two-men-catalan-sedition-case-disproportionate .
Laut van Gulik, Chefin von Amnesty Europa sind beide Anklagen ungerechtfertigt und sollten sofort fallengelassen werden. Sie seien eine exzessive und unverhältnismässige Einschränkung des Rechtes auf Meinungsfreiheit und friedliche Versammlung https://www.theguardian.com/world/2018/feb/07/amnesty-calls-for-immediate-release-of-jordi-sanchez-jailed-catalan-leader .
So berichtet der Guardian Feb 18, während die deutsche Presse schweigt.
Der kürzlich ausgestrahlte Dokumentarfilm “20-S” zeigt, dass sich beide auch in der kritischen Situation der Proteste am 20.September pazifistisch verhalten und die Demonstranten zu friedlichem Verhalten ermahnt haben (https://www.vilaweb.cat/noticies/20-s-els-moments-mes-colpidors-del-documentari-que-desmunta-lacusacio-contra-sanchez-cuixart-i-trapero/)
Sehr geehrte Eva Möckel,
vielen Dank für Ihre Anfrage und Ihr Interesse an diesem Thema.
Ich begleite die katalonische Politik bereits seit geraumer Zeit und bringe mich regelmäßig in die Debatte rund um die Frage der Unabhängigkeit ein. Erst letzte Woche habe ich zu diesem Thema in der katalanischen TV-Talkshow "Preguntes freqüents" teilgenommen: http://www.ccma.cat/tv3/preguntes-frequents/ und mich mit der Bürgermeisterin von Barcelona getroffen.
Seit geraumer Zeit weise ich auf die Verantwortung sowohl in Barcelona, aber vor allem auch in Madrid hin, für geordnete, demokratische und rechtmäßige Abläufe und Diskurse zu sorgen. Im Oktober 2017 habe ich die EU-Kommission dazu aufgefordert, sich für den Dialog zwischen Katalonien und Spanien einzusetzen und sich als Vermittler anzubieten. Denn was am Sonntag, den 01.10.2017 in Katalonien passierte, war absolut inakzeptabel. Diese unverhältnismäßige Gewalt ist durch nichts zu rechtfertigen. Unabhängig davon, was man von der katalanischen Unabhängigkeit hält und unabhängig davon, ob man dieses Referendum für legal hält oder nicht. Hier ist meine Rede im Europäischen Parlament dazu: https://www.youtube.com/watch?v=s8rtBYi5Wqg
In unserer Fraktion Greens/EFA im Europäischen Parlament ist auch die grüne Partei Kataloniens vertreten: Iniciativa per Catalunya-Verds. Mit dem Europaabgeordneten Ernest Urtasun (https://www.greens-efa.eu/en/person/10/) gibt es einen sehr wichtigen Ansprechpartner für die Berücksichtigung der Belange Kataloniens.
Mit freundlichen Grüßen
Ska Keller, MEP