Frage an Sebastian Blumenthal von P. S. bezüglich Bildung und Erziehung
Guten Tag, sehr geehrter Herr Blumenthal,
ihre Antwort zum Thema Studiengebühren fand ich aufschlussreich.
Ich teile eines Ihrer Argumente (Hochschulen sollten ihre Finazmittel und ihre Studenten sowie Dozenten und Forscher selbst- und eigenständig verwalten.)
Zwei Fragen bleiben in Ihrer Antwort aber unbedacht:
1. Wie wird sicher gestellt, dass weiterhin auch Menschen mit geringen finanziellen Mitteln ihr Studium nicht nur aufnehmen sondern auch -und ich denke hier an die durchschnittlich recht langen Studiendauern in D.- beenden können?
2. Was soll den im Bereich der Wissenschaft "leistungsbezogen" bedeuten? Diese Formulierung deutet auf einiges hin.
Sie sind sich nicht bewusst, dass die Arbeit einer Universität als Ganzes keinen Leistungsstandards unterworfen sein kann. Möglicherweise nicht einmal Qualitätsstandards. Freie Forschung lebt vom reslutatsoffenen Experiment. Man kann dabei nicht wissen, welche Erkenntnisse nützlich sein werden und welche nicht. Selbst zunächst unnütze Einzelerkenntnisse , können zu teilweise viel späterer Zeit von größten Nutzen sein. Wie will man solche Leistungen messen?
Sicherlich gibt es auch Bereiche im universitären Arbeiten, die stets mit überprüfbarer Leistung einhergehen.
Doch nun frage ich Sie: Wo ist die Grenze zwischen Bereichen, deren Leistung unmittelbar darstellbar ist, und Bereichen, deren Leistung nicht messbar, sogar unsicher, erscheint? Und meinen sie nicht, wenn man schwerpunktmäßig leistungsbezogene Aspekte an der Uni zu berücksichtigen versucht, dass die Forschung dann einseitig und stumpf Profitinteressen nachjagten und damit wichtige Erkenntnisbereiche mehr und mehr unterversorgt wären?
Freundliche Grüße
P. Schinowski
Hallo P. Schinowksi
Zu 1)
Ich kann aus eigener Erfahrung berichten, daß dies möglich ist. Ich habe mein Studium über Leistungen nach BAföG sowie durch einen Studentenjob finanziert. Da meine Eltern keine Apotheker, Zahnärzte oder Staranwälte sind (wie oftmals jungen Mitgliedern der FDP von außen unterstellt), blieb mir keine andere Möglichkeit. Ich habe das Studium innerhalb der Regelstudienzeit erfolgreich beenden können, ein Auslandspraktikum absolviert und dies haben mit mir viele andere Kommilitonen unter ähnlichen Rahmenbedingungen vollbracht - daher weiß ich, daß es möglich ist.
Zu 2)
Leistungsbezogen heißt für mich, daß es auch für Professoren und Dozenten verbindliche Kriterien gibt, in welchem Umfang und in welcher Qualität ihre Tätigkeiten an den Hochschulen gestaltet sein sollten. Dies beziehe ich ausdrücklich nur auf die organisatorischen Rahmenbedingungen, keinesfalls möchte ich den Inhalt der Lehre beeinflussen oder gar vorschreiben wollen. Ein Professor ist nicht allein der Lehre gegenüber verantwortlich, sondern auch den Studierenden und der Vermittlung und Weitergabe von Wissen. Ein Professor, der 40 Stunden pro Woche im Labor tüftelt, aber nur drei Stunden pro Woche für seine Studenten Zeit hat, ist vielleicht für die Wissenschaft ein Gewinn - für die nachhaltige Bildungsarbeit und die Weitergabe von Wissen und Erkenntnissen wohl eher nicht..Genauso muß ein Professor im Lehrbetrieb die didaktischen Fähigkeiten besitzen, sein Wissen zu vermitteln und junge Wissenschaftler an die Forschung heranzuführen. Wer Studierende herablassend und ignorant behandelt, muß sich kritischen Fragen und Konsequenzen stellen - auch das ist Qualitätssicherung, wie ich sie mir an Hochschulen wünsche.
Ich sehe nicht die Gefahr, daß die Forschung nur einseitig aus Profitinteressen heraus agiert. Gerade durch die Bereitstellung von zusätzlichen Mitteln über die Beteiligung von Studierenden bekommen die Hochschulen weiteren finanziellen Spielraum, um eigenverantwortlich und unbeeinflußt Forschung und Lehre zu betreiben.
Grüße
S. Blumenthal