Frage an Sascha Raabe von Hans K. bezüglich Staat und Verwaltung
Sehr geehrter Hr. Dr. Raabe,
sicherlich haben Sie schon des öfteren von der "Aktion Volksabstimmung " (Schweizer Demokratie Verständnis ) gehört .
Ich hätte gern gewusst, wie Sie zu diesem Thema stehen, denn im nächsten Jahr ist wieder Bundestagsswahl und ich möchte meine Stimme nur dem MdB geben, der sich für mehr transparente und direkte Demokratie einsetzt .
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Herr Kath,
vielen Dank für Ihr Schreiben, in dem Sie mich nach meiner Position als Bundestagsabgeordneter der SPD zum Thema direkte Demokratie im Rahmen von Volksabstimmungen erkundigen. Gerne beziehe ich im Folgenden zu Ihrer Frage Stellung.
Grundsätzlich ist die SPD für die Einführung von Volksentscheiden auf Bundesebene. So steht es im Grundsatzprogramm der SPD, das auf dem Hamburger Bundesparteitag der SPD am 28. Oktober 2007 beschlossen wurde. Hier heißt es unter der Überschrift "Solidarische Bürgergemeinschaft und demokratischer Staat": "Der Verbindung von aktivierendem Staat und aktiver Zivilgesellschaft dient auch die direkte Mitsprache der Bürgerinnen und Bürger durch Volksbegehren und Volksentscheide. In gesetzlich festzulegenden Grenzen sollen sie die parlamentarische Demokratie ergänzen, und zwar nicht nur in Gemeinden und Ländern, sondern auch im Bund. Wo die Verfassung der parlamentarischen Mehrheit Grenzen setzt, gelten diese auch für Bürgerentscheide.
Den meisten Bürgern begegnet der Staat in Form seiner Verwaltung. Daher brauchen wir eine bürgernahe Verwaltung, die den Bürgerinnen und Bürgern dient. Nutzlose Bürokratie bauen wir ab. Wir wollen keinen vormundschaftlichen Staat."
(Quelle: http://www.parteitag.spd.de/servlet/PB/show/1731523/Hamburger%20Programm_final.pdf )
Seit langem wird versucht, die Forderung nach Volksentscheiden auf Bundesebene umzusetzen. So brachte die rot-grüne Regierungskoalition schon 2002 einen Gesetzesentwurf zur Einführung von Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid ein. Dieser fand im Bundestag zwar mit den Stimmen von SPD und Bündnis90/Die Grünen eine Mehrheit, leider aber nicht die erforderliche Zweidrittelmehrheit, die nötig ist, um eine Änderung des Grundgesetzes zu erwirken. Hier stellte sich die Union quer. So auch in der letzten Wahlperiode. Damals hatte die Unionsseite Gespräche über einen entsprechenden Arbeitsentwurf zur Einführung von Volksentscheiden auf Bundesebene erneut abgelehnt. Selbst im aktuellen Koalitionsvertrag der großen Koalition ist unter der Überschrift "Bürgergesellschaft stärken" lediglich vereinbart, dass die Einführung von Elementen der direkten Demokratie geprüft werden soll. Dies ist leider nur eine recht schwache Ankündigung und es ist fraglich, ob es gelingen wird, diesbezüglich im Rahmen der großen Koalition tatsächlich eine Gesetzesänderung zu erwirken. Vielmehr ist es wahrscheinlicher, dass sich eine solche Gesetzesänderung nur dann erwirken lassen wird, wenn die SPD bei der Bundestagswahl 2009 die Regierungsmehrheit erlangt.
Abschließend möchte ich noch hinzufügen, dass ich der Auffassung bin, dass sich das repräsentativ-parlamentarische System der Bundesregierung in vielen Jahren bewährt hat. So können auch heute schon alle wichtigen und mehrheitsfähigen Anliegen der Bürger durch das Parlament aufgegriffen werden. Die Einführung von Elementen direkter Demokratie sehe ich dabei als sinnvolle Ergänzung für unser schon gut funktionierendes Demokratie-Modell.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Sascha Raabe