Frage an Simone Violka von Holger H. bezüglich Finanzen
Sehr geehrte Frau Violka,
in Ihrer Antwort auf Herrn Weisfeld vom 3.6.09 schreiben Sie von einer "konsequenten Entschuldungspolitik" als Lösung der Verschuldungsproblematik und beziehen sich dabei auf Bund, Länder, Kommunen und private Haushalte.
Gesamtwirtschaftlich kann es aber keine Entschuldung geben, da Schulden immer im Gleichschritt mit den (Geld-)Vermögen wachsen. Die Vermögen wachsen jedoch durch Zins und Zinseszins exponentiell (d.h. auch die Geschwindigkeit des Wachstums erhöht sich ständig).
Würden sich beispielsweise Staat und Privathaushalte nicht weiter verschulden, so müssten diese "Lücke" zwangsläufig die Unternehmen füllen (sonst würde das Finanzsystem zusammenbrechen). Die von Ihnen angesprochene Belastung bleibt dann jedoch bestehen, denn die Unternehmen legen die Kapitalkosten notwendigerweise auf ihre Preise um. Im Gegenteil, der Staat kann diese Kapitalkosten besser bzw. "gerechter" verteilen - durch Steuern und Abgaben. Des Weiteren zahlt der Staat aufgrund höherer Bonitätseinstufung geringere Kapitalkosten.
Eine gesamtwirtschaftliche Entschuldung kann es demnach m.E. nicht geben. Bitte nehmen Sie dazu Stellung.
Ideen wie "Marktwirtschaft ohne Kapitalismus" beziehen sich ja gerade darauf, diese Notwendigkeit zu exponentiellem Wachstum von Wirtschaft, Geldvermögen und Schulden zu durchbrechen. Warum werden Vorschläge wie Umlaufsicherung (bereits von berühmten Ökonomen wie John Maynard Keynes angesprochen) oder veränderte Geldversorgung der Wirtschaft nicht im großen Rahmen diskutiert? Gibt man sich mit dem StatusQuo weiterhin zufrieden?
Mit freundlichen Grüßen
Holger Hähnel
Sehr geehrter Herr Hänel,
vielen Dank für Ihre Frage. Allerdings habe ich damit ein Problem, da mich in diesem Jahr Herr Weisfeld, auf den Sie Bezug nehmen, weder gefragt noch ich ihm geantwortet habe. Allerdings gab es im Jahr 2008 einmal eine Korrespondenz zwischen Herrn Weisfeld und mir.
Dennoch kann ich Ihnen gern meine Meinung zur Entschuldung mitteilen. Ich bin fest davon überzeugt, dass nur eine konsequente Entschuldung in Deutschland wieder Spielräume für die kommende Generation ermöglichen kann. Und ich stimme Ihnen nicht zu, dass das nicht möglich ist, weil sich dann eine neue Lücke im Finanzsystem auftun würde. Es kommt immer darauf an, wofür man sich Geld leiht und was man damit tut. Wird geliehenes Geld in Projekte geleitet, wo eine Wertschöpfung erfolgt, so sorgt das für eine Zinszahlung und Rückzahlung. Wird Geld aber konsumiert, so werden damit keine neue Werte geschaffen, die für eine Amortisierung des geliehenen Geldes sorgen.
Hier liegt das Problem, welches gelöst werden muss. Es darf keine Geldvermehrung in einer virtuellen Welt durch Spekulation geben, sondern Rendite muss erarbeitet und mit realen Werten unterlegt werden. Das bedeutet aber auch, dass utopische Renditen und Renditeversprechen der Vergangenheit angehören müssen.
Mit freundlichen Grüßen
Simone Violka, MdB