Frage an Sebastian Sewerin von Markus K. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Sewerin,
ungerecht finde ich, wenn mann ein Leben lang als Selbstständiger arbeitet (und Sie wissen, da spreche ich von einer 60-80 Std. Woche), sich privat um die Altersfinanzierung kümmert und nun in die Bürgerversicherung gezwungen werden soll. Seit 1990 habe ich mich aus der Rentenversicherung ausgeklinkt, weil sie in meinen Augen viel zu ungerecht ist. Was passiert mit diesen Altverträgen? Wie soll ich mich verhalten?
Über eine Antwort würde ich mich freuen
Mit freundlichen Grüßen
Markus Kuhnke
Sehr geehrter Herr Kuhnke,
bitte entschuldigen Sie meine verspätete Antwort, in dieser Woche mussten noch einige dringende organisatorische Dinge für den Wahlkampf erledigt werden, so daß ich mit der Bearbeitung meiner e-mails etwas im Rückstand bin.
Vielen Dank für Ihre Frage, die ich gerne ausführlich beantworte: Das Grüne Wahlprogramm bildet den momentanen Diskussionsstand der Partei ab und schließt deshalb auch längerfristig umzusetzende Vorhaben ein. Ein ebensolches Vorhaben ist die von Ihnen angesprochene Umwandlung der Rentenversicherung in eine Bürgerversicherung; dies wird bei uns schon längere Zeit unter dem Begriff der Grundsicherung oder -rente diskutiert. Dahinter steht die Überzeugung, daß v.a. aufgrund der demographischen Entwicklung in Deutschland (immer weniger Beitragszahler müssen für einen Rentner aufkommen) die bisherige Rentenversicherung in nicht allzu ferner Zukunft schlichtweg nicht mehr finanzierbar sein wird. Deshalb schlagen wir vor, die Rente langfristig zu einer solidarischen Grundsicherung weiterzuentwickeln, die durch Beiträge aller Bürgerinnen und Bürger finanziert wird. Eine solche Grundsicherung kann realistischerweise nicht besonders hoch sein, deshalb wird private Vorsorge unverzichtbar sein. Die Schweiz hat ein ähnliches Modell, bei dem alle Bürgerinnen und Bürger entsprechend ihrer Einkommen für eine Grundsicherung im Alter aufkommen. Mit diesem Ansatz könnte eine solidarische Rente langfristig gesichert werden und die Belastung des Faktors Arbeit durch die Sozialabgaben verringert werden (zurzeit sind bereits fast die Hälfte davon Beiträge zur Rentenversicherung).
Sie schreiben, daß Sie sich aus der Rentenversicherung ausgeklinkt hätten, weil sie in Ihren Augen viel zu ungerecht sei und daß Sie nicht in eine Bürgerversicherung gezwungen werden wollen. Ich entnehme hieraus, daß für Sie der Leistungsgedanke entscheidend ist: wer lange und viel in die Rentenversicherung einzahlt, soll auch viel herausbekommen. Diese Überzeugung ist völlig legitim. Für uns Grüne aber ist eine Grundsicherung, bei der alle Bürgerinnen und Bürger für eine Grundversorgung im Alter aufkommen und zusätzlich private Vorsorge betreiben, die bessere Lösung, sowohl in Bezug auf nachhaltige Finanzierbarkeit als auch Gerechtigkeit. Wie eingangs erwähnt, geht es sich um einen langfristigen, aber notwendigen Umbau der Rentenversicherung. Die Umsetzung wird lange dauern (mindestens eine Generation), da heutige Beitragszahler natürlich einen Eigentumsschutz genießen. Dies beantwortet Ihre Frage nach Ihren bereits erworbenen Rentenansprüchen.
Ich bitte Sie nochmals meine verspätete Antwort zu entschuldigen und verbleibe mit freundlichen Grüßen
Sebastian Sewerin