Portrait von Sascha Raabe
Sascha Raabe
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Sascha Raabe zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Günter W. •

Frage an Sascha Raabe von Günter W. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Raabe.

Wie sie wissen liegt gegen das EEG 2009 eine Verfassungsbeschwerde von der Fa. GENO Bioenergie Leasingfonds Erste GmbH & Co KG vor.

Parallel haben die Bundesländer Schleswig-Holstein und Niedersachsen eine Änderung des Bestandsschutzes für bestehende Biogasanlagen im Bundesrat beantragt, Der Gesetzesantrag passierte in der 851 . Sitzung am 28. November 2008 den Deutschen Bundesrat.
Nunmehr steht eine Beschlussfassung im Deutschen Bundestag an.

Ich frage Sie als Stellv. Mitglied des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie.
1. Werden Sie die Beschlussfassung zum Termin Anfang Februar 2009 unterstützen oder verzögern bis das Verfassungsgericht entscheidet ?
2. Werden Sie dem Antrag zustimmen ?
3. Ist es gerecht Bestehenden Anlagen die unter dem Gesichtspunkt eneuerbarer Energie (Umwelt) konzipiert waren im nachhinein durch die Gesetzgebung den Boden zu entziehen ? (Bestandsschutz)

Als Kleinanleger habe ich Anteile am Leasingfonds Bioenergiepark "Klarsee" in Pekum bei der Raiffeisenbank gekauft.

Gründe waren, etwas für erneuerbare Energie und die Umwelt zu tun.
Gleichzeitig aber auch als zusätzliche Altersvorsorge.

Ich hätte nie gedacht das der Gesetzgeber die Basis dieser Anlage verändert.

Mit frdl. Grüßen aus Rodenbach

Günter Wagner

Portrait von Sascha Raabe
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Wagner,

leider komme ich erst jetzt dazu Ihnen zu antworten. So ist es mir jedoch möglich, die mittlerweile getroffene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes in dem von Ihnen angesprochenen Fall mit einzubeziehen.

Im EEG sind Vergütungssätze für Biomasseanlagen geregelt, die zwischen kleinen und großen Biomasseanlagen differenzieren. Die Sätze für die Kilowattstunde Strom sind nach der Wirtschaftlichkeit der jeweiligen Größenklasse bestimmt und sinken je größer die Biomasseanlage ausgelegt ist. Bereits im EEG 2004 war nach § 3 Absatz 2 geregelt, dass mehrere Anlagen zur Erzeugung von Strom aus gleichartigen Erneuerbaren Energien unter bestimmten Voraussetzungen als eine Anlage im Sinne der Vergütung zu behandeln sind.

Einzelne Betreiber von Biomasseanlagen haben in Kenntnis dieser Vorschrift ihre Anlagen gleichwohl modulartig aufgebaut, um die hohe Vergütung für Kleinanlagen zu erhalten. Damit wurde aber das EEG 2004 und der Gesetzeszweck des § 3 Absatz 2 bewusst umgangen. Dieses Vorgehen war bereits damals rechtswidrig und die Betreiber hatten demnach keinen Anspruch auf den erhöhten Vergütungssatz. Die Bundesregierung hat dies im August 2006 auf Antrag des Bundesrates auch ausdrücklich festgestellt.

Die SPD-Bundestagsfraktion hat die Frage der missbräuchlichen Nutzung des Anlagenbegriffes genau geprüft. Wir haben über mehrere Jahre hinweg beobachtet, wie Einzelne bestehende Vollzugslücken ausgenutzt haben. Dies konnte der Gesetzgeber nicht länger hinnehmen. Die Bundesregierung hat daraufhin im Rahmen des EEG 2009 eine Klarstellung in § 19 EEG vorgeschlagen, die von beiden Koalitionsfraktionen verabschiedet wurde. Diese Regelung ist inhaltlich identisch mit der bisherigen Regelung aus dem EEG 2004 und somit keine Neuregelung. Damit stellt sich aber auch nicht die Frage des Bestandsschutzes.

Ich habe Verständnis dafür, wenn Kleinanleger aufgrund der bestehenden Gesetzeslage um die Früchte ihres Investments fürchten. Soweit es beim Abschluss entsprechender Verträge zwischen Kleinanleger und dem Unternehmen bzw. durch die Vermittlung der beratenden Bank keine Hinweise auf eventuell bestehende Risiken gegeben hat, sollten sich die Betroffenen mit der örtlichen Verbraucherberatung in Verbindung setzen. Hier könnten sich ggf. Regressansprüche gegen das Unternehmen oder gegen die beratende Bank ergeben. Ob die Voraussetzungen hierfür vorliegen, muss in jedem Einzelfall geprüft werden.

Der Bundesrat hat im November 2008 einen Änderungsantrag zum EEG beschlossen, der die Anwendung des § 19 EEG nur für Neuanlagen gelten lassen will. Die Bundesregierung hat in ihrer Stellungnahme vom 30.01.2009 empfohlen, den Ausgang von Verfassungsbeschwerden und Anträgen auf Erlass einer Einstweiligen Anordnung zur Geltung des § 19 EEG für bestehende Anlagen, die beim Bundesverfassungsgericht anhängig sind, abzuwarten.

Mittlerweile hat das Bundesverfassungsgericht am 18.02.2009 den Antrag der von Ihnen angesprochenen Betreiberin eines Bioenergieparks, § 19 Abs. 1 EEG im Wege einer einstweiligen Anordnung einstweilen außer Kraft zu setzen, abgelehnt. Die Ablehnung begründet das Bundesverfassungsgericht damit, dass § 19 Abs. 1 EEG verhältnismäßig sei und dem legitimen Ziel diene, eine unnötig hohe finanzielle Belastung der Netzbetreiber, Letztversorger und schließlich der Stromkunden zu vermeiden. Daraus leiten wir andererseits aber auch ab, dass für Anlagen in jedem Fall ein Bestandsschutz bei Dauer und Höhe der Vergütung gilt, bei denen die Vergütung nicht rechtsmissbräuchlich beantragt worden ist. Die Begründung des Bundesverfassungsgerichtes können Sie unter folgendem Link nachlesen:
http://www.bundesverfassungsgericht.de/pressemitteilungen/bvg09-026.html .

Ausdrücklich nicht Gegenstand des Verfahrens beim Bundesverfassungsgericht war die Frage, ob auch mehrere unabhängig voneinander errichtete Einzelhofanlagen verschiedener Betreiber erfasst werden. Sofern einzelne Biomasseanlagenbetreiber nun befürchten, zu Unrecht vom Netzbetreiber die höhere Vergütung versagt zu bekommen, sollten sie sich an die Clearingstelle wenden, die zur Klärung solcher Streitigkeiten vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit errichtet worden ist.

Ich habe mich hierzu mit Kollegen ausgetauscht. Die SPD-Bundestagsfraktion wird die Musterverfahren bei der Clearingstelle zum Anlagenbegriff beobachten und danach entscheiden, ob ein Anpassungsbedarf beim EEG 2009 besteht.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Sascha Raabe