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Sibylle Röth
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Frage von Gertrude M. •

Wie ist ihre Position zum geförderten Wohnungsbau? Mittel werden von den Kommunen oft nicht abgerufen, sollten diese stärker in die Pflicht genommen werden?

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Liebe Frau M.,

vielen Dank für Ihre Frage. Die derzeitige Entwicklung der Mieten zeigt, dass die Wohnungspolitik ein dringend behandlungsbedürftiges Problem darstellt. Gerade erst hat eine Studie der Hans Böckler Stiftung gezeigt, dass mehr als 2 Millionen Menschen durch zu hohe Mietkosten unter das Existenzminimum rutschen. Das ist, schlicht gesagt, unerträglich. Dabei ist es nicht einmal so, dass unbedingt viel mehr neu gebaut werden müsste. Auch wo die Bevölkerungszahlen stabil sind, steigen die Mieten mitunter ins Unermessliche, einfach weil Wohnungen zum Spekulationsobjekt geworden sind. Kurz: Ich glaube wir brauchen ein grundsätzlichen Umsteuern auf dem Wohnungsmarkt, den wohnen ist ja schließlich ein Menschenrecht.

Geförderter Wohnraum ist dabei eines von mehreren Instrumenten, die dringen stärker genutzt werden müssen. Was ihre konkrete Teilfrage zur kommunalen Beantragung von entsprechenden Fördermitteln angeht, muss ich zunächst zugeben, hier keine fundierte Expertise in den verwaltungstechnischen Details zu haben. Ohne jegliche Gewähr dafür, dass das folgende umfassend ist, schildere ich Ihnen aber gerne meinen Eindruck zur Problemlage: Wenn man sich die "Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zum Förderprogramm Wohnungsbau Baden-Württemberg 2020 / 2021" anschaut, hat man es mit einem 93-seitigen Dokument zu tun, das die Anforderungen und Kriterien nennt, um die Landesförderung in Anspruch nehmen zu können. Der erste Impuls wäre also eine bürokratische Vereinfachung zu fordern. Andererseits macht formale Genauigkeit bei der Ausgabe von Steuergeldern nun einmal Sinn. Die Frage wäre also, ob alle Kommunen die notwendige Personalausstattung für solche komplexen Antragsstelllungen haben, oder ob es vielleicht schon an dieser Stelle scheitert. Damit sind wir auch schon bei dem Problempunkt, der  mir als zentral erscheint: der finanziellen Ausstattung der Kommunen. Die Landesförderung ist ein Zuschuss, d.h. die Kommune muss erstmal das Geld haben, um ihren Teil der Kosten zu leisten. Bei den derzeitigen Bau- und Kaufpreisen, dürfte das nicht selbstverständlich sein. Auch sieht der Landeszuschuss Pauschalpreise vor - wo die realen Kosten gestiegen sind, werden sie so nicht abgedeckt und bleiben wiederum an der Kommune hängen. Zudem müssen - im Fall von Neubau - passende Grundstücke zur Verfügung stehen. Je nach geographischer Lage und den spezifischen Gegebenheiten kann das ein generelles Problem darstellen (beispielsweise in Konstanz mit seiner Halbinsellage, der Schweizer Grenze und seinen zahlreichen umgebenden Naturschutzgebieten). Aber auch, wo es prinzipiell möglich ist, kostet die Umwidmung in Bauland enorm viel Zeit. Diesem Aufwand steht wiederum eine Regelung der Landeförderung entgegen: Von der Förderzusage durch das Land bis zur Fertigstellung ist eine Frist von nur vier Jahren vorgesehen. Weiß die Kommune, dass Sie ohnehin bauen kann und bauen wird, erscheint das vielleicht nicht so problematisch. Ist das Gesamtprojekt aber nur realisierbar, wenn es die Landesförderung gibt - so dass man vor der Zusage noch gar nicht wirklich planen kann - dürfte das knapp sein.

Kurz: Statt die Kommunen stärker in die Pflicht nehmen zu wollen, scheint es mir sinnvoller, über die Ermöglichungsbedingungen vor Ort nachzudenken. Denn die Kommunen handeln ja nicht aus Nachlässigkeit so. Wir müssen uns also fragen, welche Voraussetzungen in den Kommunen erfüllt sein müssen, bevor die Landesgelder genutzt werden können und wie wir es schaffen, dass sie gegeben sind. Denn eines ist ja ganz zweifelsfrei: Dass es beim derzeitigen angespannten Wohnungsmarkt Gelder gibt, die nicht genutzt werden, darf nicht sein.

Herzliche Grüße,

Sibylle Röth