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Sebastian Blumenthal
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Frage von Felix B. •

Frage an Sebastian Blumenthal von Felix B. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Blumenthal,

ich schreibe sie an, da sie im Ausschuss Arbeit und Soziales vertreten sind und ich hätte von ihnen gerne eine Antwort auf die Frage, wann sich die Bundesregierung und ihre Partei im speziellen endlich mit der mit folgender Frage auseinandersetzt:

Im Zuge einer immer produktiver werdenden Wirtschaft und der im Rahmen der Globalisierung Auslagerung von arbeitskraftintensiven Prozessen, werden wir doch in Deutschland dauerhaft mit einer strukturellen Arbeitslosigkeit leben müssen. Seit mittlerweile 12 Jahren wird porpagiert, dass die Menschen doch "nur" durch erhöhte Flexibilität, stärkerer Arbeitsbereitschaft ect. eine tatsächliche Chance auf ein leistungsgerechtes Auskommen hätten und wir durch eine Politik die einzig und allein auf das Wachstum der Märkte setzt, soziale Politik betreiben würden. ("Sozial ist was Arbeit schafft"). Entschuldigen sie das entbährt doch jeglicher wissenschaftlicher Grundlage und wird den Glauben in unser demokratisches System m.E. auf dauer untergraben. Es ist Zweifelsfrei bewiesen, dass sich im Rahmen der derzeitigen Politik zur Verschärfung sozialer Ungleichheit kommt, wir stigmatisieren durch eine solche Politik die Chancenlosen unsere Gesellschaft zunehemend. Wann setzten wir uns endlich mit der Frage auseinander was wir mit den Menschen unserer Gesellschaft (im Moment mindestens 3,5Mio!!!!) anfangen möchten bzw. welche Perspektiven wir diesen Menschen bieten können, die eindeutig keine Chance auf einen Arbeitsplatz haben, weil es schlichtweg nicht genug Lohnarbeit gibt, die ein eigenständiges Leben ermöglicht. Sehen sie nicht auch die Zukunft der Legitimation unserers Systems gefährdet wenn wir diese Menschen ständig weiter stigmatisieren und sie systematisch belügen. Wann setzt sich die Politik endlich mit dieser Tatsache auseinander und arbeitet an möglichen Lösungen? (wie z.B Ideen des bedingungslosen Grundeinkommens)

MfG

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Baumann,

vielen Dank für Ihre Nachricht. Es ist unbestreitbar, dass wir vor allem im Sozialbereich mit vielen Problemen zu kämpfen haben. Man muss aber auch zur Kenntnis nehmen, dass die Politik - über alle Parteigrenzen hinweg - verantwortungsbewusst daran arbeitet, diese Probleme zu regeln. Betrachten wir einmal die Situation der Arbeitslosigkeit: Die Arbeitslosigkeit ist seit 2005 von knapp 5,2 Mio auf (wie Sie richtig festgestellt haben) knapp 3,2 Mio gesunken. Dabei müssen wir berücksichtigen, dass sich selbst in den letzten anderthalb Jahren die Arbeitslosenzahlen (im Zuge der heftigsten Wirtschafts- und Finanzkrise unserer Zeit!) positiv entwickelt haben. Und bei diesen Arbeitsplätzen handelt es sich zum Großteil um qualifizierte Arbeitsplätze, d.h. weder um "Ein-Euro-Jobs" noch um "geringfügige" Beschäftigungen. Insofern lässt sich die von Ihnen implizierte Unterstellung, es würde in unserem Land die Arbeit ausgehen, nicht empirisch belegen (aktuell gibt es auch noch über 800.000 offene Stellen).

Ich gebe ganz offen zu, dass im Zuge der von der damaligen Rot-Grünen Bundesregierung vorgenommenen Reformen viele handwerkliche Fehler passiert sind. Diese Fehler (vor allem im Hartz IV-Bereich) müssen wir korrigieren und das haben wir auch in Angriff genommen. Wie Sie den Stellungnahmen und Programmen entnehmen können, haben wir als FDP schon frühzeitig z.B. die Verfassungswidrigkeit der Hartz IV-Regelsätze angemahnt (worin uns das Bundesverfassungsgericht bestätigt hat). Darüber hinaus haben wir das Kindergeld erhöht und für Familien mit Kindern wesentliche steuerliche Entlastungen geschaffen. Und auch die Verdreifachung des Schonvermögens für Hartz IV-Empfänger ist eine Maßnahme, die ich ausdrücklich befürworte.

Eine Bedrohung der Legitimation dieses politischen Systems lässt sich auch nicht erkennen, zumal in Deutschland über alle Ebenen knapp 800 Mrd. EUR (800.000.000.000 Euro) pro Jahr für Sozialleistungen aufgewendet werden (zumal mir auch keine Alternative zu diesem politischen System bekannt ist, die sich zu irgendeiner Zeit in irgendeinem Land auf dieser Erde dauerhaft etabliert hätte). Und damit kommen wir auch zur Idee des bedingungslosen Grundeinkommens. Rein theoretisch könnte man die 800 Mrd dafür verwenden, jedem Bürger 800 EUR im Monat auszuzahlen. Allerdings müssten Sie dann bewerkstelligen, von heute auf morgen alle Einrichtungen, die direkt oder indirekt mit der Sozialverwaltung betraut sind, zu schließen und alle Mitarbeiter zu entlassen und den Mitarbeitern (darunter auch viele Beamte) sämtliche Leistungen (Renten/Pensionen, Krankenversicherung etc.) ersatzlos streichen. Auch müssten sämtliche Versorgungssysteme (wie z.B. die Rentenversicherung) - ohne Rücksicht auf die rechtmäßig erworbenen Anwartschaften - abgeschafft werden. Unabhängig davon, dass das verfassungsrechtlich nicht zulässig ist, wäre das auch technisch nur schwer durchführbar. Im übrigen gibt es weltweit eine Reihe von Ländern, die bereits mit einem bedingungslosen Grundeinkommen experimentiert haben. Bislang ist jedes dieser Experimente fehlgeschlagen (oder aber das Grundeinkommen ist schlicht und einfach zu gering - wie z.B. in Alaska, wo ein bedingungsloses Grundeinkommen in Höhe von 1.100 US$ - pro Jahr - eingeführt worden ist). Ich lasse mich aber gerne vom Gegenteil überzeugen.

Wenn man berücksichtigt, dass sich in Zukunft der demographische Wandel noch stärker auf dem Arbeitsmarkt niederschlägt (als es jetzt schon der Fall ist), dann wir es sogar dazu kommen, dass es zu wenig Arbeitskräfte gibt.

Was ich aber im Zuge der aktuellen Situation am bemerkenswertesten finde, ist der Umstand, dass auch viele Menschen jetzt in Arbeit sind, die man noch vor wenigen Jahren als "nicht vermittelbar" oder "chancenlos" abgestempelt hätte.

Auch wenn ich Ihre Einschätzung im Ansatz verstehen kann, so kann ich sie aber nicht teilen. Herr Baumann - lassen Sie uns einfach betrachten, wie sich die Arbeitslosigkeit in den letzten 5 Jahren reduziert hat und gemeinsam daran arbeiten, dass diese Entwicklung sich fortsetzt.
 
mit freundlichen Grüßen
Sebastian Blumenthal