Frage an Silvana Koch-Mehrin von Werner H. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrte Frau Koch-Mehrin
Wieder einmal zeigen uns die hohen Spritpreise, die Ohnmacht der Politik gegenüber den weltweit operierenden Konzernen.
Obwohl nun der Ölpreis in den letzten Wochen um ein drittel gesunken ist, ist der Benzinpreis nur um ca. 3-4% reduziert worden. Was unternimmt nun die EU, um dagegen vorzugehen? Hängen doch an den hohen Benzinpreisen die gesamte Wirtschaft und Arbeitsplätze und damit besonders auch die höheren Nahrungsmittelpreise. Was wird seitens der EU gegen die rasant steigenden Strompreise, Gaspreise und Heizölpreise unternommen? Wieso wird hier so wenig seitens der EU unternommen, das Strom, Öl und Gas EU-weit angeboten werden kann um den Preis zu drücken?
Wieso gibt es EU-weit solch gravierente Unterschiede bei den Arzeneimittelpreisen? Warum wird hier der Markt nicht EU-weit, für alle geöffnet,wie beim Telefon, damit die Kosten sinken? Wieso ist Deutschland eines der wenigen Staaten innerhalb der EU, welche noch den hohen Mehrwertsteuersatz von 19% auf Medikamente verlangen? Dies sind alles gravierente Probleme in den letzten Jahren, wozu die Politik keine oder wenig Lösungen angeboten hat. Oder können Sie mich von den Gegenteil überzeugen? Bei den meisten Menschen und auch bei mir stoßen diese hohen Belastungen an die Schmerzgrenze und deshalb verlangen wir von der Politik entscheidende Lösungen.
Mit freundlichen Grüssen W. Homann
Sehr geehrter Herr Homann,
vielen Dank für Ihre Fragen.
Steuern treiben Energiekosten in die Höhe. Die FDP fordert deshalb in Ihrem Beschluss "Energiekosten senken - Mehr Netto für die Verbraucher!" vom 59. Parteitag, der am 31.5.-1.6.2008 stattfand:
- die Absenkung des Umsatzsteuersatzes auf Energie von 19 Prozent auf 7 Prozent oder alternativ eine entsprechende Senkung der so genannten Ökosteuer. Die Dinge des täglichen Bedarfes müssen für die Mitte der Gesellschaft wieder erschwinglich werden. Dazu bedarf es einer Absenkung der Belastung in diesem Bereich und einer Überarbeitung des gesamten Umsatzsteuersystems, indem Ungereimtes und Ungerechtes beseitigt wird. Sollte dies kurzfristig nicht erreichbar sein, wollen wir eine entsprechende Absenkung der so genannten Ökosteuer.
- die Senkung der Stromsteuer. Dazu wollen wir den Emissionshandel weiterentwickeln: Die Zertifikate sollen so schnell wie möglich vollständig versteigert werden, ohne dass deutsche Kohlekraftwerke, die für die Versorgungssicherheit Deutschlands unverzichtbar sind, ihrer Wettbewerbsfähigkeit beraubt werden dürfen. Die Versteigerungserlöse dürfen aber nicht beim Staat verbleiben, sondern müssen durch eine niedrigere Stromsteuer die Bürger weiter entlasten.
- die Rücknahme der letzten Mineralölsteuererhöhung auf Biokraftstoffe, die zusammen mit dem Beimischungszwang zu deutlichen Benzinpreissteigerungen geführt hat.
- die Intensivierung des Wettbewerbs auf dem Strom- und Gasmarkt. Um vorhandene wettbewerbsfeindliche Marktstrukturen aufbrechen zu können, ist das Bundeskartellamt durch die Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) in die Lage zu versetzen, als ultima ratio marktbeherrschende Monopol- oder Oligopolunternehmen eigentumsrechtlich zu entflechten.
- eine Energiepolitik für Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit in einer nachhaltigen Energieversorgung. Damit Energie in Zukunft bezahlbar bleibt, braucht es mehr unabhängige Energieanbieter auf den Energiemärkten und einen klugen Energiemix, in dem auch die weltweit führende deutsche Kerntechnologie eine wichtige Rolle als Übergangstechnologie behält. Zudem fordern wir den Ausbau der grenzüberschreitenden Strom- und Gasnetze, eine Energiestrategie, die Abhängigkeiten von einzelnen Energieimporteuren reduziert, eine Klimaschutzstrategie, die sich neben ökologischen Zielen auch an der Kosteneffizienz und Versorgungssicherheit orientiert, und eine Ausdehnung der Energieforschung gerade auch für Alternativen zum Öl.
Auf ihrem Gipfeltreffen haben die EU-Staats- und Regierungschefs bereits im März 2006 den Einstieg in eine gemeinsame Energiepolitik beschlossen. Im Dezember 2008 hat die EU hat im Rahmen der fortlaufenden Verhandlungen über ihr Energie- und Klimapaket ein Abkommen geschlossen, in dem festgelegt wird, dass 10% des in der EU verwendeten Kraftstoffes aus erneuerbaren Quellen kommen muss. Auch für die FDP steht die Frage im Vordergrund, wie Klimaschutz mit bezahlbarer Energie verbunden werden kann. Im Beschluss des Europaparteitags der FDP in Berlin vom 17. Januar 2009 "Ein Europa der Freiheit für die Welt des 21. Jahrhunderts. Programm für die Wahl zum VII. Europäischen Parlament 2009" heißt es: "Die FDP unterstützt das Ziel beim Klimaschutz, als ersten Schritt bis 2020 die Treibhausgase um 20 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren. Für die Auswahl der Instrumente muss aus Sicht der FDP gelten: Angesichts eines Anteils der EU von 16% der globalen Kohlendioxidemissionen helfen Insellösungen dann nicht, wenn sie ausschließlich zu Produktionsverlagerungen führen. Die Effizienz jeder Maßnahme zur CO2-Reduktion muss über ihre Einführung entscheiden, nicht ihr Symbolwert: Wir wollen Treibhausgase so kostengünstig wie möglich vermeiden. [...]"
Auf den Webseiten der Kommission heißt es zum europäischen Arzneimittelmarkt: "Die Europäische Union ist sehr darum bemüht, im Bereich der öffentlichen Gesundheit ein hohes Maß an Schutz, Wettbewerbsfähigkeit und Innovation zu gewährleisten. Im Hinblick auf Arzneimittel und Behandlungen hat sie die folgenden Hauptziele festgelegt: die Gewährleistung des Zugangs zu Arzneimitteln zu erschwinglichen Preisen. [...]" http://ec.europa.eu/health-eu/care_for_me/medicines_and_treatment/index_de.htm
Seit Anfang September 2008 beschäftigt sich der Europäische Gerichtshof mit dem Fremd- und Mehrbesitzverbot. Dieses erlaubt bislang nur ausgebildeten Pharmazeuten, eine Apotheke zu betreiben und zu führen. Unternehmen sind als Eigentümer ausgeschlossen. Einerseits schreibt das EU-Recht Niederlassungs- und Kapitalfreiheit fest, andererseits gibt es gute Argumente, das Fremd- und Mehrbesitzverbot in Deutschland zu erhalten. Ein Ende des Apothekenmonopols bietet die Chance, den Wettbewerb zu stärken. Dass der Apothekenmarkt aber von wenigen Anbietern beherrscht wird, darf nicht passieren. Mit einer Entscheidung des EuGH wird im Frühjahr 2009 gerechnet.
Mit freundlichen Grüßen
Silvana Koch-Mehrin