Simon Becker vor dem Saarburger Kreiskrankenhaus
Simon Becker
DKP
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Frage von Marc D. •

Wie stehst Du zur aktuellen Lage in Afghanistan?

Wie würdest du zur Zeit handeln? Wie stehst du zur Lage am Flughafen und im Land?

Simon Becker vor dem Saarburger Kreiskrankenhaus
Antwort von
DKP

Vielen Dank für diese wichtige Frage!

Die Lage in Afghanistan macht mich tief betroffen. Es zeigt sich, dass 20 Jahre Krieg der NATO Staaten nichts gebracht haben und keine Lösung sind. Das aktuelle Chaos ist durch die imperialistische Besatzung verantwortet. Dass die Bundesregierung jetzt mit ihrem „Rettungseinsatz“, der lediglich sogenannte Ortskräfte umfasst, versucht davon abzulenken, dass auch sie mit verantwortlich ist für die aktuelle Situation, ist schwer erträglich. So wenig wie es bei der Besetzung Afghanistans darum ging Freiheit und Demokratie dorthin zu bringen, so wenig geht es bei der „Rettungsmission“ um humanitäre Hilfe. Die Bundeswehr und das US Militär werden zu einer Art humanitären Organisation stilisiert, denen es angeblich um jedes einzelne Menschenleben geht und Politiker*innen die gegen eine Verlängerung des Bundeswehr-Mandats stimmen, werden verurteilt, als seien sie nun an allem Leid am und um den Kabuler Flughafen Schuld. In Anbetracht von über 240.000 Menschen denen dieser Krieg seit 2001 das Leben gekostet hat, ist das pure Heuchelei.

In Afghanistan leiden aktuell 18 Millionen Menschen an Hunger, die Herrschaft der Taliban, welche ursprünglich mit Geldern der USA und der NATO finanziert und aufgebaut wurden, wird mit massiver Unterdrückung für alle Frauen aber auch Männer die nicht in das religiöse Bild passen oder passen wollen. Sprich alle Freiheitsliebenden, die LQBTQI Community und fortschrittliche Kräfte haben eine düstere Zukunft vor sich. Doch um die geht es der Bundesregierung nicht, denn sonst hätten sie 20 Jahre Zeit gehabt diese Kräfte zu stärken und zu unterstützen. Sie hätten Zeit gehabt Frauenkampfverbände anzuregen und in ihre Ausbildungsmission zu integrieren. Stattdessen hat man der Taliban jetzt ein ganzes Arsenal an Waffen und militärisch ausgebildeten Überläufern quasi „überlassen“.

Um die Frage zu beantworten, wie ich handeln würde: Es führt kein Weg dran vorbei, außer nun enge, diplomatische Beziehungen mit den sich die Macht ergreifenden Kräften in Afghanistan aufzunehmen und eine zivile Betreibung des Flughafens durch Afghanistan selber auszuhandeln. Eine wie von der Türkei angebotene Verwaltung des Flughafens durch das türkische Militär ist keine akzeptable Lösung. Die Türkei wäre nur ein weiterer NATO-Staat mit eigenen militärischen, wirtschaftlichen und sogar religiösen Interessen, die sich in Hinblick auf ihr menschenverachtendes Verhalten im „Flüchtlings-Deal“ mit der EU, der indirekten Unterstützung des sogenannten Islamischen Staates, verharmlosenden Äußerungen von Erdogan über die Taliban oder dem Umgang mit fortschrittlichen kurdischen Kräften in Nord- und Ostsyrien absolut nicht für diese Aufgabe qualifizieren.

Botschaften aller Länder dieser Welt in Afghanistan müssen aufrecht und zugänglich erhalten werden, damit verfolgte Menschen Asylanträge in Ländern ihrer Wahl stellen können. Fortschrittliche Kräfte und Bewegungen müssen unterstützt werden. Anfangen könnten wir bei der Unterstützung von Frauen, die laut internationalen Medien in der letzten Woche demonstrierend auf Kabuls Straßen gegangen sind. Allen durch die Taliban gefährdeten Menschen in Afghanistan gilt jetzt meine und unsere Solidarität, für ihre Rechte und auch das Recht auf Flucht will ich und müssen wir kämpfen. Deutschland trägt eine Mitschuld an der aktuellen Lage und steht daher auch in der Verantwortung für das angerichtete Leid. Das zeigt: Jegliche imperialistische Militärintervention ist strikt abzulehnen, denn sie führt für die Bevölkerung zu keiner Verbesserung. Eine fortschrittliche, gesellschaftliche vielleicht sogar revolutionäre Veränderung wird nur aus der afghanischen Bevölkerung heraus kommen können, ziemlich sicher sogar werden es allen voran Frauen sein! Ich stehe ein für eine konsequente Friedenspolitik die den Frieden mit allen Völkern beinhaltet.