Frage an Sibylle Laurischk von Roger L. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Laurischk,
das von Ihnen benannte deutsche Familienrecht (§§1591 - Mutterschaft und 1592 - Vaterschaft) determiniert - als gesetztes Recht, determiniert selber erst das "Auseinanderfallen" von biologischer und sozialer Vaterschaft. Denn nur hier ist biologische und soziale Elternschaft - durch gesetztes Recht und anders als bei der Mutterschaft - nicht grundsätzlich identisch oder gleichwertig geschützt.
Die Prüfung der "reinen Verfassungsmäßigkeit" des Reformgesetzentwurfes zur elterlichen Sorge bei Ledigen durch das BMJ muss auch deswegen ins Leere gehen, weil bereits das Grundgesetz selbst an entscheidender Stelle mit den (vorrangig zu berücksichtigenden) völkerrechtlichen Verpflichtungen der BRD kollidiert, was sich ebenfalls aus mit Wirkung für das Individuum unmittelbar zu Bundesrecht transformiertem Völkerrecht ergibt (Art. 25 GG).
In solchen Fällen kann sich - schon denk-logisch - das Grundgesetz als Prüfungsmaßstab zur Prüfung einfach-rechtlicher (materieller) Rechtmäßigkeit kaum eignen.
Zu erörtern wäre insofern, was das Bundesverfassungsgericht bisher - raffiniert - zu erörtern unterlassen hat:
Nämlich das Verhältnis von einfach gesetztem (materiellem) Bundesrecht zu zwar "nur" gleich-rangigen, aber dafür VORRANGIG BEACHTLICHEN (!) völkerrechtlichen Verpflichtungen. (u. a. §97 Abs. 1 FamFG, der dies ausdrücklich betont!).
Der Reformgesetzentwurf für die Verfahrensordnung von Familiensachen (FamFG) sagte zu §97 Abs.1):
VORRANG UND UNBERÜHRTHEIT
Die Vorschrift stellt das Verhältnis des Entwurfs zu völkerrechtlichen Vereinbarungen und Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft sowie dazu ergangenen Umsetzungs- und Ausführungsbestimmungen klar. Sie hat in erster Linie Hinweis- und Warnfunktion für die Rechtspraxis.
Meine Frage lautet insofern:
Wie schätzen Sie persönlich den Ausgang einer solch unmittelbaren Prüfung (Relation Völker-Bundesrecht zu einfach gesetztem Bundesrecht) ein? Und: Ist die "Warnung" auch angekommen?
Sehr geehrter Herr Lebien,
vielen Dank für Ihre Frage zum Verhältnis von Bundesrecht zu völkerrechtlichen Verpflichtungen. Auf Spekulationen, wie eine rechtliche Prüfung des Verhältnisses von Völkerrecht zu Bundesrecht möchte ich mich aber nicht einlassen.
Eine solche Beurteilung kann nicht "allgemein" erfolgen, sondern wäre im Einzelfall zu prüfen, ob eine völkerrechtliche Norm den Gesetzgeber in Deutschland zu etwas verpflichtet. Wir sehen ja beispielsweise bei der aktuellen Diskussion um die Vorratsdatenspeicherung, dass es hierzu lange Diskussionen und Streitigkeiten geben kann.
Mit freundlichen Grüßen
Sibylle Laurischk