Portrait von Sebastian Blumenthal
Sebastian Blumenthal
FDP
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Sebastian Blumenthal zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Christoph S. •

Frage an Sebastian Blumenthal von Christoph S. bezüglich Kultur

Sehr geehrter Herr Blumenthal,

ich wende mich an Sie, weil ich als FDP-Anhänger enttäuscht bin über die Arbeit der FDP im Bereich der neuen Medien. Gerade alle jungen Leute wie ich kennen es, man ist auf Youtube und schaut sich einen Clip an, nur in Deutschland kann man ihn nicht abrufen, weil die GEMA eine Sperrung vorgenommen hat. Ich muss mich jetzt bereits ein bremsen, weil ich den IST-Zustand für absolut untragbar halte, dennoch wenig oder gar nichts unternommen wird. Gerade von der FDP erwarte ich, dass die Freiheitsrechte geschützt werden. Es kann doch nicht sein, dass ein von der Musikindustrie geführtes Kartell nach Lust und Laune auf Videoportalen Clips sperren kann. Ein paar Beispiele: eine Freundin von mir aus Frankreich hat ein Video über das Seminar des Deutsch-Französischen-Jugendwerk erarbeitet, wo an einigen Stellen logischerweise teilweise Musik unterlegt ist... schickt es mir und ich kann es nicht ansehen. Das ist eine absolute Frechheit. Weder wird dort Musik einzeln komplett "gezeigt" noch kann ich die Relevanz sehen, dass ein privates Video von der GEMA hier gesperrt wird. Die Musiker selbst haben nichts davon, dass weiß ich persönlich dadurch, dass meine Schwiegereltern beide Profimusiker sind. Die einzigen die hiervon profitieren, dass ist die - man muss es wirklich so sagen - die Musikmafia. Selbst harmlose Fußballclips von 1-2 Minuten Länge werden permanent gesperrt. Dabei werden einfach ein paar Bots über alle Videos geschickt und ohne weitere Überprüfung gesperrt. Eingriffsmöglichkeiten von Seiten der Nutzer bzw. Beschwerdemöglichkeiten bestehen defacto nicht. Man ist der Willkür ausgeliefert. Und das ist allein in Deutschland so. Wo ist die Freiheit für die unsere Demokratie stehen sollte? Wo ist die Partei, die sich selbst als Verfechter der Freiheitsrechte sieht? Gerade wegen solcher Fahrlässigkeiten wir die FDP nun um den Einzug in den Bundestag kämpfen. Das ist doch absurd.

Mit freundlichen und erwartungsvollen Gruß.

Portrait von Sebastian Blumenthal
Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Schulze,

bitte entschuldigen sie die verspätete Antwort - und ich wünsche Ihnen auf diesem Wege ein Frohes Neues!

Zu dem von Ihnen dargestellten Fall des Privatvideos kann ich nicht im Detail Stellung nehmen, da ich die genaue Situation nicht kenne. Grundsätzlich verhält es sich folgendermaßen:

Die GEMA kann und darf Videoclips auf Youtube (das zu Google gehört) nicht sperren. Und wenn Clips über Youtube nicht abrufbar sind, hat das auch nicht zwangsläufig etwas mit Youtube zu tun - so sind diverse bei Youtube nicht abrufbare Stücke bei anderen Anbietern (z.B. Myvideo oder Simfy) in Deutschland abrufbar. Gleichzeitig sind auch Clips von Songs nicht abrufbar, deren Urheber keine GEMA-Mitglieder sind.

Der aktuelle Stand sieht also so aus, dass Youtube bestimmte Songs sperrt, weil sich Youtube/Google nicht mit den Rechteinhabern einigen kann (das können Verwertungsgesellschaften wie die GEMA sein, aber auch die Songschreiber/Komponisten, Musiker, Musiklabel etc.). Youtube/Google sperrt Songs aber auch dann, wenn sie sich noch gar nicht um die Rechte bei den Rechteinhabern bemüht hat.

Wer von den beiden relevanten Parteien - Youtube/Google oder die GEMA - die größere Mitschuld trägt, kann ich Ihnen nicht sagen. Fest steht aber, dass jeder Urheber für sich selbst entscheiden muss, inwiefern eine Weitergabe seiner Werke möglich sein soll, ob er mit oder ohne GEMA arbeiten möchte, ob man eine Veröffentlichung gestatten möchte oder eine Veröffentlichung untersagen möchte (mit dem Risiko, weniger Einnahmen zu machen). Niemand wird im Übrigen dazu gezwungen, Mitglied der GEMA zu sein.

Auch dass die Situation in anderen Ländern z.T. für die Nutzer vorteilhafter ist hat viele Gründe: entweder die Rechteinhaber nehmen in anderen Ländern die Rechte wahr, ohne sich an eine Verwertungsgesellschaft zu binden (was sie ja auch in Deutschland nicht tun müssen) - oder aber Youtube/Google hat sich in anderen Ländern „schneller“ mit den Verwertungsgesellschaften einigen können.

Damit ist die Situation in anderen Ländern aber auch nicht zwangsläufig „besser“. So kommt es im Ausland nicht selten vor, dass Nutzer, die private Clips bei Youtube hochladen (und die Clips mit geschützter Musik hinterlegen) von den Rechteinhabern verklagt werden und es zu langwierigen und sehr kostenträchtigen Rechtsstreitigkeiten kommt.

Letztlich müssen sich damit die Urheber, Rechteinhaber und Portalbetreiber aber selbst im klaren sein, ob sie sich mit ihrer Haltung eher nützen oder schaden. Aber ich bin da optimistisch - früher oder später werden alle Beteiligten einsehen, dass eine Einigung möglich ist, die für alle Beteiligten vorteilhafter ist als der jetzige Zustand.

Es gibt aber auch jetzt schon Alternativen: so ist z.B. die Nutzung GEMAfreier Musik für Youtube-Videos möglich. Es gibt eine Reihe von Musikern und Labels, die sich nicht der GEMA anschließen. Das Repertoire ist meistens über GEMAfreie Musikbibliotheken erhältlich (oder aber bei Musikern/Labels direkt). GEMAfreie Musik kann dabei für alle Beteiligten die bessere Alternative sein: da keine Zwischenhändler/Vertriebe nötig sind, erhalten die Musiker/Labels mehr Geld - und die Sperrung von Clips in einzelnen Ländern durch Youtube ist auch nicht nötig. Zudem setzt sich die FDP Bundestagsfraktion für die stärkere Verwendung von Creative Commons (CC) Lizenzen ein, womit die Verwertung von kreativen Werken unabhängig von Verwertungsgesellschaften publiziert werden kann - der Schutz von Urheberrechten ist natürlich auch in diesem Modell vorgesehen.

Es gibt aber GEMAfreie Alternativen - und je mehr Nutzer auf diese Alternativen zurückgreifen, desto eher werden die Beteiligten einsehen, dass sie sich letzten Endes mit einer Nicht-Einigung selbst am meisten schaden.

Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Blumenthal