Frage an Sevim Dağdelen von Daniela R. bezüglich Gesundheit
Hallo Frau Dagdelen,
wie stehen Sie zum Thema Impfpflicht?
Kennen Sie die Ärzte für individuelle Impfentscheidung?
Vielen Dank für Ihre Zeit.
Mit freundlichen Grüßen
D. R.
Sehr geehrte Frau R.,
zunächst ein Wort zur aktuellen Debatte um die Impfpflicht gegen das Corona-Virus: So wünschenswert eine hohe Impfquote zur Pandemiebekämpfung auch ist – niemand darf zu einer Impfung gezwungen werden! Schließlich handelt es sich bei den Corona-Impfstoffen um eine neuartige Technologie, über die es noch keine Langzeitstudien gibt. Daher sollte jede Person die Risiken selbst abwägen und frei entscheiden dürfen, ob sie sich impfen lassen möchte.
Auch eine Impfpflicht durch die Hintertür darf es nicht geben! Denn: „Sonderrechte“ für Geimpfte heißt im Umkehrschluss, Nicht-Geimpften ihre Grundrechte teilweise zu verwehren. Wir müssen uns klar machen: Bei Grundrechten handelt es sich nicht um irgendwelche Privilegien, sondern um einen elementaren Bestandteil eines Rechtsstaates. Wenn für Menschen ohne Impfnachweis bestimmte Dinge verboten würden, käme dies einer Aufhebung ihrer Grundrechte gleich. Ein solcher faktischer Impfzwang verstärkt zudem die ohnehin schon tiefe Spaltung der Gesellschaft. Ungeimpfte oder Kritiker des Dauerlockdowns dürfen nicht mit pauschalen Etikettierungen in irgendwelche Schubladen gesteckt werden.
Nun zum Impfen allgemein: Ich unterstütze ausdrücklich das Ziel der Weltgesundheitsorganisation, Masern weltweit auszurotten, so wie in den 1970-er Jahren die Pocken. Ich halte eine Impfpflicht bei Masern für richtig, die Eltern verpflichtet, ihre Kinder impfen zu lassen, solange sie keinen ärztlichen Nachweis vorlegen können, dass bei ihnen eine Impfung aus gesundheitlichen Gründen nicht ratsam ist.
Masern sind weltweit verbreitet und gehören zu den ansteckendsten Krankheiten. Wie Sie sicher wissen, wird das Virus beim Husten, Niesen und Sprechen übertragen. Etwa 90 Prozent aller nicht immunen Menschen, die in Kontakt mit einem Infizierten kommen, müssen mit einer Ansteckung rechnen. Mehr als 95 Prozent von ihnen entwickeln Symptome.
Die Bedeutung der Masern ist in den sogenannten Entwicklungsländern, besonders in Afrika und Asien, am größten. Die Masern gehören dort zu den zehn häufigsten Infektionskrankheiten. Der Anteil tödlicher Verläufe ist besonders hoch. Auch in Europa gibt es jährlich noch zehntausende Masernerkrankungen und es sind weiter Tote zu beklagen.
Niemand hat ein Recht darauf, andere zu gefährden. Vor dem Hintergrund der mittlerweile als erwiesen geltenden Gesundheitsgefahren durch das Passivrauchen wurden in den vergangenen Jahren weltweit Rauchverbote in öffentlichen Gebäuden, Verkehrsmitteln und Gaststätten eingeführt. Rauchen ist eine Gefahr für alle Mitmenschen, ob sie nun selbst rauchen oder passiv.
Nicht zu impfen ist ebenso eine Gefahr. Nur durch eine hohe Impfquote sind auch diejenigen geschützt, die unverschuldet schutzlos sind wie etwa Säuglinge oder Menschen mit Unverträglichkeiten, die nicht geimpft werden können.
Eine Impfflicht verpflichtet im Übrigen die Gesundheitspolitik, auch die nötigen Ressourcen bereitzustellen und Aufklärungsarbeit zu leisten.
Mit freundlichen Grüßen
Sevim Dagdelen