Frage an Silvana Koch-Mehrin von Heinrich V. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Dr. Koch-Mehrin,
da Sie mir vor Ihrer Wahl ins Europaparlament schriftlich mitteilen ließen, dass Sie sich für die Abschaffung der IHK-Zwangsmitgliedschaft einsetzten werden, möchte ich Ihnen hiermit gerne mal folgende 2 Fragen stellen:
Haben Sie sich inzwischen für die Abschaffung der IHK-Zwangsmitgliedschaft in irgendeiner Weise in Brüssel eingesetzt?
Falls ja, gibt es dafür schriftliche Belege?
Mit freundlichen Grüßen
Heinrich Vetter
Sehr geehrter Herr Vetter,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Das auf dem Prinzip der Pflichtmitgliedschaft beruhende deutsche Kammerwesen steht seit Jahren in der Diskussion. Dieses Kammerprivileg bedarf immer wieder der Rechtfertigung gegenüber Politik und Unternehmerschaft. Zu Recht werden ineffiziente Strukturen der Kammern beklagt. Die FDP sieht ein erhebliches Maß an Reformbedarf und hat Vorschläge für eine Kammerreform gemacht. Die FDP setzt sich dafür ein, das gesamte deutsche Kammerwesen auf seine Zweckmäßigkeit hin grundsätzlich zu überprüfen.
Auf dem FDP-Bundesparteitag 2006 in Stuttgart wurde ein Beschluss zur Reform des Kammerwesens gefasst. Den Beschluss finden Sie unter http://57.parteitag.fdp.de/files/94/BPT2006-Kammerwesen.pdf
Die FDP sieht mit dem Beschluss in der bestehenden auf dem Grundsatz der Pflichtmitgliedschaft begründeten Organisation der Industrie- und Handelskammern sowie der Handwerkskammern in Form von Körperschaften öffentlichen Rechts eine geeignete Form der Selbstverwaltung der Wirtschaft und der Interessenvertretung der Unternehmen. Der Abstimmung eines Antrags zur Abschaffung der Pflichtmitgliedschaft wurde auf dem Bundesparteitag mit knapper Mehrheit abgelehnt.
Ich bin gegen eine Pflichtmitgliedschaft. Ich habe auf dem FDP-Bundesparteitag in Stuttgart entsprechend Position bezogen und abgestimmt.
Im Europäischen Parlament wurde über die Rolle von Kammern in den Mitgliedstaaten im Rahmen der Beratungen über eine Richtlinie für Dienstleistungen im Binnenmarkt ("Dienstleistungsrichtlinie") diskutiert. Die FDP im Europäischen Parlament hat in der ersten Lesung gegen die Dienstleistungsrichtlinie gestimmt. Denn mit der beschlossenen Fassung der Richtlinie wurde die Erbringung von Dienstleistungen in der Europäischen Union nicht ausreichend erleichtert.
Im Europäischen Parlament werden wir uns auch weiterhin für eine Abschaffung der Pflichtmitgliedschaft einsetzen und uns in Deutschland bei den innerparteilichen Diskussionen für die Abschaffung engagieren. Leider noch nicht mit dem Erfolg, den wir uns wünschen.
Mit freundlichen Grüssen
Silvana Koch-Mehrin