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Sascha Raabe
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Frage von Dieter H. •

Frage an Sascha Raabe von Dieter H. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Dr. Raabe,

seit einiger Zeit beschäftigt mich die weitere Entwicklung der Globalisierung und deren Auswirkungen.

Bisher habe ich u. a. auch von der Bundeskanzlerin Frau Merkel vernommen, dass Deutschlands Chancen in mehr Anstrengungen auf einen technischen Vorsprung gegenüber anderen Ländern beruhen.

Mir fällt es allerdings schwer zu glauben, dass dies auf eine lange Sicht funktioniert, denn andere Länder wie z. B.China und Indien könnten unseren technischen Stand bereits in einem kürzeren Zeitraum (vielleicht 5-10 Jahre) erreichen.

Meine Frage:
In der Annahme, dass Sie meiner Beurteilung grob gesehen zustimmen, müsste Deutschland dann, um gegenüber diesen Staaten auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig zu sein, seine Produkte nur noch für ca. 1/5-tel bis 1/10-tel oder gar noch billiger produzieren.

Ich habe diese Werte nur grob abgeschätzt.

Dies würde aber dann auch bedingen, dass die deutschen Einkommen entsprechend fallen müssten.

Lassen Sie mich bitte wissen, ob Sie meine Auffassung, grob gesehen, teilen. Sollte dies der Fall sein, so bitte ich Sie um Ihre Meinung darüber, wie das gelöst werden kann.

Ich wäre Ihnen auch dankbar, wenn Sie mir Hinweise zu entsprechender Literatur ggfs. auch öffentlicher Ausschussunterlagen geben könnten.

Vielen Dank !
Dieter Hofmann

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Hofmann,

vielen Dank für ihre Frage zu den Auswirkungen der Globalisierung.

Wie Sie in Ihrer Anfrage beschrieben haben, werden die Staaten durch die Globalisierung ständig mit neuen Herausforderungen konfrontiert. Auch die deutsche Wirtschaft stand und steht dabei immer in Konkurrenz zu anderen Wirtschaften. Den Wettstreit um die billigste Produktion kann Deutschland dabei nicht gewinnen. Deshalb müssen deutsche Unternehmen versuchen, durch innovative Technologien der internationalen Konkurrenz ein Stück voraus zu sein. In Zeiten von sich immer schneller verändernder Technik ist dies sicher keine leichte Aufgabe. Hier sind kontinuierliche Investitionen in das Bildungssystem und die Forschung notwendig.

Um dies zu erreichen hat die Bundesregierung eine „Hightech-Strategie für Deutschland“ verabschiedet. Für die Umsetzung dieser Strategie sind bis zum Jahr 2009 15 Milliarden Euro bereitgestellt. Der Fahrplan legt 17 Bereiche fest, in denen neue Märkte erschlossen und bestehende Märkte ausgebaut werden sollen. Ziel ist es, durch immer neue Innovation in diesen Bereichen marktführend zu werden oder zu bleiben. Weitere Informationen finden Sie zum Beispiel auf der Homepage des Bundesministeriums für Bildung und Forschung ( http://www.bmbf.de/ ) und auf der von der Bundesregierung eingerichteten Seite zur Hightech-Strategie ( http://www.hightech-strategie.de/ ).

Neben dem wachsenden Innovationsdruck bringt die Globalisierung noch weitere Effekte mit sich. Etwa 80 Prozent der Weltbevölkerung leben in Entwicklungsländern mit geringem Einkommen, niedrigem Bildungsstand und hoher Armutsquote. Durch die zunehmende Integration der Entwicklungs- und Schwellenländer in den Weltmarkt entstehen neue Möglichkeiten, die Unterentwicklung und Armut in diesen Ländern erfolgreich zu bekämpfen. Besonders Staaten in Asien haben es geschafft, die Chancen von weltweitem Handel erfolgreich für sich zu nutzen. Beispielsweise wurden durch das wirtschaftliche Wachstum in China mehrere hundert Millionen Menschen aus der Armut befreit. Andere Staaten, vor allem in Afrika, konnten von der zunehmenden Dynamik und Integration des Weltmarktes kaum profitieren und ihre Lage hat sich zunehmend verschlechtert.

Ich möchte unterstreichen, dass uns Probleme dieser Entwicklungsländer, wie Armut, HIV/Aids oder die Versorgung mit Energie auch direkt selbst betreffen. Bekämpfen wir diese Probleme, beugen wir ihren Auswirkungen bei uns in Deutschland und in Europa vor. Entwicklungszusammenarbeit mit den Ländern des Südens liegt daher in unserem wohl verstandenen Eigeninteresse. Darüber hinaus trägt Entwicklungszusammenarbeit zu internationaler Gerechtigkeit und Solidarität bei. Ziel unserer Zusammenarbeit sollte es immer sein, die Lebensqualität in den ärmsten Ländern zu steigern und Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten. Unsere Arbeit soll Armut bekämpfen, Frieden sichern, Globalisierung gerecht gestalten sowie die Umwelt schützen und damit nachhaltige Entwicklung fördern. Erst durch die Überwindung von Armut entsteht Kaufkraft in den Entwicklungsländern und werden neue Absatzmärkte für die deutsche Exportwirtschaft geschaffen.

Dennoch gibt es im Hinblick auf die sozial gerechte Gestaltung der Weltwirtschaft politisch weiterhin viel zu tun: Es ist unabdingbar, dass wir so schnell wie möglich Partnerschaftsabkommen zwischen der EU und den Staaten Afrikas sowie des karibischen und pazifischen Raums, den so genannten AKP-Staaten, zustande bringen, und dass insbesondere den Agrarprodukten aus Entwicklungsländern ein quoten- und zollfreier Zugang zu unseren Märkten eröffnet wird. Zudem muss die wettbewerbsverzerrende Subventionspolitik in der europäischen und US-amerikanischen Landwirtschaft beendet werden. Wenn gleichzeitig den AKP-Staaten auch künftig ein Schutz für ihre sensiblen Produkte eingeräumt wird und ihnen bei weiteren Liberalisierungen lange Übergangsfristen gewährt werden, haben sie eine reelle Chance, wettbewerbsfähig am Welthandel teilzunehmen. Das wäre das beste Mittel, die Armut in diesen Ländern zu bekämpfen. Hierfür setzt sich die SPD-Fraktion weiterhin ein.

Sie haben mit Ihrer Frage ein sehr komplexes Thema angesprochen, das hier lediglich in Ansätzen diskutiert werden kann. Deshalb empfehle ich Ihnen zur weiteren Lektüre vor allem folgende Bücher:

- Joseph Stiglitz, 2002: Die Schatten der Globalisierung, Berlin: Sieder Verlag.

- Joseph Stiglitz, 2006: Die Chancen der Globalisierung, Berlin: Sieder Verlag.

Ich hoffe, dass ich Ihnen weiterhelfen konnte, und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Dr. Sascha Raabe