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Sebastian Blumenthal
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Frage von Theo M. •

Frage an Sebastian Blumenthal von Theo M. bezüglich Jugend

Sehr geehrter Herr Blumenthal,

in der Diskussion um die Bezüge von Hartz4-Empfängern wird immer wieder ein sogenanntes "Gutschein"-Modell erwähnt. Die Idee ist, dass man Hartz4-Beziehern die Bezüge nicht erhöht, sondern stattdessen für verschiedene Angebote "Gutscheine" verteilt, speziell für Kinder. Abgesehen davon, dass ich nicht sehe, wie sich das mit einem liberalen Menschenbild verträgt, frage ich mich, wie die Umsetzung konkret aussehen soll.

Geplant ist, diese Gutscheine etwa für Nachhilfeunterricht, Mitgliedschaften in Sportvereinen oder für Musikunterricht bereit zu stellen. Meine Frage möchte ich mit einem Beispiel beginnen:
Ein Vater möchte seinen Sohn in die Nachhilfe schicken. Er hat einen "Gutschein" im Wert von 50 Euro. Der Nachhilfelehrer möchte aber selbstverständlich sein Geld auch ausgezahlt bekommen. Dabei muss der Nachhilfelehrer gegenüber den Sozialbehörden aber nachweisen, dass er Nachhilfelehrer ist. Das bedeutet, der Staat muss jeden Nachhilfelehrer, der diese Gutscheine annehmen will, "lizensieren". Das wiederum bedeutet, dass man eine eigene Behörde schaffen muss, nur, um sämtliche Nachhilfelehrer, Musiklehrer, Sportvereine usw. lizensieren zu können und um die Gutscheine einzulösen. Gleichzeitig bedeutet das auch, dass diese Behörde in den freien Wettbewerb eingreift, da sie auch Lizenzanwärter ablehnen können muss.

Liegt es im Interesse der FDP, weitere Bürokratie aufzubauen, die möglicherweise auch wettbewerbsverzerrende Auswirkungen hat? Ist Ihnen bewusst, dass Sie damit insbesondere freiberufliche Nachhilfe- oder Musiklehrer, die in ihrer Tätigkeit einen Nebenverdienst sehen (z.B. Studenten) systematisch benachteiligen würden?

Im Übrigen frage ich mich, wie diese "Gutscheine" weitere notwendige Ausgaben finanzieren sollen, etwa ein Instrument, das man sich für den Musikunterricht kaufen muss? Inwiefern werden solche Ausgaben von den "Gutscheinen" erfasst?

Ich würde mich über eine ehrliche Antwort freuen,

Theo Marx

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Marx,

vielen Dank für Ihre Nachricht.

Nach Auskunft des Bundesarbeits- und Sozialministerium ist eine sog. „Bildungskarte“ Gegenstand der Überlegungen, die als eine elektronische Wertkarte funktionieren soll (vergleichbar mit der von Banken und Sparkassen ausgegebenen „Geldkarte“, die z.B. über das Internet aufgeladen werden kann). Diese Karte soll dann mit einem individuellen, zweckgebundenen Budget aufgeladen werden können.

Aktuell werden bereits jetzt ein Großteil der Hartz IV-Zusatzleistungen (die zusätzlich zum Regelsatz und zu den Kosten der Unterkunft gezahlt werden) über Gutscheine, Kostenübernahmeerklärungen oder Rückerstattungsformulare abgewickelt. Zum anderen bieten auch viele Städte und Gemeinden Zusatzleistungen an, die per Chipkarten oder „Sozialausweise“ ausgeteilt werden, so z.B. Preisnachlässe sowie ermäßigte oder kostenfreie Nutzungen von Museen, Bibliotheken, ÖPNV-Tickets, Mittagessen in Schulen und Kitas, Eintrittskarten für öffentliche Schwimmbäder und Sportstätten, Ferienfreizeiten, Tierparks, Freizeitparks, für den Kauf von Spielwaren oder Lernmittel für Schüler.

Mit der von Ministerin von der Leyen ins Gespräch gebrachten „Bildungskarte“ sollen diese Gutscheine, Kostenübernahmeerklärungen Rückerstattungsformulare und die bereits nutzbaren Wertkarten nun in Form eines einzigen Zahlungsinstruments zusammengefasst und abgelöst werden. Um eine kostenintensive Infrastruktur von Aufladestationen und Zahlungsterminals zu vermeiden, sollen auch internetbasierte Lösungen (z.B. in Form von Eingabemasken) bevorzugt Anwendung finden. Wenn es also um die Bündelung in elektronischer Form geht, sehe ich das grundsätzlich für einen guten Ansatz.

Der Verfahrensablauf sieht nun folgendermaßen aus. Zuerst wird vom Bundesarbeits- und Sozialministerium ein Konzept ausgearbeitet - dies erfolgt im Dialog mit Lehrerinnen und Lehrern, Mitarbeitern der Kinder- und Jugendhilfe sowie der Jobcenter und den Sozial-, Kultus- und Arbeitsministern der Länder sowie den Sozial- und Wohlfahrtsverbänden.

Unter allen Beteiligten gibt es nun - wie das Ministerium mitgeteilt hat - „eine breite Zustimmung“ dafür, die (bereits vorhandenen) zusätzlichen Hartz IV-Leistungen durch weitere Sach- und Dienstleistungen zu erweitern.

Sobald ein konkretes Konzept ausgearbeitet worden ist, erfolgt die Abstimmungen mit den anderen Regierungsmitgliedern/Ministerien.

Und im Anschluss an diesen Schritt erfolgt die parlamentarische Beratung. An dieser Stelle kommen dann die Bundestagsabgeordneten ins Spiel. Was meinen Arbeitsbereich angeht - so wird das Konzept von Ministerin von der Leyen (sobald denn ein konkreter Entwurf vorliegt) von uns im Ausschuss für „Arbeit und Soziales“ beraten. Dabei werden dann die noch vorhandenen offenen Fragen diskutiert und durch Änderungen korrigiert - bevor es zur Verabschiedung des Gesetzes kommt.

Ob die von Ihnen in Ihrer Frage diskutierten Leistungen in Form von Schülernachhilfe auch dazugehören werden, ist derzeit noch nicht abzusehen.

Desweiteren ist vom Ministerium vorgesehen, in 2011 in ausgewählten Pilotregionen Modellprojekte mit der Bildungskarte zu starten, um dann in 2012 die Bildungskarte für alle bedürftigen Kinder und Jugendlichen einzuführen und dann mittelfristig die Bildungskarte allen Kindern in Deutschland zur Verfügung zu stellen.
 
Ich verbleibe mit freundlichen Grüßen
 
Sebastian Blumenthal