Frage an Sebastian Blumenthal von Mario L. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Blumenthal,
laut §13 BAföG hat ein Student an einer Universität einen monatlichen Bedarf in Höhe von 373€, zuzüglich bis zu 224 Euro Wohnkostenpauschale (bei Wohnsitz bei den Eltern lediglich 49 Euro).
Wie sind diese Zahlen zustande gekommen? Können Sie mir die Berechnungsmethode für diese Zahlen darlegen und ggf. erläutern?
Mit freundlichen Grüßen
Mario Langguth
Sehr geehrter Herr Langguth,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Da die individuelle Berechnung der BAföG Sätze nicht unbedingt zum Aufgabengebiet der Abgeordneten gehört, mußte ich etwas recherchieren und bitte die verspätete Rückmeldung daher zu entschuldigen. Als 1971 von der damaligen Bundesregierung das Bafög eingeführt worden ist, hatte das Deutsche Studentenwerk eine Sozialerhebung durchgeführt, um die als notwendig erachteten Beträge zu ermitteln. Bezogen auf die vom Studentenwerk erfassten Einzelpositionen - Ernährung, Kleidung, Lernmittel Telefon/Rundfunkgebühren (später: auch Internet), Freizeit/Kultur/Sport, Sonstiges (Körperpflege, später: Praxisgebühr, etc.) sowie Miete und Nebenkosten - wurde für 1971 ein Betrag von 420 DM ermittelt (dieser Betrag entspricht gerundet 215 EUR). Ausgehend von diesem Betrag wurde seinerzeit der Betrag für die Höchstförderung festgelegt. Krankenversicherungsbeiträge (später: auch Pflegeversicherungsbeiträge) sind hierbei nicht berücksichtigt, da hierfür gesonderte Zuschläge zum Bafög gezahlt werden (sofern die/der Studierende nicht familienversichert ist). Für die Folgezeit wurde im Gesetz festgelegt, die Bedarfe/Bedarfssätze und Beträge/Freibeträge alle (+/-) zwei Jahre zu überprüfen und ggf. anzupassen. Bei jeder Berechnung der Bafög-Höhe gilt der Betrag aus dem vorherigen Erhebungszeitraum als Basisbetrag. D.h. im Jahr 1974 wurden - ausgehend vom Basisjahr 1971 - die zu erwartenden Kostensteigerungen ermittelt und daraufhin die Beiträge angepasst. Im Jahr 1977 dann ausgehend vom Basisjahr 1974 etc., so dass in folgenden Zeitabständen Neuermittlungen und Anpassungen vorgenommen worden sind: 1971, 1974, 1977, 1979, 1981, 1984, 1986, 1988, 1990, 1992, 1995, 1996, 1998, 2001, 2002, 2004, 2006, 2008, 2010.
Bei der Anpassung der Bedarfssätze (und Freibeträge) werden zum einen der Anstieg der Lebenshaltungskosten berücksichtigt - zum anderen muss auch (nach § 35 BAföG) der finanzwirtschaftlichen Entwicklung Rechnung getragen werden (analog zu anderen staatlichen Sozialleistungen, wie z.B. die Grundsicherung nach SBG II/Arbeitslosengeld II). Dazu gehört - und das ist eine politische Entscheidung - die Anhebung der Renten und der Grundsicherung für Arbeitssuchende, d.h. der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II (vor 2005: Bundessozialhilfegesetz BSHG). Hierbei sind vom Statistischen Bundesamt folgende Veränderungen ermittelt worden: Anstieg der gesetzlichen Rente: 1 Prozent, Anstieg der Grundsicherung für Arbeitssuchende: 1,4 Prozent, Anstieg der Verbraucherpreise 4 Prozent (gerundet). Bei einer Gleichgewichtung ergibt sich damit über diese drei Bereiche ein gerundeter Anstieg von 2 Prozent. Bei den aktuellen Bafög-Sätzen gelten also die im Jahr 2010 ermittelten Werte als Basiswerte: Grundbedarf 366, Wohnpauschale 48 EUR. Eine Anhebung der Basiswerte um 2 Prozent ergibt somit die aktuellen Werte von 373 EUR für den Grundbedarf und 49 EUR für die Wohnkostenpauschale. Die Wohnkostenpauschale bei auswärtiger Unterbringung wurde - auch dies ist eine politische Entscheidung - analog zur durchschnittlichen prozentualen Erhöhung des Wohngeldes von 146 EUR auf 224 EUR um rund 53 Prozent angehoben, um die gestiegenen Energie-/Heizkosten stärker zu berücksichtigen.
Nicht berücksichtigt werden hingegen - wie bereits erwähnt - die gesonderten Zuschläge für die Kranken- und Pflegeversicherung (sofern die/der Studierende nicht beitragsfrei über einen Elternteil familienversichert ist) sowie z.B. das Kindergeld, das - anders als in anderen Sozialleistungsgesetzen - im BaföG nicht bei der Einkommensanrechnung berücksichtigt wird und damit dem Familieneinkommen anrechnungsfrei zur Verfügung steht. Dies sind die rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen zur Berechnung des Satzes.
Ich verbleibe mit freundlichen Grüßen
Sebastian Blumenthal