Frage an Siegfried Kauder von Roland F. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Kauder,
mit Sorge sehe ich, dass aggressive Elemente der Glaubensgemeinschaft des ISLAM nunmehr auch in Deutschland und wie folgt sogar durch eine unverständliche Gesetzgebung und Rechtsprechung unterstützt werden, mit der Folge, dass sich ein Gefühl der Unsicherheit breit macht.
Neuestes Beispiel:
In der WELT online vom 25.6. wurde sinngemäss veröffentlicht, dass aufgrund eines Gesetzes der EX-Rot-Grünen-Regierung der BGH nunmehr in einem Grundsatzurteil entschieden habe, dass der Aufruf zum Dschihad also der Aufruf zum Mord an Ungläubigen straflos sei.
Das bedeutet de facto, dass jeder Mullah, dessen Richtlinien kraft seiner religiösen Autorität durch den Gläubigen zu befolgen sind, zum Mord an den deutschen und anderen Mitbürgern aufrufen darf, ohne Sanktionen befürchten zu müssen. Nur der dumme indoktrinierte und aufgehetzte Täter, der dieser absoluten Autorität folgt ist der Dumme und natürlich diejenigen, die Opfer der Anschläge etc. werden.
Dies ist nicht nur meiner Meinung nach dem Volke nicht mehr nahezubringen.
Hat Deutschland in der Vergangenheit nicht genügend Erfahrungen mit Hetzern und Verhetzten?
Gilt Volksverhetzung nur gegenüber rechtem Gedankengut?
Nachdem der Damm nun durch das o.g. Urteil gebrochen wurde, wer will es anderen Religionen oder Weltanschauungsgemeinschaften zwecks Verteidigung ihres Glaubens oder Weltanschaung verwehren, nun auch zu einem gerechten Krieg in Namen der eigenen Verteidigung aufzurufen. Jeder der verbal angegriffen wurde, darf nunmehr auch in gleichem Masse verbal attackieren.
Nachdem Politik und Rechtsprechung in der Vergangenheit vom Bürger mitleidig belächelte Aussagen oder Entscheidungen getroffen haben, sorgt nunmehr die Qualität und Konsequenz obiger oder ähnlicher Entscheidungen für böses Blut.
Ich wäre sehr interessiert Ihre Meinung in dieser Angelegenheit zu hören. Für ein Rückmail wäre ich Ihnen dankbar,
Roland Fath
Sehr geehrter Herr Fath,
vielen herzlichen Dank für Ihre Frage vom 31. Mai 2007, die mich über www.abgeordnetenwatch.de erreicht hat. Darin gehen Sie auf den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 16. Mai 2007 (AK 6/07 und StB 3/07) ein, wonach eine Tathandlung, die sich als Werben um Mitglieder oder Unterstützer einer terroristischen Vereinigung darstellt, grundsätzlich keine Unterstützung dieser Vereinigung ist. Nachdem ich Ihre Nachricht gelesen hatte, habe ich erst einmal die Gesetzgebungsmaterialien gesichtet.
Wie Sie vielleicht wissen, bin ich für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion als Mitglied des Rechtsausschusses für den Bereich des Strafrechts zuständig. Mit der von Ihnen genannten Entscheidung ist nun das eingetreten, wovor die CDU/CSU-Fraktion im damaligen Gesetzgebungsverfahren zur Neufassung des § 129a StGB gewarnt hat. In einem von uns initiierten Antrag haben wir ausgeführt:
"Die von der Regierungskoalition mit der Neufassung des § 129a StGB vorgenommene weitgehende Entkriminalisierung der Werbung für terroristische Vereinigungen durch Beschränkung der Strafbarkeit auf die reine Mitglieder- und Unterstützerwerbung geht sogar in die entgegengesetzte Richtung und führt dazu, dass geistige Brandstifter ungeschoren davonkommen."
Daher haben wir die damalige rot-grüne Bundesregierung aufgefordert, der weitgehenden Entkriminalisierung der Werbung für terroristische Vereinigungen ein Ende zu setzen und in dieser Hinsicht die alte Fassung des § 129a StGB wiederherzustellen, die sämtliche Handlungen mit werbend auffordernder Tendenz erfasste, die auf die Stärkung oder die Unterstützung einer bestimmten Vereinigung angelegt sind (siehe BT-Drs. 15/540). Dieser Antrag wurde mit den Stimmen der Fraktionen SPD, B90/Die Grünen und FDP abgelehnt (siehe Beschlussempfehlung und Bericht auf BT-Drs. 15/1730).
Die ursprüngliche Fassung des § 129a StGB lautete in der Fassung bis zum 29. August 2002: "Wer eine in Absatz 1 bezeichnete Vereinigung unterstützt oder für sie wirbt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft."
Mit der vorgenommenen Änderung der Vorschrift wollte der Gesetzgeber eine klarere Eingrenzung des Tatbestandsmerkmals des Werbens erreichen und hat damit meines Erachtens das Kind mit dem Bade ausgeschüttet, indem nunmehr nämlich die so genannte reine Sympathiewerbung nicht mehr strafbar ist. Insofern konnte der Bundesgerichtshof bei Anwendung des Gesetzes zu keiner anderen Entscheidung kommen, da er an den eindeutigen Willen des Gesetzgebers gebunden war. Die damalige Mehrheit im Deutschen Bundestag wollte, dass § 129a Absatz 5 nur das Werben um Mitglieder oder Unterstützer für eine terroristische Vereinigung erfasst. Hingegen sollten alle Handlungen, die sich in einem Werben für die Ideologie und die Ziele einer terroristischen Vereinigung erschöpfen, nicht mehr strafbar sein.
Ich werde diese Thematik mit meinen Kolleginnen und Kollegen der Arbeitsgemeinschaft Recht der CDU/CSU-Bundestagsfraktion diskutieren und prüfen, ob sich - auch im Lichte der Entscheidung des Bundesgerichtshofs - gesetzgeberischer Handlungsbedarf ergibt.
Mit freundlichen Grüßen
Siegfried Kauder