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Frage von Hanns S. •

Frage an Simone Violka von Hanns S. bezüglich Gesundheit

Guten Tag Frau Violka,
Sie haben auf meine Frage zu "Heroin auf Krankenkasse" geantwortet. Das Angebot, eine Suchtklinik zu besuchen,.lehne ich ab - mir sind genügend Menschen bekannt, die dort arbeiten und gerade deshalb viel von Entzug, jedoch wenig von Substitution und staatlicher Drogenverteiung halten.

Gestatten Sie ein paar Nachfragen: Sie setzen die Drogensüchtigen mit Diabetikern gleich und nehmen darauf Bezug, dass beide ihre Erkrankung womöglich selbst verschuldet haben. Abgesehen davon, dass ich es für falsch halte, Krankheit unter Schuldgesichtspunkten zu diiskutieren, hatte ich in meiner ersten Mail gefragt, warum dann etwa für Brillen und Zahnersatz gar nichts gezahlt wird, wo doch diese Krankheiten sicher kein Verschulden voraussetzen. Wenn also Sie meinen, es müsse Rauschmittel auf Krankenschein geben, wie rechtfertigen Sie dann, dass derjenige, der nicht einmal etwas für seinen Zahnausfall oder seine Sehschwäche kann, von der GKV nichts bekommt und die Gelder, die für gesetzlich Versicherte in der ambulanten Versorfung zur Verfügung stehen, auf ca. 20 € pro Patient und Quartal beschränkt werden - falls es mehr kostet, sollen das zu lasten der Ärzte gehen ( http://www.gesundheitswahlkampf.de/mediapool/74/746443/data/hautaerzte_aok.pdf )

Ist VOR DIESEM HINTERGRUND die Drogenvergabe zu rechtfertigen? Oder ist es einfach nur leichter, bei den Alten zu sparen, weil bei diesen weder Beschaffungskriminalität noch Prostitution droht? Wenn - wie Sie schreiben - die u.a. Vermeidung dieser Begleiterscheinungen den Hauptgrund für die Drogenvergabe darstellt, dann habe ich eine weitere Frage: Wäre das (Kriminalität und Prostitution verhindern) nicht allgemeine Staatsaufgabe, die aus Steuermitteln zu finanzieren wäre? Wieso sollen das ausgerechnet und ausschließlich die gesetzlich Versicherten mit kleineren Einkommen finanzieren? Ist das die Politik der SPD? Dass die überdurchschnittlich Verdienenden insofern aus der Verantwortung entlassen werden und nur GKV-Versicherte zahlen müssen?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Schmidt,

vielen Dank für Ihre Nachfrage.

Ich finde schade, dass Sie mein Angebot ablehnen. Denn es ging mir nicht um Eindrücke und Erfahrungen von Menschen die dort arbeiten, sondern um die Betroffenen selbst. Für eine objektive Beurteilung lege ich Wert auf eine umfassende Information und lehne einseitige Betrachtungsweisen ab.

Nicht ich setze Drogenabhängige mit Diabetikern gleich, sondern ich fragte Sie ob Sie es tun.

Ihr Vorwurf, dass für Zahnersatz keine Kosten von den Krankenkassen übernommen werden ist falsch. Die AOK zum Beispiel übernimmt grundsätzlich 50 % der Kosten. Bei regelmäßigem Zahnarztbesuch (bei Erwachsenen einmal im Jahr), kann dieser Anteil auch größer ausfallen. Andere Kassen verfahren ähnlich. Das Einzige was stimmt, ist der Wegfall zur Sehhilfe.

Und wenn Sie die Vergütungen für die Ärztinnen und Ärzte ansprechen, dann bitte ich Sie zur Kenntnis zu nehmen, dass es gerade diese Berufsgruppe ist, die auf einer Selbstverwaltung besteht. Das heißt, die Verteilung der Gelder erfolgt nicht von Staat, sondern wird von den Kassenärztlichen Vereinigungen (der Interessenvertretung der Ärztinnen und Ärzte) für die Mediziner übernommen. Hier erfolgt in der Tat zum Teil eine ungerechte Verteilung zwischen den Branchen, aber das ist nicht heilbar, indem der Staat einfach immer mehr Geld zur Verfügung stellt und durch falsche Verteilung dennoch bei den Leuten vor Ort nichts davon ankommt. Selbstverwaltung bedeutet auch, sich mit der eigenen Verwaltung in diesem Fall auseinanderzusetzen und mehr Gerechtigkeit im System einzufordern und nicht, wenn es unangenehm wird, laut nach dem Staat und mehr Geld zu rufen.

Leider will man davon nichts wissen, sondern nimmt Patienten ín die Mithaftung wenn es um die Durchsetzung von Einzelinteressen geht. Man sagt Patientenwohl und meint eigenes Einkommen. Und leider lassen sich viele, wohl auch aufgrund der komplizierten Materie, dazu missbrauchen. Immerhin war es der Ärztetag und nicht die Politik, der in diesem Jahr eine Praxisgebühr in Höhe von 25 Euro pro Arztbesuch forderte. Außerdem sprachen sich die Mediziner dort für die Einführung einer Prioriätenliste aus. Solch eine Liste würde festlegen welche Behandlungen nur noch gegen private Bezahlung zu leisten seien. Also so ziemlich alles, was nicht unbedingt das Leben unmittelbar bedroht.

Nochmal, das sind Forderungen aus der Medizin. Da sollte sich jeder Patient gut überlegen, ob er das unterstützt. Denn was das mit Patientenwohl zu tun hat, erschließt sich mir jedenfalls nicht. Die SPD jedenfalls lehnt solche Forderungen strikt ab.

Immerhin wurden seit 1990 über 700 Krankenkassen abgeschafft und durch weitere Fussionierungen kann dieser Trend weitergehen. Allerdings muss dieser Schrumpfung auch eine Schrumpfung der Kassenärztlichen Vereinigungen folgen, damit sich das nachhaltig finanziell positiv auswirkt.

Außerdem muss das System auf mehr Schultern verteilt werden. Das würde mit der Einführung einer Bürgerversicherung passieren, was die CDU leider noch verhindert.

Durch diese Stabilisierung wären dann aber auch wieder mehr Spielräume wie zum Beispiel Zuschüsse für Sehhilfen möglich. Und weil ich weiß, dass es bei diesem Thema viel Unkenntnis gibt: Ich bin gesetzlich versichert und zahle monatlich über 600 Euro in die Krankenversicherung ein.

Und auch wenn Sie es nicht verstehen, aus Gründen der Menschlichkeit stehe ich zu meiner Entscheidung. Genauso wie ich aus Gründen der Menschlichkeit gegen eine Prioritätenliste bin und ich mir nicht anmaße am Alter eines Menschen festzulegen ob sich eine Behandlung oder Operation noch lohnt oder nicht.

Mit freundlichen Grüßen
Simone Violka, MdB