Frage an Sibylle Laurischk von Horst R. bezüglich Finanzen
Sehr geehrte Frau Laurischk,
es passiert nicht oft, daß ich mich an Politiker wende, aber genau jetzt ist es wichtig, daß ich es tue.
Demnächst wird der Bundestag über den sogenannten Rettungsschirm (genauer: ESM-Vertrag) abstimmen. Deutschland und alle anderen Mitzeichner würden einem Vertrag zustimmen, der UNKÜNDBAR ist. Der ESM selbst könnte fordern und klagen, wäre selbst aber immun. Ein solches Monster würde die Europäischen Staaten reihenweise aussaugen, weil es vertraglich dazu legitimiert worden wäre. Das MUSS verhindert werden!
Aber Sie sind ja zum Glück noch eine Abgeordnete, die für das Wohl des Volkes da ist.
Und deshalb werden Sie sich hoffentlich noch ganz genau mit dieser Schicksalsfrage befassen.
Darf man überhaupt - moralisch und/oder rechtlich gesehen - Verträgen zustimmen, die das eigene Volk in letzter Konsequenz "verkaufen"?
Bitte beziehen Sie hier klare Stellung. Es geht in meiner Frage nicht um Griechenland, sondern um die Zukunft Deutschlands. Und auch um Ihren Arbeitsplatz.
Ich freue mich auf Ihre Antwort.
Horst Roser
Sehr geehrter Herr Roser,
Durch den ESM-Vertrag wird das deutsche Volk meiner Ansicht nach nicht „verkauft“. Deutschland profitiert von der Stabilität der Eurozone. Mit dem ESM wird ein deutliches Signal für Stabilität, Solidität und Kontinuität innerhalb Europas gesetzt. Er gewährleistet, dass die temporäre Schwäche einzelner Staaten sich nicht zu einem Flächenbrand in der gesamten Eurozone ausweiten kann. Das Wohl des Volkes wird durch eine stabile Währung gefördert, diese trägt zu einer stabilen Wirtschaft bei.
Der ESM-Vertrag ist ein völkerrechtlicher Vertrag zwischen den EU-Ländern. Die Mitgliedschaft in der EU bedingt das Unterzeichnen des Vertrages. Kündbar ist der Vertrag nur durch einen Austritt aus der EU. So wird verhindert, dass Staaten nur Nutznießer des Vertrages werden, ohne selber zur Stabilität des Euros beizutragen. Grundsatz des ESM ist, dass Solidarität nur bei entsprechender fiskalpolitischer Solidität gewährt werden kann. Leistungen des ESM dürfen daher auch nur von Staaten beansprucht werden, die die Vorgaben des Fiskal-Vertrages umsetzen. Die Souveränität der Staaten wird durch den ESM-Vertrag nicht beeinträchtigt.
Der Fiskal-Vertrag und der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) bilden zwei Seiten einer Medaille ab. Beide Verträge zusammen sollen sowohl kurzfristig, als auch langfristig zu finanzpolitischer Stabilität in der Eurozone führen. Der ESM dient dabei zur kurzfristigen Stabilisierung von in Not geratenen Staaten zur Bewahrung der Stabilität in der Eurozone insgesamt und der Fiskal-Vertrag soll gewährleisten, dass es in Zukunft nur noch tragfähige Staatshaushalte in der Eurozone und damit letztlich keine Notfälle für den ESM mehr geben wird.
Insgesamt werden durch den ESM die Schwächen des Vertrages von Maastricht behoben. Die Zukunft Deutschlands liegt in der EU und wird laut Art. 8 Abs. 5 ESM-Vertag unter allen Umständen nur mit seinem Anteil am genehmigten Stammkapital haften.
Weiterhin hat Deutschland in allen wesentlichen Entscheidungen, einschließlich der Gewährung von Finanzhilfen oder Änderungen am gezeichneten Kapital, jederzeit ein Vetorecht. Die Entscheidungen werden grundsätzlich einstimmig durch die Finanzminister des Euro-Währungsgebiets getroffen.
Entscheidend bei der Bewertung der Verbindlichkeit des Bedingungszusammenhangs ist außerdem, dass Finanzhilfen des ESM nicht ohne Zustimmung Deutschlands gegeben werden und die Einhaltung des vereinbarten Bedingungszusammenhangs deshalb durchgesetzt werden kann.
Die FDP im Deutschen Bundestag wird verhindern, dass der ESM - wie von der Opposition gefordert - eine Banklizenz erhält. Somit ist eine weitere Begrenzung der Mittel sichergestellt. Die Verzahnung zwischen ESM-Vertrag und Fiskalvertrag in den Erwägungsgründen beider völkerrechtlicher Verträge gewährleistet in sachgerechter Weise die deutschen Interessen. Da die Gewährung von Hilfen über den ESM an die strikte Einhaltung des Fiskalpaktes gekoppelt ist, dürfte sich rein faktisch die Inanspruchnahme des Stammkapitals in Grenzen halten. Auch hier gilt: Ohne Solidität keine Solidarität!
Mit unserem Ansatz der vernetzten Stabilität in der Eurozone tragen wir den durch zu hohe Staatsverschuldung entstandenen Problemen in angemessener Weise Rechnung. Anders als die SPD gehen wir die Probleme nicht durch eine Vergemeinschaftung aller Schulden, also durch Einführung von Eurobonds, sondern durch die Beseitigung der Verschuldungsursachen, und damit langfristig erfolgreich, an.
Mit freundlichen Grüßen
Sibylle Laurischk