Frage an Sascha Raabe von Oliver D. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Hr. Dr. Raabe,
spielte bei der ungewohnten gesetzgeberischen Eile bei der Verabschiedung des sg. "Banken-Rettungspaketes" der Settlement-Termin für CDS Kreditversicherungen auf Bonds der untergegangenen Fa. Lehman Bros. am kommenden Dienstag, den 21. 10.08 eine Rolle und wenn ja, welche?
Sind konkrete durch den Finanz-Treuhand-Fonds zu behebende Probleme schon bekannt gewesen vor der Verabschiedung des Gesetzes?
Hintergrund: http://www.shortnews.de/start.cfm?id=732047
Mit freundlichen Grüßen
Oliver Dietzel
Sehr geehrter Herr Dietzel,
mir ist nicht bekannt, dass der von Ihnen angesprochene Termin eine besondere Rolle gespielt hätte. Was die gesetzgebende Eile betrifft, ist es so, dass man ein Feuer erst einmal schnell löschen muss und danach schauen kann, wer die Brandstifter waren, wie sie zur Verantwortung gezogen werden können und wie künftig solche Brände präventiv verhindert werden können.
Ich werde Ihnen meinen Bericht aus Berlin zum Thema Rettungspaket nachfolgend zur Kenntnis geben.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Sascha Raabe
Anlage:
Bericht aus Berlin
von Dr. Sascha Raabe
In schlechten Zeiten steht man zusammen. Das haben auch die im Bundestag vertretenen Parteien verstanden. Im Angesicht der aktuellen Finanzkrise haben sie anlässlich der Debatte um das 500-Milliarden-Rettungspaket der Bundesregierung eine selten gesehene Geschlossenheit bewiesen. Das war auch nötig, denn nur wenn jetzt alle mitziehen und die schwierigen Entscheidungen dieser Tage mittragen, wird es möglich sein, die Krise zu meistern.
Mit dem Rettungspaket haben Regierung und Parlament in dieser Woche einen wichtigen und absolut notwendigen Schritt getan. Bei den Summen, die da im Raum stehen, ist das sicher niemandem leicht gefallen. Ohne den regulierenden Eingriff des Staates aber wären die Auswirkungen der Krise auf jeden Einzelnen von uns unabsehbar gewesen. Hätten wir nicht gehandelt, sondern wären wie das Kaninchen vor der Schlange erstarrt, dann wären wir wohl mit Haut und Haar im Schlund der Schlange Finanzmarktkrise verschwunden. Zu dem Rettungspaket gab es in der jetzigen Lage keine Alternative.
Das Paket sieht vor, dass der Staat Garantien in Höhe von 400 Milliarden Euro übernimmt. So wird u.a. der dringend erforderliche Geldfluss, also z.B. auch die gegenseitige Kreditvergabe unter den Finanzinstituten, aufrechterhalten. Gerät bei diesen Geschäften Sand ins Getriebe -- und es hat bereits gewaltig geknirscht -- schlägt das unmittelbar auch auf die Kreditvergabe an Unternehmen durch. Investitionen wären nicht mehr möglich, die deutsche Wirtschaft würde quasi handlungsunfähig. Das musste verhindert werden. Zu dem Garantiefonds soll ein zusätzlicher Fonds in Höhe von 80 Milliarden Euro eingerichtet werden, mit dem notfalls Kreditausfälle bei Banken ausgeglichen werden können, um sie vor der Pleite zu bewahren. Um Missverständnissen vorzubeugen: Es ist nicht so, dass der Steuerzahler den Banken mal eben rund 500 Milliarden Euro schenkt! Es handelt sich hier lediglich um staatliche Garantien, die den laufenden Geschäftsbetrieb absichern, und nicht um die Auszahlung einer Summe in entsprechender Höhe. Es gibt guten Grund zu der Annahme, dass -- wenn überhaupt -- nur ein kleiner Teil dieser Garantien auch wirklich in Anspruch genommen werden muss. Jede Bank wird es sich gut überlegen, wann sie die staatliche Unterstützung annimmt, denn die Hilfe gibt es für die Banken nicht zum Nulltarif. Im Gegenzug sichert sich der Staat über den Erwerb von Anteilen Einfluss und für gute Zeiten eine Teilhabe an den Erträgen der Kreditinstitute. Damit ist sichergestellt, dass gegebenenfalls investiertes Steuergeld wieder an den Staat zurückfließt, wenn die betreffende Bank wieder Gewinne macht. Außerdem werden wir dafür sorgen, dass Managervergütungen im Bankenwesen gedeckelt, Boni gestrichen und Dividendenausschüttungen beschränkt werden.
Diejenigen, die uns die Suppe eingebrockt haben, sollen sie auch bitteschön mit auslöffeln. Keiner von uns hätte allerdings etwas davon, wenn sie sich dabei verschlucken. Um es klar zu sagen: Mit diesem in der Geschichte der Bundesrepublik einmaligen Maßnahmenpaket wird nicht irgendwelchen Bankmanagern aus der Klemme geholfen. Ziel ist es viel mehr, die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland, die Friseurin, den Handwerker oder den mittelständischen Unternehmer und seine Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, zu schützen. Alle Sparer und diejenigen, die in eine private Altersvorsorge eingezahlt haben, werden durch das staatliche Engagement abgesichert. Das Rettungspaket ist ein zentraler Stützpfeiler, um die deutsche Wirtschaft am Laufen zu halten. Ohne diesen Stützpfeiler wäre das gesamte Gebäude kurz vor dem Einsturz gewesen. Dieser Tatsache muss man ins Auge sehen.
Allerdings muss auch klar sein, dass die im Rettungspaket verankerten Regelungen für die Banken nicht ausreichen, um künftig die Finanzmärkte vernünftig zu kontrollieren und zu reglementieren. Hier kann nicht nur nationalstaatlich, sondern muss vor allem auch international gehandelt werden. Wir müssen endlich gemeinsam mit anderen Staaten dafür sorgen, dass die Finanzmärkte und Börsen wieder auf ihren Ursprungszweck als ehrliche Finanzdienstleister für die Wirtschaft und die Bürger zurückgeführt werden. Ein Bankenwesen, das weit höhere Renditen erzielt als die Wirtschaft, der es ja dienen soll, kann auf Dauer nicht funktionieren. Die in den letzten Jahren völlig aus dem Ruder gelaufene Finanzwelt mit ihren utopischen Gewinnerwartungen, die in schon teils fast krimineller Art und Weise Produkte auf den Markt geworfen hat, um eine Raff- und Geldgier zu befriedigen, muss in die Schranken gewiesen werden. Dem Unwesen von Hedge- und Private-Equity-Fonds, die nicht auf nachhaltiges, seriöses Wirtschaften, sondern ausschließlich auf Gewinnmaximierung um jeden Preis angelegt sind, muss ein Ende bereitet werden. Bei der VAC in Hanau haben wir ja erleben müssen, wohin es führen kann, wenn man solchen Fonds das Feld überlässt. Und wer braucht dubiose Banken auf den Cayman-Inseln? Doch wohl nur die wenigen, die sich auf Kosten anderer an einem kranken System bereichert haben. Die Welt braucht neue Finanzmarktregeln. Wenn es gelingt, als Lehre aus der aktuellen Krise solche Regeln zu schaffen, dann hätte der Crash am Ende vielleicht sogar sein Gutes.