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Sebastian Striegel
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Frage von Hubert C. •

Frage an Sebastian Striegel von Hubert C. bezüglich Kultur

Sehr geehrter Herr Striegel,

mich würde Ihre Meinung und die Postion der Grünen zur Integrationsdebatte ausländischer Mitbürger interessieren. Sehen Sie Defizite bei der Integration ausländischer Mitbürger auch in Sachsen Anhalt als Bundesland mit einem vergleichsweisen geringen Ausländeranteil? Was bedeutet Ihrer Meinung nach erfolgreiche Integation? Sehen Sie auch Probleme in Bezug auf die Integration/ bzw. auf die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben anderer Bevölkerungsgruppen wie ALG II Empfänger oder Rentner?

mit freundlichen Grüßen,
Hubert Carstens

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Sehr geehrter Herr Carstens,

Sachsen-Anhalt ist eigentlich ein Land mit langer Zuwanderungstradition. Immer wieder sind Menschen im Verlauf der Geschichte hierher gekommen, um sich hier niederzulassen und (insbesondere wirtschaftlich) ihr Glück zu suchen. Die letzten großen Zuwanderungswellen erlebte die Region nach 1945 als tausende Vertriebene sich hier eine neue Existenz aufbauten/aufbauen mussten und zuvor mit dem Aufbau der chemischen Industrie im Süden von Halle. Im jeweiligen Fall war Zuwanderung immer auch mit der Notwendigkeit verbunden, dass Zugewanderte als Menschen mit eigenen Traditionen sich einleben mussten und die aufnehmende Gesellschaft sich ebenfalls verändern musste.

Sie haben aber recht, dass mit rund 1,8 Prozent Ausländeranteil Sachsen-Anhalt heute auf diesem Gebiet weit unter dem Bundesdurchschnitt liegt. Das heißt aber nicht, dass wir deshalb dem Thema Integration weniger Aufmerksamkeit widmen müssten, als andere Bundesländer. Zumal unser Bundesland nicht nur darunter leidet, dass zu wenige Menschen zu uns kommen. Wir verlieren zudem jeden Tag zum Teil gut ausgebildete junge Menschen, die das Land verlassen, um anderswo Arbeit zu finden.

Ich befürchte auch, dass der niedrige Migrationsanteil mit führt dazu, dass hierzulande Defizite im interkulturellen Austausch und der Integration vorhanden sind. Viele Sachsen-AnhalterInnen treten Menschen, die ihnen fremd sind mit großem Misstrauen gegenüber. Das zeigen uns Untersuchungen, die sich mit Einstellungen der Menschen hier beschäftigen.

Ich glaube, dass Sachsen-Anhalt mehr Zuwanderung braucht. Ich will im Landtag auch die Integration von Zuwanderern gezielt fördern. Das bedeutet für mich und für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN den Austausch zwischen den Kulturen zu fördern und Vereine, Migrantenselbstorganisationen und Projekte zu unterstützen, die sich für den Kulturaustausch einsetzen und sich bemühen, die Bedingungen für MigrantInnen in Sachsen-Anhalt zu verbessern. Integration bedarf aber der Anstrengung von beiden Seiten. MigrantInnen müssen die Demokratie und Menschenrechte respektieren und an einem Zusammenleben mit der Mehrheitsgesellschaft interessiert sein. Deshalb will ich mich für den Abbau von Hürden zur Einbürgerung engagieren. Bereits vor der Einbürgerung muss es möglich sein, dass MigrantInnen in ihrem Umfeld politisch teilhaben können (z.B. durch eine Wahlrechtsreform). Denn nur wer rechtliche und politische Teilhabe erfährt, kann sich mit der Gesellschaft, in der er lebt, voll und ganz identifizieren.

Erfolgreiche Integration sehe ich dann erreicht, wenn gesellschaftliche Minderheiten und andere Kulturen nicht als Problem sondern als Bereicherung für die Gesellschaft gesehen werden und wenn kulturelle Vielfalt und Erfahrung in Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft angekommen sind. Außerdem müssen die Rechte der Minderheiten gesichert sein.

Das gilt natürlich nicht nur für MigrantInnen, sondern für alle sozialen Minderheiten. Hier sehe ich in vielen Bereichen Defizite in der gesellschaftlichen Teilhabe. Um nur zwei Beispiele zu nennen:

Unser derzeitiges Bildungssystem sortiert und benachteiligt stark nach sozialer Herkunft. Unser grünes Bildungskonzept, das unter anderem längeres gemeinsames Lernen vorsieht, soll daher allen Kindern, unabhängig von sozialer und kultureller Herkunft, das gleiche Recht und die gleichen Möglichkeiten auf Bildung ermöglichen.

RentnerInnen und ältere Menschen werden in unserer Gesellschaft manchmal als Belastung empfunden und sind (z.B. durch ihre eingeschränkte Mobilität) vom Rest der Gesellschaft oft abgegrenzt. Hier will ich handeln und dafür sorgen, dass ihre Bedürfnisse in der Politik ernst genommen werden. Wir müssen ihre Potenziale erkennen und garantieren, dass der Anschluss an und der Dialog mit zwischen den Generationen, zum Beispiel durch Mehrgenerationenhäuser, gewährleistet werden.

Auch mit Blick auf die Reichtumsverteilung in unserer Gesellschaft müssen wir Ausgrenzung beenden. Ich setze mich deshalb für einen Mindestlohn von derzeit 8,50 Euro ein, weil Menschen von ihrer Arbeit leben können müssen. Mich ärgert, dass mit CDU und FDP keine Verhandlungslösung für verfassungsgemäße ALG-II-Sätze möglich war. Das Bundesverfassungsgericht hatte klare Kriterien vorgegeben, wie rechtmäßige Sätze zu berechnen wären. Die schwarz-gelbe Bundesregierung bestand aber darauf, Politik nach Kassenlage zu machen.

Niemand darf in unserer Gesellschaft aufgrund seines Geschlechts, seiner sozialen oder kulturellen Herkunft, seines Alters oder seiner sexuellen Orientierung benachteiligt werden. Dafür werde ich mich im Landtag einsetzen.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Sebastian Striegel

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