Frage an Siegmund Ehrmann von Matthias E. bezüglich Kultur
Sehr geehrter Herr Ehrmann,
mit Interesse verfolge ich die Pläne, die Gesetzgebung zu ändern, die den Handel mit Kulturgütern, also auch mit Münzen, Briefmarken und anderen Sammelgegenständen regelt.
Das geplante neue Kulturgutschutzgesetz droht uns Münzsammlern, aber auch allen anderen Sammlern mit starken Einschränkungen, da für alle Sammlungsgegenstände, die älter als 100 Jahre sind, hohe bürokratische Hürden eingefordert werden, die praktisch für kein Stück erbracht werden können. Der härteste Einschnitt ist ein geplanter Provenienznachweis über 20 oder gar 30 Jahre, der rückwirkend für alle Sammlungsgegenstände gefordert werden soll.
Gerade bei Münzen ist es illusorisch auf einem Stammbaum zu bestehen, Münzen sind seit fast 2500 Jahren als Gebrauchs- und Kommunikationsmittel eingesetzt worden und von jeher überall dort anzufinden gewesen, wo gekauft und verkauft wurde. Ein Beispiel : Ein Hamburger Kaufmann in der Mitte des 19. Kahrhunderts, der Korn aus Russland kaufen wollte, liess sich die dafür notwendigen Goldmünzen in der dänischen Münze in Altona prägen. Von Russland aus wanderten die Münzen weiter, vielleicht nach Deutschland oder nach England, überall dorthin, wo man Geld einsetzen musste. Ebenso war der englische Sovereign oder das französische Zwanzigfrankenstück vor 1871 die gewöhnlichste Handelsmünze in Deutschland, dem " Tummelplatz der fremden Münzen ". Eine Münze gehört also nicht einem Land, sondern allen. Solche in Massen angefertigten Gebrauchsgegenstände können in den wenigsten Fällen einzigartig und von nationaler Bedeutung sein.
Die namhafte Numimatikerin Frau Dr. Kampmannhat eine online-Petition gegen den Entwurf eingerichtet:
Ich möchte Sie gern fragen, wie Sie ein Gesetzesvorhaben beurteilen,dass dramatische Einschnitte in das Privatleben tausender Bürger bedeuten kann und , da es rückwirkende Kraft erhalten soll von fragwürdigen Charakter ist.
Mit freundlichen Grüssen,
Matthias Engel
Sehr geehrter Herr Engel,
haben Sie vielen Dank für Ihre Frage zur Novellierung des Kulturgutschutz in Deutschland.
Die Fraktionen der CDU/CSU und SPD haben sich im Koalitionsvertrag dazu verpflichtet ein einheitliches und kohärentes Gesetz zu schaffen, welches Kulturgut in Deutschland maßgeblich stärkt. Der Gesetzentwurf, so viel wissen wir schon, umfasst verbesserte Einfuhr- und Ausfuhrbestimmungen, um deutsches Kulturgut besser vor Abwanderung ins Ausland zu Schützen und um unrechtmäßig verbrachtes Kulturgut anderer Staaten effektiver an diese zurückzugeben.
Der Gesetzesentwurf wird aller Voraussicht nach auch eine Dimension zu Sorgfaltspflichten für den Handel mit Kulturgütern beinhalten. Dies soll sowohl die Position des Verbrauchers stärken, als auch Rechtssicherheit für den Handel schaffen. So scheint es nicht sinnvoll, den Erwerber von Kulturgut - insbesondere dann, wenn er als Verbraucher auftritt - einseitig mit Sorgfaltsanforderungen zu belasten, sondern diese auf den fachkundigen Verkäufer auszudehnen. Dieser weiß in der Regel sehr viel besser, wo das fragliche Kulturgut herkommt und kann Angaben über Echtheit, Wert und Provenienz geben. Ein Käufer muss sicher gehen können, dass der Gegenstand, den er erwirbt, nicht unrechtmäßig aus einem anderen Staat ausgeführt wurde, nicht gestohlen oder sonst wie abhandengekommen ist. Angaben zur Herkunft und Provenienz sind bereits jetzt nach EU-Recht bei Beantragung der Ausfuhrgenehmigung nach Verordnung (EG) Nr. 116/2009 erforderlich. Ein solcher allgemeiner Sorgfaltsmaßstab gilt beispielsweise in der Schweiz seit 2005 mit Inkrafttreten des Kulturgütertransfergesetzes.
Hierbei gilt es aber auch den Besonderheiten bestimmter Gattungen von Kulturgut im Blick zu behalten: So bin ich mir der von Ihnen beschriebenen Besonderheiten der Eigenschaften von Münzen als Sammelobjekte sehr bewusst. Aus diesem Grund bin ich bereits mit verschiedenen Numismatikerverbänden im Gespräch und werde mit diesen im September auch persönlich zusammentreffen. Ich bin zuversichtlich, dass es hierbei gelingen wird die Bedenken auszuräumen und etwaige Lücken in dem noch vorzulegenden Gesetzesentwurf zu schließen. Dabei bin ich fest davon überzeugt, dass es nicht zu denen, von Ihnen befürchteten, dramatische Einschnitte in das Privatleben tausender Bürger kommen wird.
Zum zeitlichen Verlauf der Gesetzesinitiative:
Aktuell erarbeitet die Bundesregierung einen Gesetzesentwurf, der vermutlich noch im 3. Quartal diesen Jahres dem Kabinett vorgelegt wird und danach dem parlamentarische Verfahren überstellt wird. Im Laufe dieses Verfahrens wird es eine Anhörung im Fachausschuss für Kultur und Medien geben, bei welcher auch die Sammler zu Wort kommen werden. Erst nach diesem Gespräch wird der Bundestag über das Gesetz abstimmen, welches dann Anfang 2016 in Kraft treten soll.
Mit freundlichen Grüßen nach Norwegen,
Siegmund Ehrmann, MdB