Liebe Frau Weishaupt, Was macht die Bundesregierung im Bereich Forschung der Seltenen Erkrankungen? Ich erkenne da keine richtige Strategie - weder national oder europäisch.
Ich bin ehrenamtlich für einen Verein aus dem Bereich der Seltenen Erkrankungen mit 110 betroffenen Kindern tätig. In Deutschland sind alleine um die 4 Millionen Menschen mit 7.000 verschiedenen Erkrankungen betroffen. Trotzdem laufen wir in Deutschland in der Forschung in diesem Bereich den USA meilenweit hinterher. Eine Beteiligung Deutschlands an einer europäischen Strategie zur Erforschung von seltenen Erkrankungen ist nicht erkennbar bzw. ist unterfinanziert. Forscher aus Deutschland und Europa wandern nach USA aus, weil die Bedingungen an den deutschen Universitäten mehr als unzureichend für die Forschung ist. Gibt es Bestrebungen von der Regierung das zu ändern?
Lieber Herr M. H.
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Wie sie es richtig anmerken, gibt es ca. 7000 Erkrankungen, die als „selten“ gelten, bei denen 80% der Fälle genetisch bedingt sind, meistens Kinder betreffen und zudem zu einem großen Teil leider nicht heilbar sind. Dies stellt die sowohl die Forschung als auch Versorgung vor besonderen Herausforderungen. Denn dadurch ist jeder Fall nicht nur besonders selten, sondern auch besonders komplex, sodass der Weg zu einer gesicherten Diagnose oft eine langwierige Odyssee durch das Gesundheitssystem darstellt.
Daher liegt es uns Grünen am Herzen, den Diagnoseweg zu verkürzen, die Forschung voranzubringen und die Versorgungssituation zu verbessern.
Es wurden bereits verschiedene Plattformen und Datenbanken eingerichtet, um die Vernetzung, Kommunikation und Aufklärung in diesem Bereich zu verbessern und dadurch die Diagnose zu beschleunigen. So bieten sowohl das SE-ATLAS als auch Orphanet und ZIPSE viele Informationen, wie etwa einen Überblick zu Versorgungsmöglichkeiten sowie medikamentöse Therapie von zahlreichen Seltenen Erkrankungen. Die Informationen richten sich an Betroffene und ihre Angehörigen wie auch an medizinisches, therapeutisches und pflegerisches Personal.
Auch die Forschung selbst unterstützt die Bundesregierung. So werden nationale Forschungsverbünde, die Grundlagenforschung und klinische Forschung betreiben, mit 144 Mio. Euro über das BMBF gefördert. Außerdem steht über eine aktuelle Förderrichtlinie bestehenden Forschungsverbünden die Möglichkeit offen, für weitere drei Jahre Fördermittel in Anspruch zu nehmen. Darunter sind auch neuen Verbünde, die von 2022 bis 2026 mit ca. 21.5 Mio. Euro unterstützt werden. Nähere Infos finden Sie unter https://www.research4rare.de/.
Um die Dokumentation Seltener Erkrankungen zu verbessern und zu vereinheitlichen, soll die Medizininformatik-Initiative des BMBF Abhilfe schaffen. Dazu gehört u.a. der Forschungsverbund Collaboration on Rare Diseases (CORD_MI), an dem sich viele deutsche Universitätsklinika beteiligen. Weitere Informationen hier finden Sie unter https://www.medizininformatik-initiative.de/de/CORD.
Zur Stärkung der internationalen Kollaboration beteiligen sich sowohl das BMBF als auch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) neben 31 anderen Förderern aus 23 Ländern an dem European Joint Programme on Rare Diseases (EJP RD), welches von der EU gefördert. Nähere Informationen hierzu finden Sie hier: https://www.ejprarediseases.org/.
Um den Diagnoseweg der Betroffen zu verkürzen, unterstützt die Ampel-Regierung auch das International Rare Diseases Research Consortiums (IRDiRC), welches das Ziel verfolgt, sicherzustellen, dass bis 2027 alle Betroffenen, die an einer Seltenen Erkrankung leiden, innerhalb eines Jahres eine korrekte Diagnose erhalten. Zudem sollen 1.000 neue Therapieansätze zugelassen werden, vor allem für jene Seltene Erkrankungen, für die keine Therapieansätze vorhanden sind. Nähere Informationen hier finden Sie unter https://irdirc.org/.
Über diese Maßnahmen hinaus wurde in der letzten Sitzungswoche vor der parlamentarischen Sommerpause auch das Medizinforschungsgesetz im Bundestag verabschiedet. Das Gesetz zielt darauf ab, die Forschungsbedingungen in Deutschland generell zu verbessern. Davon profitieren auch die Pharmaunterunternehmen, die Orphan Drugs, Arzneimittel zur Behandlung von Seltenen Erkrankungen, herstellen.
Herzliche Grüße
Ihr Team Weishaupt