Frage an Sebastian Blumenthal von Thomas H. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Blumenthal,
Ich konnte es nicht glauben, aber ein Detail- Ergebnis der wochenlangen Verhandlungen über ALGII wurde bis jetzt nicht veröffentlicht.
Nämlich: Das unter bestimmten Umständen bei erwachsenene Behinderten die erwerbsunfähig sind, die ALGII Bezüge um 20% gekürzt werden! Das macht immerhin 73 Euro aus.
Der genaue Wortlaut:
Die neue Regelbedarfsstufe 3 sieht unter anderem vor, dass erwachsene Hilfebedürftige, die mit anderen Erwachsenen zusammenleben, auch dann nicht den vollen Regelsatz bekommen, wenn sie mit diesen keine Bedarfsgemeinschaft bilden. Das trifft zum Beispiel Menschen, die aufgrund ihrer Behinderung bei den Eltern oder in einer Wohngemeinschaft leben.
Mit einer massiven Klagewelle braucht die Regierung nicht zu rechen, da viele ja nicht mal in die Praxis eines Sozialanwaltes reinkommen wg baulichen Hindernissen, selbst wenn sie Klagen wollten.
Tut mir leid, aber diese Entscheidung ist für mich beim besten Willen nicht mehr nachvollziehbar.
Meine Frau ist selber behindert, ich weiß wie kompliziert das alltägliche Leben ist und welche Mehrkosten man deswegen hat im täglichen Leben. Das ist ein Schlag ins Gesicht für alle die behindert sind und ihre Angehörigen.
Bei allen Sinn fürs Sparen, aber das treibt einem normalen Menschen die Schamesröte ins Gesicht.
In meinen Informationen taucht kein Äußerung der FDP auf zu diesem Thema.
Ich wäre Ihnen dankbar wenn sie Ihre Sicht der Entscheidung darstellen würden
Mit freundlichen Grüssen
Hillmann Thomas
Sehr geehrter Herr Hillmann,
vielen Dank für Ihre Nachricht.
das von Ihnen angesprochene „Detail“ wurde im September letzten Jahres vom federführenden Bundesministerium für Arbeit und Soziales veröffentlicht (u.a. auch auf der Webseite des Ministeriums, wo der vollständige Referentenentwurf eingestellt worden ist).
Darüber hinaus haben auch die Parteien und Abgeordneten - so wie auch ich in meiner Funktion als Abgeordneter aus dem Wahlkreis Kiel - darüber informiert und (mindestens einmal im Monat) dazu Bürgersprechstunden in meinem Wahlkreisbüro angeboten (die Termine wurden im Internet und in der Lokalpresse veröffentlicht).
Es verhält sich folgendermaßen: Die von Ihnen angesprochene Regelbedarfsstufe 3 gilt für erwachsene Leistungsberechtigte im Bereich des SGB XII, die keinen eigenen Haushalt führen, sondern im Haushalt anderer Personen leben. Dies kann dann der Fall sein, wenn erwachsene behinderte Personen im Haushalt der Eltern oder ein Elternteil im Haushalt der Kinder lebt. In diesen beiden Fällen ist der Regelfall, dass das Kind oder der Elternteil einen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung hat.
Bei der Festlegung der Regelbedarfsstufe ist ausschlaggebend, dass Personen, die mit anderen in einem gemeinsamen Haushalt leben, im Regelfall einen geringeren kostenmäßigen Bedarf haben als Alleinstehende. Das bedeutet konkret, dass die Kosten für Haushaltsgeräte wie Waschmaschine, Kühlschränke etc. nur einmal angeschafft werden und regelmäßige Ausgaben, z.B. die Grundgebühren für den Telefon- oder Stromanschluss, nur einmalig für den Haushalt getätigt werden.
Die Regelbedarfsstufe trägt diesen Gesichtspunkten Rechnung und entspricht dem bisher geltenden Recht: Bei der „alten“ Sozialhilfe (geregelt im Bundessozialhilfegesetz) ist danach unterschieden worden, ob ein Leistungsbezieher Haushaltsvorstand oder Haushaltsangehöriger ist. Ein Haushaltsvorstand hatte 100%ige Leistungen erhalten, während ein Haushaltsangehöriger 80%ige Leistungen erhalten hat.
Diese Kostenkonstellation berücksichtigt den Regelfall, wie sie der „Lebenswirklichkeit“ entspricht (so formulieren es die Gerichtsentscheidungen).
Sollte aber der Fall vorliegen, dass dieser Regelfall nicht vorliegt (was selbstverständlich vorkommen kann), dann hat jede leistungsberechtigte Person die Möglichkeit, bei den zuständigen Sozialhilfeträgern z.B. den vollen Regelsatz zu beantragen, sofern die individuellen wirtschaftlichen Verhältnisse dies begründen. Die Regelbedarfsstufe muss aber vom Regelfall ausgehen, Herr Hillmann.
Diese Regelbedarfsstufe 3 wird aber - so wie auch alle Regelsätze beim Arbeitslosengeld 2 - regelmäßig dahingehend geprüft, ob die Höhe auch weiterhin der Lebenswirklichkeit entspricht (im Gesetzgebungsverfahren zur „Hartz IV“-Reform vor wenigen Wochen ist diese regelmäßige Überprüfung auch schriftlich festgehalten worden).
Bei weiteren Fragen, Herr Hillmann, können wir uns auch gerne persönlich in meinem Bürgerbüro in Kiel darüber austauschen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Sebastian Blumenthal