Die Mehrheit der Deutschen ist gegen die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern in die Ukraine. Wie werden Umfragen von der Politik berücksichtigt?
Sehr geehrte Frau Launert,
warum wurde erneut ein Antrag in den Bundestag eingebracht, Taurus zu liefern?
Laut dem Luftwaffenchef Ingo Gerhartz würden Taurus „den Krieg nicht ändern“.
Gibt es hier für den Bundestag eine Risikoanalyse? Zum Beispiel für den Fall, dass die Ukraine mit Hilfe aus Deutschland übermittelter Zieldaten, das Prestigeobjekt Krimbrücke oder russische Ministerien angreift?
Links:
https://www.allgaeuer-zeitung.de/welt/politik/umfrage-grosse-mehrheit-gegen-taurus-lieferung_arid-711046
https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/taurus-abhoer-affaere-bei-der-luftwaffe-was-bekannt-ist,T4Aq3no
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Herr G.,
Vielen Dank für Ihre Nachfrage! Die CDU/CSU-Fraktion des Bundestages und ich sprechen uns geschlossen weiterhin für die tatkräftige Unterstützung der demokratischen Werte in der von Russland angegriffenen Ukraine, sowie für deren fortwährende militärische Unterstützung zur Selbstverteidigung selbiger aus. Der zentrale Punkt ist die Selbstverteidigung der ukrainischen Bevölkerung für welche momentan akut Mangel an Munition herrscht. Abseits neuer Lieferungen bedarf es daher auch weiterer Munitionslieferungen. Es ist also klar: Die Ukraine soll weiter unsere verbindliche Unterstützung erhalten und auf diese mindestens im gleichen Rahmen vertrauen können.
Damit wird klar: Umfragen werden von den Kolleginnen und Kollegen im Deutschen Bundestag sehr ernst genommen. Und es werden auch Bürgerinnen und Bürger, die in der Minderheit sind mit ihrer Meinung gehört.
Wie Sie richtig schildern, spricht sich eine Mehrheit von 61 % in der Umfrage von YouGov bzw. ARD - Deutschlandtrend vom 07.03.2024 der Bürger gegen eine Lieferung des Marschflugkörpers Taurus aus, während nur 29% (-7 seit August 2023) dafür sprechen. Es ist anhand dieser Zahlen erschreckend zu beobachten, wie die Fehlinformationen zu derartigen Stimmwerten führen können. Bei der gleichen Umfrage begründen 62% der Befragten ihre Aussage, indem sie die Angst vor einer direkten Beteiligung Deutschlands oder deutscher Soldaten in der Ukraine benennen. Eine Angst, die durch Bundeskanzler Scholz noch geschürt wird, wenn Aussagen getroffen werden, die dies bekräftigen und ein Bild zeichnen, in welchem Deutschland durch die kontinuierliche Lieferung von Waffen an die Ukraine einen Kriegseintritt gegen Russland riskiert.
Diese Aussage ist jedoch zweifach falsch. Ein direktes Eingreifen Deutschlands wäre möglich, wenn einerseits das in Reichweite liegende Moskau und damit zivile Ziele durch Taurus oder die von Ihnen zu Recht aufgezeigte Krimbrücke getroffen werden könnten. Andererseits wenn deutsche Soldaten zur Bedienung des benötigten Waffensystems vor Ort wären. Denn die Taurus ähnlichen Marschflugkörper Scalp bzw. Storm Shadow von den britischen bzw. französischen Streitkräften kommen in der Ukraine schon lange Zeit zum Einsatz. Die betroffenen Streitkräfte programmieren besagte Marschflugkörper selbst, sodass nur ausgewählte Ziele getroffen werden können und sie erreichen dieses Ziel ohne Personal vor Ort zu haben. Zu Recht kommen daher Stimmen aus den Koalitionsparteien, wie beispielsweise von der Vize-Fraktionschefin der Grünen im Bundestag Agnieszka Brugger: "Niemand, der Taurus fordert, will, dass Deutschland zur Kriegspartei wird. Diesen Vorwurf weise ich zurück. Nach allem, was ich weiß, stimmt dieser Zusammenhang auch faktisch nicht." Oder auch von FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann: " Deutsche Soldaten werden für Taurus NICHT auf ukrainischem Boden benötigt. Die Behauptung des Bundeskanzlers ist falsch." Die Umfragewerte sind somit nicht unbeeinflusst von schlicht falschen Informationen.