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Sebastian Blumenthal
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Frage von Manfred M. •

Frage an Sebastian Blumenthal von Manfred M. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Blumenthal,

Ihre Partei vertritt ja traditionell die Position, der Staat solle sich nicht zu stark in die Wirtschaft einmischen. Bei den Diskussionen um die nun hoffentlich beginnende Sanierung des Staatshaushaltes hätte ich gedacht, auf die FDP setzen zu können, wenn es um die radikale Abschaffung der Subventionen geht, die, falls ich richtig informiert bin, mehr als 20 Milliarden Euro jährlich betragen. Wenn ich alleine an die Milliardensubventionen denke, die an die Lebensmittelkonzerne gehen, wird mir übel. Bei der gigantischen Staatsverschuldung wäre es doch angebracht, sie ausnahmslos zu streichen, auch wenn das Untergangsgeschrei der diversen Lobbyisten groß sein wird. Ich bin zwar nicht sehr optimistisch, dass die FDP auch hier Wort hält, zumal ja aus dem im Bundestagswahlkampf vollmundig angekündigten "FDP-Sparbuch" ja auch nichts geworden ist, allerdings habe ich noch nicht aufgehört, an patriotische Vernunft zu glauben. Wäre ein Subventionsstopp nicht glaubwürdiger und vor allem wirksamer, als die aus meiner Sicht illusionären Steuersenkungsversprechen der FDP? Wäre es jetzt nicht an der Zeit die zweifelhafte makroökonomische Lenkungswirkungen von Subventionen auf den Prüfstand zu stellen?

Mit freundlichen Grüßen

Manfred Muster

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Muster,

nach meinem Eindruck stimmen wir beide überein, dass der Abbau von Subventionen der richtige Weg ist, um die Staatsschulden abzubauen. Da ich Abgeordneter aus Schleswig-Holstein bin, habe ich als Beispiel den Subventionsabbau (in Kombination mit weiteren Kürzungen aller Staatsausgaben) dargestellt, wie ihn die FDP unserer Haushaltsstrukturkommission in Schleswig-Holstein vorgeschlagen hat und auch durchsetzen konnte. So sind folgende Maßnahmen vorgesehen:

Das strukturelle Defizit wird bis 2012 um 20 Prozent und in den
Folgejahren jährlich um zehn Prozent abgebaut.

Das Budget für Zuwendungen wird bis 2012 um ca. zehn Prozent abgebaut.

Ab 2020 soll in wirtschaftlich normalen Zeiten jährlich ein strukturell ausgeglichener Haushalt vorliegen und abgeschlossen werden.

Im Budget für Personal und Verwaltung ist berücksichtigt, dass bis 2020 etwa zehn Prozent der derzeitigen Personalstellen reduziert werden.

Das Landeswahlrecht wird dahingehend überarbeitet, dass eine Überschreitung der in der Landesverfassung vorgesehenen Landtagsmandate vermieden wird.

Die zusätzliche Entschädigung für Abgeordnete für die Ausübung besonderer parlamentarischer Funktionen (z.B. Fraktionsvorsitzende) wird ab 2011 um 10 Prozent reduziert.

Die Zuschüsse für die Fraktionen werden für die Jahre 2011 und 2012 um zehn Prozent reduziert.

Das Amt der künftigen Direktorin bzw. des künftigen Direktors des Schleswig-Holsteinischen Landtages wird von B 9 nach B 8 abgesenkt (entspricht einer „Gehaltskürzung“ von ca. 6500 EUR p.a. - bei Berücksichtigung der jährlichen Sonderzahlungen).

Die Besoldung für die künftige Präsidentin bzw. den künftigen Präsidenten des Landesrechnungshofs wird von B 10 nach B 9 abgesenkt (entspricht einer „Gehaltskürzung“ von ca. 15000 EUR p.a. - bei Berücksichtigung der jährlichen Sonderzahlungen).

Künftige Staatssekretärinnen und Staatssekretäre werden ebenfalls in ein Amt der Besoldungsgruppe B 9 (bisher B 10) berufen.

Für künftig neu berufene Minister wird der Versorgungsanspruch nach dem 5. Amtsjahr um zehn Prozentpunkte, nach dem 6. Amtsjahr um sieben Prozentpunkte und ab dem 7. Amtsjahr um vier Prozentpunkte abgesenkt,

Stellvertretende Staatssekretärinnen und Staatssekretäre werden künftig nach B5 (bisher B7) besoldet (entspricht einer „Gehaltskürzung“ von ca. 10.000 EUR p.a. - bei Berücksichtigung der jährlichen Sonderzahlungen).

Stellenabbau: Die Zahl der Stellen und Planstellen wird um zehn Prozent bzw. rund 5.300 Stellen bis 2020 reduziert.

Polizei: Die Polizeishows in Kiel und Neumünster, die Begleitung von Schwertransporten, die Überwachung der Sicherheitsbestimmungen von Hafenanlagen werden komplett gestrichen, sowie die Big-Band aufgelöst.

Die Aufgaben der Gerichtsvollzieher sollen auf Beliehene übertragen werden.

Beamtinnen und Beamte wird auf ihren Antrag die Möglichkeit gegeben, nach vollendetem 60. Lebensjahr in den Ruhestand versetzt zu werden, wenn die entsprechende Stelle nicht erneut besetzt wird. In diesem Fall reduziert sich die Versorgungsleistung um bis zu 14,4 Prozent.

Die derzeit bis Ende 2012 befristete Altersteilzeit wird unbefristet fortgesetzt. Voraussetzung ist der Wegfall der Stelle (im Unterschied zur Privatwirtschaft).

Die Jubiläumszuwendungen für 25 Jahre, 40 Jahre und 50 Jahre Dienstzugehörigkeit werden ersatzlos gestrichen.

Die besondere Altersgrenze für den Ruhestand von Polizei- und Strafvollzugsbeamten und -beamtinnen und die besondere Antragsaltersgrenze für Schwerbehinderte werden um zwei Jahre von 60 auf 62 Jahre angehoben. Zugleich entfällt die Ausgleichsentschädigung für die vorzeitige Pensionierung.

Die Selbstbehalte bei der (Krankheitskosten-)Beihilfe werden um 20 Prozent erhöht.

Der gegenüber den aktiven Beamten um 30 Prozent verminderte Selbstbehalt für Ruhestandsbeamtinnen und -beamte wird an den für aktive Beamtinnen und Beamte angeglichen.

Es wird kein zusätzliches Sitzungsgeld für Personalratsmitglieder mehr gezahlt.

Die acht Katasterämter werden abgewickelt (also faktisch aufgelöst).

Die Liegenschaftsverwaltung (LVSH) wird aufgelöst.

Die „kleinen“ Justizvollzugsanstalten (JVA) aufgelöst: Die JVA Flensburg wird 2013 geschlossen, die JVA Itzehoe und die Abschiebehafteinrichtung Rendsburg jeweils bis spätestens 2020.

Schuldner tragen die Kosten der Restschuldbefreiung künftig selbst. Eine Möglichkeit zur Stundung der Verfahrenskosten soll nicht mehr vorgesehen werden.

Die Zuschüsse an die Schulen der dänischen Minderheit werden auf 85 Prozent des aktuellen Schülerkostensatzes für den dänischen Schulverein abgesenkt.

Das Land übernimmt künftig keine Kosten für die Schülerbeförderung mehr.

Die Landesliegenschaft Salzau soll verkauft werden. Die Zuweisungen an JazzBaltica - ein vom Land finanziertes dreitägiges Jazzfestival - werden eingestellt.

An der Universität Flensburg werden die wirtschaftswissenschaftlichen Studiengänge (800 Plätze) zum Wintersemester 2011/12 beendet.

Das Medizinstudium wird nach Kiel verlagert. Ab dem Wintersemester 2011/12 werden deshalb keine neuen Studienanfänger für Medizin in Lübeck immatrikuliert.

Für das Studentenwerk werden die Zuschüsse reduziert bzw. gestrichen: Die Mittel für soziale Maßnahmen werden um 25 Prozent in 2011 und anschließend zusätzlich zehn Prozent in 2012 reduziert. Darüber hinaus werden die Zuschüsse für den Neubau und die Sanierung von Studentenwohnungen gestrichen.

Die investiven Mittel für den Landesstraßenbau werden bis 2012 um ca. 30 Prozentzurückgeführt.

Die Förderung der Tourismus-Agentur Schleswig-Holstein (TASH) wird bis Ende 2014 eingestellt.

Die landeseigenen Häfen in Husum, Tönning, Friedrichstadt und Glückstadt werden kommunalisiert oder privatisiert, der landeseigene Hafen Friedrichskoog wird geschlossen.

Die Beteiligung an der Kieler Flughafen GmbH (KFG) wird aufgegeben. Bis spätestens Ende 2012 werden die Betriebsmittel des Landes eingestellt.

Enterprise Europe Network (EEN): Die Förderung des EEN wird nach dem Auslaufen der ersten Förderperiode Ende 2010 beendet.

Die Krankenhausfinanzierung aus dem Landeshaushalt wird um zehn Prozent reduziert.

Das Landesblindengeld für Erwachsene wird auf das für Minderjährige geltende Niveau gesenkt.

Die Erstattungen für Altlastensanierung an Kommunen werden bis 2012 um ca. 60 Prozent abgesenkt.

Das Programm für einzelbetriebliche Förderung in der Landwirtschaft wird komplett eingestellt.

Die Zuweisung des Landes an die Landwirtschaftskammer wird um ca. 30 Prozent gesenkt.

Die dauerhafte Beibehaltungsförderung des ökologischen Landbaus wird eingestellt.

Die Landesförderung für Anlagen zur Strom- und Wärmegewinnung aus landwirtschaftlicher Biomasse wird beendet.

Die Förderung der integrierten ländlichen Entwicklung wird um rund 25
Prozent reduziert.

Zuschüsse für Maßnahmen der zielgruppenspezifischen Fort- und Weiterbildung im Bereich der Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft werden ab 2011 gestrichen.

Stiftung Naturschutz: Die Zuwendungen des Landes werden bis 2012 um ca. 45 Prozent gesenkt.

Rechtsverordnungen und Erlasse werden nach einer Überprüfung durch die Landesregierung als entbehrlich einstuft und aufgehoben. Die Überprüfung wird fortgesetzt.

Bei einem aufmerksamen Vergleich werden Sie bei den genannten Kürzungen/Streichungen auch diverse Beispiele aus dem „Liberalen Sparbuch“ wiederfinden.

Schon bei diesen Maßnahmen haben wir es - wie Sie richtig bemerkt haben, Herr Muster - mit einem lautstarken Widerstand der Lobbygruppen zu tun. Dieser Katalog zeigt unser Handeln in Regierungsverantwortung (in diesem Fall auf Landesebene) - für ähnlich konsequente Schritte werde ich mich auf Bundesebene einsetzen.
 
mit freundlichen Grüßen
 
Sebastian Blumenthal