Frage an Sevim Dağdelen von Sabrina B. bezüglich Migration und Aufenthaltsrecht
Wann werden endlich konkrete Maßnahmen ergriffen, um die Menschen aus Moria zu evakuieren?
Liebe Frau B.,
die Zustände auf der griechischen Insel Lesbos sind Ausdruck der inhumanen Migrationspolitik der EU. DIE LINKE im Bundestag hat bei der Debatte Mitte September 2020 die Aufnahme der rund 13.000 Geflüchteten des Lagers in Deutschland verlangt, soweit nicht andere Länder aufnahmebereit sind. Die Lebensbedingungen in dem Lager waren schlicht unmenschlich und eine Schande für Europa.
Bei den Ereignissen in Moria handelte es sich nicht um eine Naturkatastrophe, sondern um politisch gewollte Zustände. Die unerträglichen Lebensbedingungen in den Lagern sind die Folge politischen Handelns, sie wurden und werden im Rahmen einer auf Abschreckung und Abschottung setzenden Politik der EU produziert und in Kauf genommen. Dass es der wohlhabenden Europäischen Union mit ihren 450 Millionen Einwohnern nicht gelungen ist, für wenige zehntausend Schutzsuchende menschenwürdige Aufnahmebedingungen zu schaffen und faire und rechtsstaatliche Asylverfahren zu organisieren, ist in meinen Augen eine menschenrechtliche Bankrotterklärung.
In Deutschland haben über 200 Kommunen sowie einzelne Bundesländer zugesagt, zusätzliche Geflüchtete aufzunehmen. Das übersteigt die vom Bund koordinierte Aufnahme deutlich. Die Bundesregierung muss den Kommunen und Ländern, die eine menschenrechtswürdige Unterbringung ermöglichen können und wollen, eine Zusage für die Aufnahme erteilen.
DIE LINKE fordert die Bundesregierung auf, sich auf EU-Ebene für die Abschaffung des Hotspot-Systems, die Auflösung aller Hotspot-Lager und für eine finanzielle Unterstützung der auf den griechischen Inseln betroffenen Bevölkerung einzusetzen, und die Schutzsuchenden aus diesen Lagern im Rahmen eines fairen Aufnahmesystems auf andere EU-Mitgliedstaaten zu verteilen.
Mir ist es ein besonderes Anliegen, nicht nur das Recht auf Asyl zu verteidigen, sondern darüber hinaus die Ursachen von Flucht und Vertreibung zu bekämpfen. Fluchtursachen sind vielfältig, fast immer hängen sie mit der weltweiten Ungleichheit zwischen Arm und Reich zusammen. Es braucht einen umgehenden Stopp deutscher Rüstungsexporte, der Agrarsubventionen wie auch der Freihandelsabkommen mit den Ländern des Südens, die zur Zerstörung ganzer Länder führen.
Mit freundlichen Grüßen
Sevim Dagdelen