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Frage von Heinz H. •

Frage an Siegfried Kauder von Heinz H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Kauder,

Deutschland hat die UN-Konvention gegen Korruption zusammen mit nur ganz wenigen anderen Ländern wie z.B. Syrien, Saudi-Arabien und dem Sudan immer noch nicht ratifiziert und befindet sich nach Aussage von Bundestagspräsident Lammert damit "in schwieriger Gesellschaft". Auch der frühere Finanzminister Waigel spricht sich für dieses Gesetz gegen Abgeordnetenbestechung aus.

Sie sind jedoch nicht für die Ratifizierung dieses Gesetzes. Ihr Statement dazu in einem kurzen Interview hat mich nicht überzeugt. Könnten Sie mir bitte Ihre tatsächlichen Gründe für Ihre ablehnende Haltung nennen?

Ein Schreiben von über dreißig Vorstandsvorsitzenden deutscher Großunternehmen zeigt, wie dringend und notwendig die Neuregelung des Straftatbestandes der Abgeordnetenbestechung ist.

Insbesondere Vereinbarungen gegen Korruption mit ausländischen Geschäftspartnern werden erheblich behindert, solange deutsche Unternehmen sich vorhalten lassen müssen, ihr Land verweigere die Ratifizierung der UN-Konvention gegen Korruption. Die Abgeordneten, die diese Konvention ablehnen schaden nicht nur dem Ansehen Deutschlands, dem Ansehen des Parlamentes, sondern auch der deutschen Exportwirtschaft.

Ich bin gespannt auf Ihre Antwort und verbleibe mit freundlichen Grüßen
Heinz Heckele

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Sehr geehrter Herr Heckele,

Es stimmt: Deutschland hat die UN-Konvention zur Korruptionsbekämpfung zwar unterzeichnet, aber noch nicht ratifiziert. Aber davon abgesehen steht Deutschland im Kampf gegen Korruption besser da als manche Staaten, die den Vertrag ratifiziert, aber noch nicht umgesetzt haben. Deutschland erfüllt nämlich mit Ausnahme der Verschärfung des bereits bestehenden Straftatbestands des § 108e Strafgesetzbuch sämtliche Forderungen der UN-Konvention zur Korruptionsbekämpfung.

Das Thema ist insgesamt viel komplizierter, als es auf den ersten Blick aussieht. Die Ratifizierung des UN-Übereinkommens gegen Korruption ist aus Sicht der der deutschen Rechtsordnung deshalb so problematisch, weil gewählte Abgeordnete darin mit weisungsgebundenen Beamten gleichgesetzt werden. Unser Rechtssystem unterscheidet jedoch deutlich zwischen Mandats- und Amtsträgern.

Abgeordnete üben keine Amts- und Diensthandlungen aus. Sie sind nach dem Grundgesetz bei der Ausübung ihres Mandats allein ihrem Gewissen unterworfen und den Wählern gegenüber verantwortlich. Dieser Grundsatz des freien Mandats ist elementarer Bestandteil unserer parlamentarischen Demokratie.

Die wichtigsten Handlungen eines Abgeordneten in der Demokratie sind Abstimmungen und Wahlen im Parlament. Der Kauf oder Verkauf von Stimmen bei genau solchen Abstimmungen und Wahlen ist in Deutschland eine Straftat. Dies ist durch die Vorschrift des § 108e im Strafgesetzbuch (Abgeordnetenbestechung) geregelt.

Bei den eingebrachten Vorschläge der Fraktionen von SPD und Grüne zur Verschärfung des Straftatbestands des § 108e Strafgesetzbuch bestehen erhebliche Zweifel hinsichtlich einer Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz. Diese bisherigen Gesetzesentwürfe werden den Anforderungen an den Parlamentarismus und einer rechtsstaatlichen Gesetzgebung nicht gerecht. Es besteht die Gefahr, dass es den Staatsanwaltschaften überlassen wird festzulegen, was zur parlamentarischen Arbeit eines Abgeordneten gehört und was nicht.

Insgesamt muss man festhalten, dass unabhängige Organisationen wie Transparency International (TI) zwar grundsätzlich die fehlende Verschärfung des Straftatbestands kritisieren, jedoch auch ausdrücklich den hohen Grad der Umsetzung von Korruptionsbekämpfungsmaßnahmen in Deutschland anerkennen.

Bei internationalen Vergleichen wird Deutschland insgesamt ein gutes Zeugnis bei der Korruptionsbekämpfung ausgestellt. Im Korruptionswahrnehmungs-Index (CPI) 2011 von TI liegt Deutschland zusammen mit Japan auf dem 14. Platz von 182 Plätzen. Im Bestecherzahler-Index 2011 von TI nimmt Deutschland hinter den Niederlanden, der Schweiz und Belgien den vierten Platz von 28 untersuchten Ländern ein. Nicht zuletzt sorgt auch die ausgeprägte Medien- und Öffentlichkeitslandschaft durch ihre kritische Beobachtung und Berichterstattung dafür, dass tatsächlich stattfindende Fälle von Korruption aufgedeckt werden.

Wie eine Umsetzung des Anti-Korruptions-Übereinkommen der Vereinten Nationen schließlich in Deutschland erfolgen kann, muss klug und vorausschauend überlegt werden. Hierzu werden wir im Rechtsausschuss noch intensiv beraten. Im Oktober dieses Jahres wird daher zu diesem Thema eine Anhörung mit Experten stattfinden.

Mit freundlichen Grüßen

Siegfried Kauder MdB