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Frage von Manuela S. •

Frage an Simon Rottloff von Manuela S. bezüglich Frauen

Lieber Simon,

wie du weißt engagiere ich mich seit einigen Jahren stark zum Thema Prostitution.
Meine Position ist bekanntlich kritisch gegenüber der Politik deiner Partei, die mit den Gesetzen von 2001 und 2017 meines Erachtens einen falschen Weg eingeschlagen hat.

Meine Frage an dich, die ich auch allen KandidatInnen stellen werde, und die für mich in der Tat stark wahlentscheidend sein wird:
Das Europaparlament hat auf Initiative der S & D-Abgeordneten Mary Honeyball eine Resolution verabschiedet, die allen Mitgliedsstaaten die Übernahme des sogenannten Nordischen Modells empfiehlt (Kriminalisierung der Freier und Profiteure, Entkriminalisierung der prostituierten Personen, individuelle Ausstiegshilfen, antisexistische Erziehung, Öffentlichkeitskampagnen, ...) Im Gesetzgebungsprozess wurde dieser Politikansatz nicht berücksichtigt, ExpertInnen nicht angehört. Das neue Gesetz sieht eine Evaluation nach drei Jahren vor.
Können die VertreterInnen des Nordischen Modells in Deutschland, solltest du MdB, mit deiner Unterstützung rechnen? Dies meint konkret: Anhörung von Prostitutionsüberlebenden, NGOs die sich für das Nordische Modell einsetzen, ExpertInnen aus den Ländern, die hier führend sind, wie sich das in einem demokratischen Meinungsfindungsprozess gehört.

Unabhängig davon würde mich deine persönliche Positionierung zur Thematik interessieren.

Im Voraus vielen Dank

M. S.

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Antwort von
SPD

Liebe Manu,

vielen Dank für Deine Frage, die mich auf Grund der Gespräche, die wir zu dem Thema bereits geführt haben, natürlich nicht überrascht.

Zunächst zum politischen Weg und der Evaluierung des Prostitutionsgesetzes nach drei Jahren: Im Anhörungsverfahren sollte grundsätzlich auch Raum für das „Nordische Modell“ sein (das es nicht in allen skandinavischen Staaten gibt) und ich würde mich auch dafür stark machen, dass deren Positionen gehört werden. Dies gilt ebenso für diejenigen, die ein liberales Prostitutionsgesetz für geeigneter halten, mit dem Thema umzugehen.

Zu meiner persönlichen Position: So charmant das „Nordische Modell“ auf den ersten Blick sein mag, ich persönlich glaube, dass Prostitution nicht auszumerzen ist, auch nicht durch die Kriminalisierung der Freier. Hier sehe ich eher die Gefahr, dass das Gewerbe noch mehr in den Schatten rückt und sich die Verhältnisse für die Prostituierten nochmals erheblich verschlechtern könnten. Dazu gehören für mich die folgenden Aspekte:

· Die Erreichbarkeit der Prostituierten für Hilfsangebote etwa im Bereich der Gesundheitsversorgung oder -aufklärung sinkt nach meiner Einschätzung eher, weil sich Prostitution räumlich verlagert oder weil diese Hilfe selbst kriminalisiert oder politisch-gesellschaftlich geächtet wird.

· In der Illegalität steigt der Druck auf die Prostituierten, auch wenn der Verkauf von Sex selbst nicht strafbewehrt ist. Dazu gehören Zeitnot bei der Kundenauswahl ebenso die steigende Erwartungshaltung der Kunden.

· Ebenso steigt das Risiko für Prostituierte, weil die Kunden in noch größerem Maße anonym bleiben wollen. Wo vorher über feste Internetprofile oder Mobilfunknummern kommuniziert wurde, werden dann Kommunikationswege mit weniger oder keinen Spuren genutzt. Die Strafverfolgung bei Missbrauch und Gewalttaten wird so erschwert – die Sicherheit der Frauen sinkt.

· Umfragen in Norwegen und Schweden deuten an, dass die Kriminalisierung der Freier tendenziell auch auf eine gesellschaftliche Kriminalisierung und (weitere) Stigmatisierung der Prostituierten hinausläuft.

Ebenso sehe ich aber auch, dass die Liberalisierung der letzten Jahre nur bedingt zu den gewünschten Erfolgen beigetragen hat. Die Hoffnung auf sozialversicherungspflichte Beschäftigungsverhältnisse hat sich überhaupt nicht erfüllt, stattdessen hat sich das Gewerbe neu orientiert und bietet aggressive Werbung und Flatratemodelle an. Die Novelle des Prostitutionsgesetzes hat einige dieser Punkte aufgegriffen. Hier sehe ich weiteren Handlungsbedarf in Form von einer stärkeren Kontrolle gerade im Bereich der Zwangsprostitution und des Menschenhandels. Ebenso unterstütze ich Maßnahmen für individuelle Ausstiegshilfen, antisexistische Erziehung und auch Öffentlichkeitskampagnen gegen Prostitution.

Mit besten Grüßen

Simon Rottloff