Frage an Silvia Breher von Andreas R. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung
Wie erklären sie mir, und den vielen anderen Wählerinnen und Wählern, das der Tierschutz in Deutschland Verfassungsrang hat (Artikel 20a) die Kastration ohne Betäubung sogar richterlich bestätigt seit 2013 gegen das Tierschutzgesetz verstößt, aber auch hier die Lobby wieder über dem Recht steht? Lt. Medienberichten "einigten" sich die Regierungsparteien in der Nacht darauf, das trotz der Tierquälerei in Deutschland weiterhin Ferkel noch länger ohne Betäubung kastriert werden dürfen. Ist die Fleischwirtschaft und die Lobbyisten der Landwirtschaft wichtiger, als Recht und Gesetz? Bitte entschuldigen Sie diese drastische Formulierung, aber ich bin gespannt, wie Sie uns Wählern das nun "verkaufen" wollen.
Sehr geehrter Herr R.,
leider stehen den landwirtschaftlichen Betrieben bis heute keine praxistauglichen und tragfähigen Alternativen für die betäubungslose Ferkelkastration, wie es das Tierschutzgesetz mit einer 100-prozentigen Schmerzausschaltung verlangt, zur Verfügung.
Es ist keine Entscheidung für die „Fleischwirtschaft oder Lobbyisten“. Es ist so, dass ohne eine Übergangslösung viele Betriebe am 1.1.2019 vor dem Aus stehen würden. Und das wäre eine Steilvorlage für die Produktion in Ländern mit niedrigeren Standards. Davon hätten die Tiere gar nichts – im Gegenteil, sie müssten den dann Preis zahlen. Die Verbraucher dann im Übrigen auch.
Deshalb ist es die richtige Konsequenz, dass alle Beteiligten mehr Zeit bekommen und die entsprechenden Alternativen im Sinne des Tierschutzgesetzes, aber auch marktkonform, auf den Weg zu bringen.
Denn es gehört zur Wahrheit dazu, dass sich die bereits zur Verfügung stehenden Alternativen zur betäubungslosen Ferkelkastration nicht am Markt und damit beim Verbraucher durchgesetzt haben.
Deshalb müssen wir in den kommenden zwei Jahren der verlängerten Übergangsfrist die Akzeptanz für die beiden bereits zur Verfügung stehenden Alternativen, die Ebermast und die Immunokastration, beim Verbraucher, aber auch beim Lebensmitteleinzelhandel wie auch Schlachthöfen erhöhen. Was nützen Alternativen, wenn sie nicht gewollt sind. Darüber hinaus müssen wir dafür Sorge tragen, dass die Zulassung von Arzneimitteln für die Inhalationsnarkose oder Lokalanästhesie für die Kastration beim Schwein in den nächsten Monaten zugelassen werden.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen die Gründe für die Übergangsregelung nachvollziehbar darstellen.
Mit freundlichen Grüßen
Silvia Breher