Sehr geehrte Frau Launert, wie können Sie Ihre Zustimmung zusammen mit der AfD zum Zustrombegrenzungsgesetz mit Ihrem christlichen Glauben vereinbaren (Sie sind ja in der Christlich-Sozialen-Union)?

Sehr geehrter Herr P.
zunächst möchte ich eines klarstellen: Es gab keine Zusammenarbeit mit der AfD. Weder haben wir gemeinsam mit der AfD einen Gesetzentwurf eingebracht, noch gab es im Vorfeld Gespräche oder Absprachen. Wir haben lediglich unseren Gesetzentwurf, den wir allein ausgearbeitet haben und dessen Inhalte wir für richtig und dessen Umsetzung wir für dringend geboten halten, im Deutschen Bundestag zur Abstimmung gestellt. Den Entwurf haben wir im Übrigen bereits im Herbst letzten Jahres in den Bundestag eingebracht.
Wichtig ist zudem Folgendes: Unsere politische Arbeit kann und darf nicht davon abhängen, wie sich die AfD verhält. Sollen wir etwa sachlich notwendige Inhalte nicht mehr einbringen dürfen, nur aus Angst, dass die Falschen zustimmen könnten? Eine solche Abhängigkeit kann nicht gewollt sein. Viele derjenigen, die nun Kritik äußern, scheinen außerdem nicht zu wissen, was unser Gesetzentwurf tatsächlich fordert:
Zum einen wollen wir das Ziel der Begrenzung der Zuwanderung wieder ausdrücklich als übergeordnete Vorgabe für die Anwendung des Aufenthaltsgesetzes festlegen – eine Regelung, die bis Mitte November 2023 bereits im Gesetz stand, dann aber von der Ampel-Koalition kassiert wurde.
Darüber hinaus sollte die Bundespolizei eine eigene Zuständigkeit für aufenthaltsbeendende Maßnahmen erhalten und der Familiennachzug zu Personen mit subsidiärem Schutz bis auf Weiteres ausgesetzt werden. Die geplante Aussetzung des Familiennachzugs hatten wir im Übrigen mit der SPD bereits im Jahr 2016 beschlossen. Die Rechtmäßigkeit ist damals von niemandem in Zweifel gezogen worden. Gerade mit Blick auf die veränderten Umstände in Syrien und die aktuelle Prüfung der Lage vor Ort ist die Frage, ob es tatsächlich sinnvoll ist, zum jetzigen Zeitpunkt zusätzliche Personen aus diesen Gebieten aufzunehmen, durchaus berechtigt.
Da Sie in Ihrer Argumentation auf das Christentum und die daraus abgeleitete ethische Verantwortung Bezug nehmen, möchte ich ferner noch Folgendes anmerken: Ihnen ist der Unterschied zwischen Gesinnungsethik und Verantwortungsethik sicherlich bekannt. Verantwortungsethik bedeutet, dass Entscheidungen nicht nur aus einem moralischen Impuls heraus getroffen werden, sondern auch deren langfristige Folgen berücksichtigt werden müssen. Die derzeitige Migrations- und Flüchtlingspolitik führt, wie Umfragen deutlich zeigen, zu wachsender Ausländerfeindlichkeit, gesellschaftlicher Spaltung und dem Erstarken rechtspopulistischer Parteien.
Aus einer christlichen Verantwortungsethik heraus reicht es daher nicht, nur auf den Moment zu schauen und sich zu sagen: Weil ich jetzt diese oder jene Entscheidung treffe, handle ich moralisch richtig. Vielmehr bedeutet verantwortliches Handeln, auch die mittel- und langfristigen Konsequenzen der eigenen Entscheidungen zu bedenken – und in bestimmten Fällen nein zu sagen, wenn die Folgen mittel- und langfristig negative Auswirkungen hätten.
Zudem stellt sich die Frage, ob die Debatte über das richtige christliche Verhalten nicht eher denen zu stellen wäre, die derzeit unsere Wahlkämpfer bedrohen.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen meine Sichtweise nachvollziehbar darlegen.
Mit freundlichen Grüßen
Silke Launert