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Sebastian Blumenthal
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Frage von Volkmar S. •

Frage an Sebastian Blumenthal von Volkmar S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Blumenthal,

ich schließe mich dem Fragesteller an Sie, Herrn Randolf Wallisch, an möchte meine Frage an Sie wie folgt aufgliedern:
1. Waren Sie bei der wichtigen Abstimmung zum neuen Meldegesetz im Bundestag anwesend?
2. Wenn ja, wie haben Sie abgestimmt?
3. Wenn nein, wieso haben Sie an dieser für unsere Demokratie und Bürgerechte so wichtigen Abstimmung nicht teilgenommen?
4. Wie kann es sein, das ein so wichtiges neues Gestz von so wenigen Abgeordneten im Schnellverfahren (57 Sekunden) praktisch verabschiedet wurde?

Ich freue mich auf Ihre Antwort

Mit freundlichen Grüßen

Volkmar Swieder

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Swieder,

vielen Dank für Ihre Anfrage zum Meldegesetz - nachfolgend gehe ich auf
die einzelnen Punkte ein.

zu 1) In der Schlussberatung und Verabschiedung war ich nicht im Plenarsaal anwesend. Die Beratungen und Debatten im Plenarsaal laufen arbeitsteilig, es sind i.d.R. also immer die MdB der einzelnen Fraktionen anwesend, die mit den betreffenden Gesetzesentwürfen inhaltlich beschäftigt waren . Die schwache Präsenz und Verabschiedung in der Schlussberatung ohne offene Debatte und nur mit Protokollreden ist dennoch ein schwaches Bild, das sehe ich ebenso. Ich war an diesem Abend zuvor bei anderen Tagesordnungspunkten mit Aussprache anwesend.

zu2) Ich habe nicht abgestimmt.

zu3) Siehe 1

zu4) Zu den Hintergründen des Meldegesetzes möchte ich noch einige Informationen ergänzen, da die mediale Berichterstattung deutlich verkürzt und sachlich teilweise komplett falsch war (was u.a. daran liegen könnte, dass die Pressetribüne des Plenarsaals zu diesem Zeitpunkt komplett leer war).
Auf Druck der FDP wird es in der Neufassung des Meldegesetzes nun z.B. kein zentrales Melderegister geben, wie es seinerzeit unter CDU/CSU/SPD in der letzten Legislaturperiode vorgesehen war. Die Neuregelung durch ein Bundesgesetz erfolgte als Konsequenz der 2006 beschlossenen Förderalismusreform, wonach die Zuständigkeit von den Ländern auf den Bund übertragen wird und nicht wie medial behauptet auf Druck der Adresshändler oder der Industrie. Die Vorgängerregierungen haben dazu allerdings keine Neuregelung vorgenommen, dies wird nun nachgeholt. In der bisherigen Zuständigkeit der Länder gibt es zudem teilweise unterschiedliche Regelungen zur bisher teilweise geltenden Widerspruchsregelung. Diese war bisher nicht in allen Ländern eingeführt - durch das Bundesgesetz besteht nach Inkrafttreten des Gesetzes bundesweit die Möglichkeit des Widerspruchs gegen die Weitergabe der eigenen Anschrift. Eine Erweiterung der Abfrage oder des Erwerbs von Adressdaten ist nicht Inhalt des Gesetzes, wie oftmals ebenfalls medial behauptet. Der Erwerb von Adressdaten bei den Meldeämtern durch kommerzielle Verwerter kostet derzeit im Durchschnitt ca. 8,- EUR/ Adresse. Bei der Deutschen Post AG werden derartige Services für ca. 1,50 EUR/ Adresse bei Massenabfragen angeboten - dort allerdings auf Grundlage des Bundesdatenschutzgesetzes, nicht auf Grundlage des Melderechts. Das erklärt auch, warum es im Zusammenhang mit der Neuregelung des Melderechts so gut wie keine Kontaktaufnahmen durch die Industrie in Richtung Fraktionen/ Parlament gegeben hat - der Einzelpreis ist viel zu hoch für massenhafte und wiederholte Abfragen. Wir Abgeordneten erhalten bei vielen Gesetzesvorhaben Anfragen und Vorschläge von Industrie, Gewerkschaften und Interessenverbänden - im Falle des Melderechts war dies jedoch nicht der Fall. Die im Entwurf des BMI vorgesehene opt-in (Einwilligung) Regelung wurde auf Initiative der CSU gegen die heute bereits gültige opt-out Regel (Widerspruch) im Rahmen der parlamentarischen Beratung ersetzt. Die CSU befürchtet einen Anstieg der Bürokratiekosten für die Kommunen und Gemeinden für den Fall der opt-in Lösung. Für die FDP wäre die opt-in Lösung im Entwurf des BMI in jedem Fall tragbar gewesen, dies war in der Koalition allerdings nicht mehrheitsfähig.
Das sehe ich ebenfalls als Defizit - von einem Kniefall gegenüber der Industrie kann aus meiner Sicht allerdings vor dem Hintergrund der o.g. Punkte keine Rede sein. Sollte es nach einem möglichen Scheitern des Gesetzes im Bundesrat zu einer Neuverhandlung kommen, steht die FDP der opt-in Regelung weiterhin positiv gegenüber.

Das Gesetz wurde zwar in der Schlussberatung ohne Aussprache und daher in der 3. Lesung vergleichsweise schnell beraten, das gesamte Verfahren mit Einbingung und Behandlung im Ausschuss war kein beschleunigtes Verfahren. Die Änderungsanträge für die Ausschussberatung (2. Lesung) z.B. haben 2 Wochen allen Fraktionen vorgelegen.

Ich hoffe, damit Ihre Fragen beantwortet und nachvollziehbar dargestellt zu haben. Für weitere Fragen stehe ich Ihnen auch gerne im Rahmen meiner Bürgersprechstunden in Kiel ergänzend persönlich zur Verfügung.

Ich verbleibe mit freundlichen Grüßen

Sebastian Blumenthal