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Siegfried Kauder
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Frage von Volker R. •

Frage an Siegfried Kauder von Volker R. bezüglich Verkehr

Sehr geehrter Herr Kauder,

ich hatte Sie bereits am 13.05.2008 angeschrieben aber leider habe ich keine Antwort erhalten! - Insoweit darf ich meine Fragstellungen zur Bahnprivatisierung auf diesem Wege wiederholen:

1. Welche langfristigen verkehrspolitischen Konzepte bestehen in Deutschland?
a. Wie ordnet sich die Teilprivatisierung der Konzernsparten Personenverkehr, Gütertransport und Logistik der DB AG den langfristigen verkehrspolitischen Konzeption unter?
b. Welche volkswirtschaftlichen Risiken entstehen durch die Teilprivatisierung im Hinblick auf die Umsetzbarkeit dieser langfristiger verkehrpolitischen Konzepte.

2. Welchen volkswirtschaftlichen (langfristigen) Nutzen hat eine Teilprivatisierung der Konzernsparten Personenverkehr, Gütertransport und Logistik in Deutschland?
a. Wie wird sichergestellt, dass der Verkehrsträger Schiene unter Berücksichtigung ökonomischer und ökologischer Gesichtspunkte zukunftsfähig weiterentwickelt werden kann?
b. Wie wird sichergestellt, dass die Leistungsfähigkeit des Verkehrsträgers Schiene durch Wettbewerb erhöht wird?
c. Welche Belastungen entstehen aus der Trennung von Betrieb und Netz langfristig für den Bundeshaushalt.

3. Wie stellt der Bund sicher, dass er seinen Grundgesetz-Auftrag gem. Art. 87e Abs. 4 GG erfüllen kann?

4. Wie stellt der Bund als Mehrheitseigentümer sicher, dass die bereits bestehenden Überschneidungen des Logistikgeschäfts der Deutschen Post AG (DHL) und der DB AG nicht zu einer Schwächung der Wettbewerbsposition beider Unternehmen führen und in der Konsequenz zu einer Schmälerung des Gewinnanteils für den Bund?

5. Welche konkreten Vorteile entstehen für den einzelnen Bürger aus einer Teilprivatisierung der der Konzernsparten Personenverkehr, Gütertransport und Logistik der DB AG und welche Nachteile hat er zu erwarten?

und

6. Wenn eine Teilprivatisierung der DB AG nicht im Interesse der Bürger dieses Landes liegen kann,- in wessen Interesse liegt sie dann?

Gruß

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Rockel,

vielen Dank für Ihre Anfrage über abgeordnetenwatch.de vom 7. Juli 2008 zum Thema Bahnprivatisierung.

Zu 1)
Die Bundesregierung verfolgt eine nachhaltige Verkehrspolitik. Die hohe Mobilität in unserem Land ist eine Voraussetzung für Wohlstand und Fortschritt in Deutschland. Zur Sicherung dieser Mobilität heute und in der Zukunft muss sich eine nachhaltige Verkehrspolitik an den Koordinaten von Umwelt- und Klimafreundlichkeit, sozialer Verantwortlichkeit und wirtschaftlicher Effizienz orientieren. Dazu hat sich die Bundesregierung verschiedene Ziele gesetzt, die Sie auf der Homepage des Bundesverkehrsministeriums

www.bmvbs.de

unter dem Stichwort „Verkehrspolitik“ nachlesen können.
Um das Ziel einer weiteren Verlagerung des Verkehrsaufkommens auf die Schiene zu erreichen, brauchen wir eine leistungsfähige und moderne Schienenverkehrs­infrastruktur und leistungsstarke Verkehrsinfrastruktur­unternehmen. Die Teilprivati­sierung der Deutschen Bahn AG (DB AG) ist in diesem Zusammenhang ein wichtiges Reformvorhaben, damit der Verkehrsträger Schiene seine bedeutende Rolle in einer integrierten Verkehrspolitik spielen kann.

Zu 2)
Mit der Teilprivatisierung soll die Eigenkapitalbasis der DB AG gestärkt werden, damit sie sich den Herausforderungen des europäischen Schienen­verkehrs­marktes erfolgreich stellen kann. Ziel ist es, weiteres Wachstum des Schienenverkehrs zu erreichen. Durch die Beteiligung Dritter soll zusätzliches Kapital gewonnen werden, um das Schienennetz zu modernisieren, Kapazitätsengpässe zu beseitigen, Lärmsanierungen zu intensivieren und die Sanierung von Bahnhöfen voranzutreiben. Ein Teil des Privatisierungserlöses fließt in den Bundeshaushalt. Darüber hinaus verbindet die Koalition mit der Teilprivatisierung der DB AG und den damit zusammenhängenden finanziellen Handlungs­möglichkeiten die Erwartung einer Steigerung der Attraktivität des Bahnverkehrs. Diese Attraktivitätssteigerung ist eine grundlegende Voraussetzung für die angestrebte Verlagerung künftiger Verkehrszuwächse auf die Schiene. Dies gilt sowohl für den Personenverkehr als auch insbesondere für den stark anwachsenden Güterverkehr. Gerade für den Lkw-Verkehr wird bis zum Jahr 2025 ein Zuwachs von ca. 84 % prognostiziert. Angesichts des enormen Verkehrswachstums ist daher eine leistungsfähige Bahn von essentieller Bedeutung.
Durch eine Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung werden Regelungen zu Qualitätsparametern und zur Berichtspflichten an das Parlament vertraglich vereinbart.

Zu 3)
Der Bund bleibt zu 100 % Eigentümer der DB AG. Da die Eisenbahninfrastruktur­unternehmen vollständig im Eigentum der bundeseigenen DB AG Holding bleiben, erhalten Private keinerlei Einflussmöglichkeiten auf die Infrastruktur. In einem Beteiligungsvertrag des Bundes mit der DB AG, in dem die neue Struktur der Bahn geregelt wird, wird der Bund auch auf seine grundgesetzlichen Verpflichtung aus Art. 87e GG zum Ausbau und Erhalt des Schienennetzes der Eisenbahnen des Bundes sowie bei deren Verkehrsangeboten auf diesem Schienennetz Bezug nehmen. Derzeit nimmt der Bund die staatliche Infrastrukturverantwortung durch die Finanzierung der Netzinvestitionen in Höhe von bis zu 4 Milliarden Euro pro Haushaltsjahr wahr. Der Erlös aus der Teilprivatisierung versetzt den Bund in die Lage, stärker als bisher direkt in die Schieneninfrastruktur zu investieren und das Schienennetz zu optimieren.

Zu 4)
Wettbewerb belebt das Geschäft. Dies gilt auch für Unternehmen, die sich im Besitz des Bundes befinden. Die Logistikunternehmen, die die DB AG in den letzten Jahren gekauft hat, haben mit dem deutschen Schienenverkehr jedoch nichts zu tun. Für das Unternehmen mag dies ein wichtiger Aspekt auf dem globalen Markt sein. Es ist jedoch nicht Aufgabe des deutschen Staates und des Steuerzahlers, das damit verbundene unternehmerische Risiko zu tragen.

Zu 5)
Mit der Bahnreform verbunden ist die konsequente unternehmerische Ausrichtung der DB AG. Damit verbunden ist die Orientierung am Kunden. Um diesen eingeschlagenen Weg zum Wohle des Kunden weiterzuentwickeln, ist eine stärkere Wettbewerbsausrichtung erforderlich. Diese wird durch die Teilprivatisierung ermöglicht. Die Bahnkunden werden von geringeren Kosten des Systems Schiene und den Investitionen in ein attraktives Angebot profitieren. Die Kunden im Logistik­bereich werden vom weiteren Ausbau des weltweiten Logistiknetzes profitieren. Auch die mit den Erlösen möglich werdenden Investitionen in Netz, Bahnhöfe, Lärmschutz und Technik werden den Bahnkunden und den lärmgeplagten Bürgern zugute kommen.

Mit freundlichen Grüßen

Siegfried Kauder, MdB