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Frage von Heinrich W. •

Frage an Siegfried Kauder von Heinrich W. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Kauder!
Der Entwurf für einen "Vertrag zur Einrichtung des europäischen Stabilitätsmechanismus ESM" liegt mir vor.
1. In Art 8 und Art. 9 verpflichtet sich die BRD "bedingungslos" und "unwiderruftlich" die Einlagen bzw. die diktierten Aufstockungen zu leisten. Welche Rechte hat hier noch der Bundestag? Geht hier sein Recht über die Finanzen zu bestimmen nicht verloren? Wird er in diesem Punkt nicht entmündigt und können Sie dem zustimmen?
2. Art 25 regelt die externe Prüfung der Arbeit des ESM. Da der Gouverneursrat die exteren Prüfer bestätigt besteht da nicht die Gefahr dass diese Prüfung nicht unabhängig und unbestechlich ist?
3. Art. 27 stellt den ESM unter umfassende Immunitätsrechte. Wie ist da eine gerichtliche Überprüfung der Arbeit noch möglich? Wird hier nicht Tür und Tor geöffnet für eine rechtsfreie Zone wo der Gouverneursrat machen kann was er will? Auch die Archive sind "unverletztlich"!
4. Wird hier nicht Zug um Zug unserer Demokratie ausgehölt und unser Staat lässt zu dass wir letztendlich finanziell ausgesaugt werden, ohne dass wir uns wehren können?

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Sehr geehrter Herr Westner,

vielen Dank für Ihre E-Mail, in der Sie Kritik am vorgesehenen Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) äußern und sich dafür aussprechen, dem ESM im Deutschen Bundestag nicht zuzustimmen.

Seien Sie versichert, dass ich Ihre Sorgen über die Lage der gemeinsamen europäischen Währung nachvollziehen kann. Es ist in der Tat schwer zu begreifen, warum Deutschland einem Staat, der in den letzten Jahren schlecht gewirtschaftet und hohe Schulden aufgebaut hat, aus der Klemme helfen muss. Eines ist für mich klar: Es darf keinesfalls zur Gewohnheit werden, dass „tüchtige“ und wirtschaftsstarke Länder wie Deutschland für diejenigen aufkommen, die ihren Haushalt nicht im Griff haben. Daher finde ich auch den jüngsten Vorschlag von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsidenten Nicolas Sarkozy richtig, in allen Euro-Staaten verbindliche Obergrenzen für die Staatsverschuldung nach Vorbild der deutschen Schuldenbremse einzuführen.

Es ist dringend notwendig, dass die Staatsschuldenkrise im Euroraum in kontrollierbare Bahnen geleitet wird. Ein Auseinanderbrechen der Eurozone muss ebenso vermieden werden wie ein unkontrollierter Ausfall eines Staates. Die nicht kalkulierbaren Folgen durch Zweit- und Drittrundeneffekte (Auswirkungen auf das Bankenwesen und Ansteckungsgefahren für andere Euro-Staaten) würden die finanzielle und wirtschaftliche Stabilität aller europäischen Staaten und darüber hinaus der gesamten Weltwirtschaft gefährden. Ein Eingreifen liegt nicht zuletzt im Interesse Deutschlands, das als Exportland Einbrüche der Weltwirtschaft sehr schnell zu spüren bekommt.

Der auf europäischer Ebene beschlossene ESM-Vertrag ist ein notwendiger Baustein im Gesamtgefüge der derzeit diskutierten Änderungen an den relevanten europäischen Regelungen und Verfahren. Eine Währungsunion ist nicht zum Nulltarif zu haben. Sie kann nur funktionieren, wenn jedes Mitgliedsland aus eigener Kraft wettbewerbsfähig ist und solide wirtschaftet. Daher werden mit der Schärfung des Stabilitätspakts und der Einführung des Euro-Plus-Pakts die Rahmenbedingungen für eine stabile und wettbewerbsfähige Währungsunion verbessert. Akut in Schwierigkeiten geratene Euro-Länder aber müssen in Ausnahmefällen kurzfristig von ihren Partnern unterstützt werden. Hilfen für notleidende Euro-Staaten darf es nur im Einzelfall und unter strikten Bedingungen und Auflagen geben, nicht zuletzt unter Beteiligung der privaten Gläubiger. Ein sonst möglicher Flächenbrand hätte unabsehbare Folgen für ganz Europa und damit auch für die deutsche Wirtschaft und unsere öffentlichen Haushalte. Ziel aller jetzigen und zukünftigen Maßnahmen darf aber nur die zielgerichtete Krisenhilfe sein.

Mit der Umsetzung des ESM wird das Haushaltsrecht des Deutschen Bundestages nicht auf die europäische Ebene verlagert. Das Haushaltsrecht ist und bleibt das Königsrecht des Parlaments. Die Beteiligung des Deutschen Bundestages ist mir ein zentrales Anliegen. Ich lege sehr großen Wert darauf, dass der Deutsche Bundestag allen Vereinbarungen mit finanzieller Auswirkung zustimmen muss.

Der eingeschlagene Weg ist gewiss nicht ohne Risiken, aber die Risiken der denkbaren Alternativen sind ungleich größer. Ich bin der Überzeugung, dass sich der Einsatz für den Euro und für Europa lohnt.

Mit freundlichen Grüßen

Siegfried Kauder MdB