Frage an Silvana Koch-Mehrin von Michael U. bezüglich Finanzen
Als Mitglied des Ausschusses für Haushaltskontrolle sind Sie auch für die Arbeit des zur EU-Kommission gehörenden Amtes für Betrugsbekämpfung OLAF zuständig. Am 8. Juli 2008 hat das EU-Gericht erster Instanz sein Urteil (T-48/05, Pressemitteilung Nr. 47/2008, http://curia.europa.eu/de/actu/communiques/cp08/aff/cp080047de.pdf ) in der sogenannten Eurostat-Affäre gesprochen. In dieser Affäre um schwarze Kassen beim EU-Statistikamt hatte OLAF gegen den früheren Generaldirektor von Eurostat und einen seiner Direktoren ermittelt.
Nun hat das EU-Gericht die Kommission zur Zahlung von 56 000 € Schadenersatz verurteilt. OLAF, so das Gericht, hat gegen die Verteidigungsrechte der beiden Beamten verstoßen. OLAF hätte sie über die Übermittlung sie betreffender Akten an die luxemburgischen und französischen Gerichtsbehörden informieren müssen, da die Voraussetzungen für eine Ausnahme von dieser Regel nicht erfüllt waren. Unter Verstoß gegen die einschlägige Verordnung sei auch der OLAF-Überwachungsausschuss erst im Nachhinein von der Einschaltung der nationalen Justizbehörden informiert worden. Außerdem moniert das Gericht, dass gegen den Grundsatz der Unschuldsvermutung verstoßen worden sei.
Auf seiner Website ( http://ec.europa.eu/anti_fraud/index_de.html )behauptet OLAF, dass „alle Maßnahmen des Amts (...) ehrenhaft, unparteiisch und professionell, unter Wahrung der persönlichen Rechte und Freiheiten sowie in völliger Übereinstimmung mit den Rechtsvorschriften durchgeführt“ werden. Diese Aussage ist nun offenbar widerlegt.
OLAF-Generaldirektor Franz-Hermann Brüner muss sich den vom Gericht festgestellten Verstoß gegen die Rechtsvorschriften auch persönlich zurechnen lassen, denn Schreiben an die Justiz gemäß Artikel 10 (2) der einschlägigen Verordnung (EU-Amtsblatt L 136 vom 31.5.1999, S.1) müssen von ihm selbst unterzeichnet worden sein.
Welche Konsequenzen sind aus dem Urteil zu ziehen? Kann Herr Brüner nach diesem Urteil weiter im Amt bleiben?
Sehr geehrter Herr Urnau,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Der Haushaltskontrollausschuss hat am 8. Oktober 2008 den Bericht von Dr. Inge Gräßle MdEP zu einer Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1073/1999 über die Untersuchungen des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF) abgestimmt.
Als stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Haushaltskontrolle habe ich nicht an dieser Abstimmung teilnehmen können, da ich an den zum selben Zeitpunkt stattfindenden Abstimmungen im Haushaltsausschuss teilgenommen habe.
Ich setze mich für eine starke und unabhängige Kontrolle des EU-Haushalts ein, so dass die finanziellen Interessen der EU-Bürger gewahrt werden. Der Haushaltskontrollausschuss spielt dabei eine wesentliche Rolle. Jeder EU-Bürger hat ein Anrecht darauf, dass seine finanziellen Interessen gewahrt werden. Allerdings muss auch das Amt für Betrugsbekämpfung OLAF, unter Wahrung der Rechte von Betroffenen, Untersuchungen durchführen können.
Der angenommene Bericht war bis heute noch nicht im Internet abrufbar. Gerne schicke ich den Bericht aber per email zu.
Mit freundlichen Grüssen
Silvana Koch-Mehrin