Frage an Siegfried Schlosser von Eric M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Hallo Herr Schlosser,
mal ein anderes Thema:
Piraten sind ja dafür bekannt, daß sie ihren Denkapparat nicht mit dem Hut an der Gardegrobe des Reichstags abgeben, sondern gesunden Menschenverstand und "Bürgersinn" in Diskussionen einbringen. Bio-Diversität in diesem Sinne war wohl auch, was sich die Gestalter dieser Republik gedacht haben mögen, als sie dem Parlament 600 Sitzplätze schenkten.
Demnächst haben wir am gleichen Ort 660 fraktionsgezwungene Leerräume sitzen bei spürbar gesunkender Qualität des Rechts und blinder Regelungswut (übrigens sicher auch ein Grund für Verdrossenheit und mithin Wahlmüdigkeit - der heute erschienene Spiegel ist da bedauerlicherweise viel zu oberflächlich).
Können Sie sich unter dem Stichwort "schlanker Staat" auch vorstellen, diese Ver-rücktheiten helfen zu richten?
Ich wünsche Ihnen interessante Gespräche bis zum Sonntag.
PS: Gibt es eigentlich irgendwo eine Liste Ihrer täglichen Strassenstände oder machen Sie nur virtuell Wahlkampf?
Sehr geehrter Herr Mommsen!
Auf Ihre Frage gibts eine kurze und eine lange Antwort. Die kurze ist: Ja.
Die lange ist: ja, selbstverständlich, wobei einige Aspekte zu beachten sind, die möglicherweise gar nicht so offensichtlich sind: Die Bundestagsabgeordneten sollen die Bevölkerung abbilden. Daher ist darauf zu achten, daß jede/r Abgeordnete in etwa die selbe Anzahl Einwohner vertritt. Außerdem sollen sich die politischen Verhältnisse, also die jeweiligen politischen Richtungen, annähernd im Bundestag wiederfinden. Das Widerstreiten dieser Anforderungen führt dazu, daß das Bundesgebiet derzeit in 299 Wahlkreise eingeteilt ist, von denen jeder durch eine/n Wahlkreisabgeordnete/n vertreten ist. Dazu kommt die selbe Anzahl an Abgeordneten, die über die Landeslisten der Parteien gewählt werden. Daher hat unser Bundestag eine "Sollstärke" von 598 Abgeordneten.
Die direkt gewählten Abgeordneten vertreten also im Schnitt 267.000 Einwohner, die über die Listen gewählten die Einwohner des jeweiligen Landes entsprechend.
Wenn man die Anzahl der Abgeordneten verringern will, muß man eine Regelung finden, die eine entsprechende Vertretung darstellt. Ein Weg wäre der Wegfall der Landeslisten (oder, möglich aber selten, der Bundesliste einer Partei). Das würde die Zahl der Abgeordneten auf einen Schlag halbieren.
Ein anderer Weg wäre, die Anzahl der Wahlkreise zu verringern, beispielsweise auf 150, und die Anzahl der Abgeordneten, die über Listen gewählt werden, entsprechend anzupassen. Hie würde aber dann ein Wahlkreisabgeordneter für ca. 520.000 Einwohner zuständig sein, was deutlich mehr Aufwand ist.
Ich hoffe, ich konnte verständlich machen, daß die Idee der Verkleinerung des Bundestages Charme hat, aber einiges an Überlegungen braucht (nicht zu vergessen: die jetzigen Abgeordneten werden sicher was dagegen haben...).
Meine Straßen-Stände kündige ich nicht an, da diese immer sehr kurzfristig entschieden werden (u.A. auch vom Wetter abhängig :-) ). Sie können mich aber vor der Wahl noch auf 3 festen Veranstaltungen aufsuchen: am 18.09. ab 19:30 im Saray, Uhlandstr 142 in Wilmersdorf, am 20.09. ab 14 Uhr beim Tag des Ehrenamts in der Wilmersdorfer Str. und am 21.09. ab ca. 10 Uhr ebenfalls in der Wilmersdorfer zum Wahlkampfabschluß.
Mit freundlichen Grüßen
S. Schlosser
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