Frage an Siegfried Lehmann von Henrik O. bezüglich Jugend
Sehr geehrter Herr Lehmann,
wie beurteilen Sie die Auswirkungen der 2-Meter-Regel - die es Radfahrern in Baden-Württemberg verbietet, auf Wegen unter 2-Meter Breite zu fahren - auf die Jugendarbeit der Radsportvereine?
Meiner Erfahrung nach hat die Regel zwei negative Auswirkungen:
- Jugendliche wenden sich von den Vereinen ab, wenn sich das Training nur auf geschotterten Forststraßen abspielt, da diese Form weder die Begeisterung für den Sport weckt, noch den fahr-technischen Anforderungen der MTB-Rennen gerecht wird
- ehrenamtlich tätige Trainer bewegen sich auf rechtlich äußerst kritischem Terrain, wenn sie ein begeisterndes und fahr-technisch anspruchsvolles Training auf den entsprechenden Wegen anbieten
Ich finde das sehr traurig, zumal die 2-Meter-Regel in der Praxis nicht begründet ist (es liegen Studien vor, die weder Wegschäden noch Konflikte mit Fußgängern bestätigen), kaum durchsetzbar ist und flächendeckend sowohl von der Obrigkeit als auch von den individuellen Radfahrern ignoriert wird. Letzteres können die Vereine schon aleine aus Versicherungs-technischen Gründen nicht.
Bitte machen Sie sich für eine Abschaffung der 2-Meter-Regel und eine Änderung des Waldgesetzes stark!
Mit freundlichen Grüßen
H. Ocken
P.S.: Und bitte kopieren Sie nicht einfach nur den Standard-Text Ihrer Partei-Kollegen in die Antwort. Die Aufgabe, unsere Jugend für Sport und Natur zu begeistern, hat mehr Aufmerksamkeit verdient.
Sehr geehrter Herr Ocken,
aus eigener und langjähriger, negativer Erfahrung als Wanderer (Beinahe Unfällen und z.T. Kollisionen von Mountainbiker mit Wanderer) halte ich eine Mindestbreite der Waldwege für eine gemeinsame Benutzung (Rad und Wanderer) oder eine klare Ausweisung von extra Mountainbikestrecken für zwingend erforderlich. Da der Mountainbikesport besonders im unübersichtlichen und topographisch anspruchsvollen Waldgebieten (dies ist der Regelfall) aufgrund der doch beachtlichen Fahrgeschwindigkeit zu einer erheblichen Gefährdung von Wanderern führt, ist eine Regulierung der Wegenutzung schon aus Gründen des präventiven Gesundheitsschutzes notwendig.
Es müsste doch auch im Interesse der Jugendarbeit der Radsportvereine sein, dass möglichst Konflikte mit und Gesundheitsgefährdungen von Wanderern und Spaziergängern im Wald vermieden werden. Unterschiedliche Geschwindigkeiten, Bewegungsprofile und Reaktionsvermögen bei Begegnungen von Wanderern und Mountainbikern auf engen und unübersichtlichen Waldwegen führen zwangsläufig zu einem hohen Sicherheitsrisiko. In der Vergangenheit kam es - wie eine Recherche der Stuttgarter Nachrichten vom 15.07.2010 für den Großraum Stuttgart beispielhaft belegt - immer wieder zu teils schweren, in mehreren Fällen sogar tödlichen Unfällen mit Radfahrern auf Waldwegen.
Zur freien und unbeschwerten Ausübung Ihres Sports bedarf es daher der Ausweisung von sogenannte Singletrails, für die die Forstbehörde nach § 37 Abs. 3 S. 3 Landeswaldgesetz eine Ausnahmegenehmigung zulassen kann. Nur so lassen sich die berechtigten Interessen des Mountainbikesports mit den Sicherheitsinteressen der Wanderer in Einklang bringen.
Die Regelung im §37 Waldgesetz wurde nach intensiver Diskussion in der Novellierung des Landeswaldgesetzes 1995 einstimmig beschlossen. Der Gesetzgeber schützt hier die schwächeren „Verkehrsteilnehmer“ und bietet Rechtsklarheit, insbesondere was die Haftung nach Unfällen angeht.
Die bestehende 2-Meter-Regelung im Waldgesetz hat sich bewährt und hat bei Waldbesitzern und Waldbesuchern einen hohen Bekanntheitsgrad. Mit der Möglichkeit, Ausnahmen zuzulassen, ist eine flexible Handhabung überall dort möglich, wo eine Entflechtung des Besucherverkehrs angestrebt wird oder das Unfallrisiko gering ist.
Mit freundlichen Grüßen
Siegfried Lehmann