Frage an Ska Keller von Enrico K. bezüglich Verbraucherschutz
Sehr geehrte Frau Keller,
Mein Name ist Enrico Kaiser, ich bin 28 Jahre alt und arbeite in einem handwerklichen Beruf. In den Fragen mit denen ich mich heute an Sie wende geht es um die E-Zigarette. Wie stehen Sie zu diesem Thema? Im Oktober wird im EU-Parlament über die neue Tabakrichtlinie abgestimmt welche auch beinhaltet das die E-Zig unter das Arzneimittelgesetz fallen soll. Sind Sie der Meinung die E-Zig sei ein Arzneimittel? Meiner Auffassung nach müssen Arzneimittel etwas heilen können, dies jedoch kann die E-Zig nicht! Vielmehr geht es bei diesem Vorschlag darum diese Geräte und die Liquids die in ihnen verdampft werden zu Tode zu regulieren damit der Weg für die weitaus gefährlichere Tabakzigarette frei bleibt. Was ich in der E-Zig sehe ist eine weniger risikobehaftete Möglichkeit meine Nikotinsucht zu befriedigen. Über 12 Jahre habe ich tägl. mind. 1 Schachtel Zigaretten geraucht! Seit ich am 22.03.2013 zum ersten mal mit der E-Zig in Kontakt kam habe ich keine einzige Tabakzigarette mehr angerührt. Mir geht es seitdem viel besser und ich fühle mich leistungsfähiger. Sollte die Tabakrichtlinie wie vorgeschlagen durchkommen bräuchten alle Geräte und Liquids eine Zulassung als Medizinprodukt bzw. Arzneimittel. Dies wäre, weil zu teuer, das Aus für uns Dampfer! Viele von uns müssten wieder zur Tabakzigarette greifen um ihre Nikotinsucht zu befriedigen und sich somit einem weitaus höheren Risiko aussetzen. Wollen Sie dafür die Verantwortung mit tragen Frau Keller? Einige sehr engagierte Dampfer unter uns sammeln wirkliche Fakten zum Thema E-Zig. So z.B. zu den Themen Gesundheit und "Passivdampfen". Diese wissenschaftlich belegten Aussagen stehen jedem frei zur Verfügung der ein wahres Interesse hat sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen. So z.B. unter http://blog.rursus.de oder auf http://ig-ed.org .
Frau Keller ich vertraue auf Sie im Oktober frei von Vorurteilen und gut informiert in die Abstimmung zu gehen.
Dafür vielen Dank
Enrico Kaiser
Sehr geehrter Herr Kaiser,
vielen Dank für Ihre Zuschrift. Wir nehmen Ihre Bedenken ernst und haben uns intensiv mit Ihren Argumenten auseinandergesetzt.
Mit Sicherheit helfen E-Zigaretten einer nicht irrelevanten Zahl von RaucherInnen, das Rauchen aufzugeben. Im Generellen hingegen gibt es keine Belege dafür, dass E-Zigaretten insgesamt zu einer signifikanten Abnahme des Rauchens führen. Während RaucherInnen es damit geschafft haben, mit dem Rauchen aufzuhören, wird genauso angenommen, dass viele RaucherInnen durch die E-Zigarette dazu verleitet werden, die Gewohnheit des Rauchens in Situationen beizubehalten, in denen das Rauchen eigentlich untersagt ist (etwa am Arbeitsplatz, in Flugzeugen oder Zügen). Zudem findet ein aggressives Lobbying im E-Zigaretten-Bereich statt, das mit einer Vielzahl von Geschmacksrichtung der E-Zigarette zu einem Life-Style Produkt verhelfen möchte. Damit wird die E-Zigarette zu einem Eintrittstor für junge Menschen, die zunächst mit der E-Zigarette anfangen und später auf normale Zigaretten umschwenken.
Anders wie oft angenommen bedeutet es nicht automatisch, dass der Verkauf von E-Zigaretten auf Apotheken beschränkt wird, wenn diese als Arzneimittel reglementiert werden. Die EU hat keine Kompetenzen darüber, wo Zigaretten auf der einen Seite und Arzneimittel auf der anderen Seite verkauft werden - das ist Sache der Mitgliedsstaaten. In bestimmten Mitgliedsstaaten (z.B. Großbritannien) werden nicht-verschreibungspflichtige Mittel schon in Drogerien statt in Apotheken verkauft.
Nach Angaben der EU-Kommission ist der derzeitige EU-E-Zigarettenmarkt 400-500 Millionen Euro wert. Nicht nur wir, sondern auch die Weltgesundheitsorganisation fordern endlich eine angemessene Regulierung dieses Marktes. Viele Produkte sind weder sicher noch verlässlich. Sie beinhalten Inhaltsstoffe, die reizend sind und für die Gesundheit schädlich sein können. Oftmals ist die Nikotinabgabe nicht verlässlich und es sind keine verlässlichen Informationen für die Konsumenten vorhanden. Hier finden sie mehr Informationen des Deutschen Krebsforschungszentrums zu diesem Thema.
Nikotinersatzprodukte sind derzeit als Arzneiprodukte reglementiert und fallen unter Arzneimittelrecht – es wäre inkonsequent, diesen Produkten hohen Standards aufzuerlegen – E-Zigaretten jedoch nicht. Durch diese Regulierung wird die Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit der E-Zigarette gewährleistet, die anders nicht zu gewährleisten wäre. Anti-Tabak-Nicht-Regierungsorganisationen (z.B. Smokefree Partnership, ASH), Mitgliedsstaaten und das Deutsche Krebsforschungszentrum unterstützen unsere Position.
Wir, die Fraktion Die Grünen/EFA im Europäischen Parlament, setzen uns im Europaparlament, insbesondere jetzt bei der Tabakrichtlinie, dafür ein, das Rauchen so unattraktiv wie möglich zu machen – insbesondere mit großflächigen Text- und Bildwarnungen auf den Packungen sowie mit Ausschluss von den besonders gefährlichen Zusätzen und von zum Rauchen verleiteten Zigarettenformen wie Slim-Zigaretten. Wir wollen die neue Tabakrichtlinie so stark wie möglich machen, um möglichst viele Menschen davon abzuhalten, überhaupt erst mit dem Rauchen anzufangen.
Im Falle der E-Zigarette sprechen wir uns aus für ein sogenanntes „light-touch medicine regime“. Das bedeutet, dass klinische Studien zum Testen der Wirkung von Nikotin wegfallen, da die Wirkung von Nikotin schon gut bekannt ist. Damit fällt der größte Kostenfaktor bei der Zulassung als Medikament weg und ist die Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit der E-Zigarette zu angemessenen Kosten gewährleistet.
Wir hoffen, Ihnen unsere Position verständlich gemacht haben zu können.
Mit freundlichen Grüßen
Ska Keller und Team