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Frage von Hannelore B. •

Frage an Siegmund Ehrmann von Hannelore B. bezüglich Soziale Sicherung

Seit dem 1. Mai bin ich Rentnerin. Mir wurde aus einer durch Gehaltsumwandlung (mit monatlichen Beiträgen) finanzierte LV eine Kapitalleistung in Höhe von € 17.129,32 (incl. Überschussbeteiligung) ausgezahlt. Durch die monatliche Zahlweise ist diese Leistung zum größten Teil aus dem Nettoghalt finanziert worden; Laufzeit von 5/98 bis 4/2010. Nun rechnet die KV nach Gesetzeslage nach § 229 etc. mit § 226 des Sozialgesetzbuches folgendes: Kapitalleistung durch 120 macht € 142,74 monatl. - gesetzliche Geringfügigkeitsgrenze € 127,75 - Differenz 14,99 - dafür zahle ich nun einen Extrabeitrag in Höhe von 24,05 monatlich.

Als Geringfügigkeitsjobber mit einem Einkommen von € 400 würde ich keinen zusätzlichen Krankenkassenbeitrag leisten. Als Bezieher einer Kapitalleistung durch Gehaltsumwandlung (sprich Verzicht und vorsorgende Leistung für mein Rentenalter) bestraft mich der Staat und sagt Geringfügigkeitsgrenze überschritten- nun werden 15,85 % für die Kranken- u. Pflegeversicherung auf die volle monatliche Leistung fällig.

Meine Frage: wie passt das zusammen? € 400 versischerungsfrei als Minijobber und € 142,74 zum vollen KV Satz plus Pflegeversicherung zahlungspflichtig? Abgesehen einmal davon, daß meine Beiträge überwiegend aus dem Nettogehalt, sprich aus bereits versichertem Einkommen, bestritten wurden.

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau Berger,

gerne erläutere ich Ihnen den Zusammenhang, warum Ihre Versorgungsbezüge nach § 229 SGB V beitragspflichtig sind.

In der gesetzlichen Krankenversicherung haben Rentnerinnen und Rentner grundsätzlich solche Beiträge zu zahlen, die ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit entsprechen. So sind neben den Beiträgen aus den Renten der gesetzlichen Rentenversicherung u. a. auch für "der Rente vergleichbare Einnahmen" (Versorgungsbezüge), die auf das frühere Beschäftigungsverhältnis zurückzuführen sind, Krankenversicherungsbeiträge zu entrichten. Darunter fallen insbesondere auch Betriebsrenten (§§ 237, 229 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch). Die von Ihnen angesprochene Direktversicherung ist eine Form der betrieblichen Alters­vorsorge, bei der über den Arbeitgeber eine Versicherung bei einem Versicherungsunterneh­men abgeschlossen wird. Das Kapital wird in der Regel in Form einer Entgeltumwandlung gebildet; es gibt Formen mit und ohne Arbeitgeberzuschuss.

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. Urteile vom 13. September 2006 - AZ: B 12 KR 1/06 R und B 12 KR 5/06 R -) ist es für die Beitragspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht ausschlaggebend, wer die Leistungen im Ergebnis finanziert hat. Selbst ein (formaler) Bezug zum Arbeitsleben, d. h. unabhängig davon, ob ein Arbeitgeberzu­schuss gezahlt wurde oder nicht, reicht aus, um eine Beitragspflicht zur gesetzlichen Kranken­versicherung zu begründen.

Dies gilt seit dem 1. Januar 2004 für laufende und einmalig gezahlte Betriebsrenten gleichermaßen.

Hintergrund der Regelung ist folgender: Vor 2004 waren auf einmalig gezahlte Betriebsrenten keine Beiträge zur Krankenversicherung zu zahlen. Laufende Versorgungsbezüge waren dagegen schon vor 2004 beitragspflichtig. Diese nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung hat der Deutsche Bundestag durch das GKV-Modernisierungsgesetz zum 1.1. 2004 beseitigt. Die gesetzliche Regelung sieht seither vor, dass auch bei einer einmaligen Zahlung Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung anfallen. Dabei wird eine Streckung des Gesamtbetrages auf zehn Jahre berechnet. Ohne diese „Zehnjahresstreckung“ würde die Beitragsbemessungsgrenze greifen und weitere Ungerechtigkeiten gegenüber laufenden Betriebsrenten begründet werden. In Ihrem Fall ergibt sich aus der Streckung von 17.129,32 Euro auf zehn Jahre ein Betrag von 142,74 Euro. Auf dieser Grundlage werden die Beiträge ermittelt.

Der Bezug zu einem so genannten Minijob ist insofern unzutreffend, als dass es sich bei Ihren Einkünften um eine Höhe von insgesamt 17.129, 32 Euro handelt und damit die vorgesehen Grenze weit übersteigt. Dabei ist es nicht relevant, ob diese Einkünfte zur Beitragsberechnung auf zehn Jahre gestreckt werden.

Versorgungsbezüge werden in der Regel auch mit dem Nettogehalt angespart. Auch aus der Rente werden Krankenversicherungsbeiträge erhoben, obwohl der Arbeitnehmer in der Ansparphase aus dem Arbeitsentgelt auch schon Krankenversicherungsbeiträge zu zahlen hatte. Hierzu hat das Bundessozialgericht festgestellt, dass Renten der gesetzlichen Rentenversicherung selbst dann beitragspflichtig sind, wenn sie allein auf freiwilligen Beiträgen beruhen und der Rentner niemals eine Berufstätigkeit ausgeübt hat. Letztlich können für die Beitragspflicht von Versorgungsbezügen keine anderen Grundsätze gelten. Der Beitragspflicht, die die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der einzelnen Beitragszahler berücksichtigt, steht als Gegenleistung der Bestand des Versicherungsschutzes in der gesetzlichen Krankenversicherung gegenüber. Das Beitragsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung beruht auf dem Solidarausgleich zwischen sozial schwächeren und sozial stärkeren Mitgliedern. Die Versicherten sind im Rahmen des Solidaritätsprinzips an der Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung beteiligt und erhalten hierfür den umfassenden Krankenversicherungsschutz.

Mir ist bewusst, dass solche Argumente schwer nachvollziehbar sind, wenn es um persönliche finanzielle Nachteile geht. Ich hoffe dennoch auf Ihr Verständnis.

Herzliche Grüße
Siegmund Ehrmann, MdB